Andachten zu biblischen Büchern

Andachten zu biblischen Büchern – Christoph Blumhardt

Christoph Blumhardt (1842-1919) war ein deutscher lutheranischer Theologe und Mitbegründer des christlichen Sozialismus in Deutschland und der Schweiz. Darüber hinaus war er ein beliebter Prediger. Im Jahr 1899 bekannte er sich zum Sozialismus und trat der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bei; dafür verlor er sein Amt als Pfarrer. Im Jahr darauf wurde er in den württembergischen Landtag gewählt. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, bekannte er sich zum Glauben an ein kommendes Reich Gottes und erklärte: “Wir leben in der Zeit vor einer gewaltigen Veränderung der Welt. Diese Finsternis wird durch unseren Herrn Jesus Christus besiegt werden”. Er hatte großen Einfluss auf die Theologen Karl Barth, Hermann Kutter und Leonhard Ragaz, die ebenfalls christliche Sozialisten waren. In diesem Werk finden sich viele Andachten, die Blumhardt ganz speziell für einzelne Bücher der Bibel verfasst hat.

Andachten zu biblischen Büchern

Andachten zu biblischen Büchern.

Format: Paperback, eBook

Andachten zu biblischen Büchern.

ISBN: 9783849665494 (Paperback)
ISBN: 9783849662493  (eBook)

 

Auszug aus dem Text:

 

Andachten zum 1. Buch Mose

1. Mose 17,7

 

„Ich will aufrichten Meinen Bund zwischen Mir und dir und deinem Samen nach dir bei ihren Nachkommen, daß es ein ewiger Bund sei, also daß Ich dein Gott sei und deines Samens nach dir.“ („… zwischen Mir und dir und deinen Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht, daß es ein ewiger Bund sei, so daß Ich dein und deiner Nachkommen Gott bin.“)

Mit Abraham spricht hier Gott zur Zeit der Einführung der Beschneidung in seiner Familie. Da ist es gar lieblich und tröstlich, daß der Bund, den Gott mit Abraham aufrichten will, in gleichem Maße auch den Nachkommen gelten soll, so daß diese sich Gottes als ihres Gottes sollten rühmen dürfen gerade wie Abraham selber.

Wir sind berechtigt, solchem auch für uns und unsre Kinder eine Bedeutung zu geben, daß Gott nämlich ebenso in den Bund, in den wir mit Ihm durch den Glauben an Christus getreten sind, auch unsre Kinder mit eingeschlossen habe. Abraham ist ja nichts anderes als ein Mensch, ein gläubiger Mensch. Wer nun steht wie er – im Glauben und in der Gemeinschaft mit Gott durch den Glauben -, mit dem kann Gott keinen geringeren Bund machen als mit einem Abraham. Und wir schätzen doch wohl unsern Bund gering, wenn wir uns ihn nicht auch als einen Bund denken, den Gott zugleich mit unsern Kindern und Kindeskindern macht. Wer wollte sagen, so bedeutungsvoll dürften wir’s bei uns nicht nehmen wie bei Abraham; und unsre Kinder seien durch den Bund, in welchem wir stehen, um nichts Gott näher gekommen; sie seien Ihm ebenso fern wie wir Ihm fern wären, wenn wir nicht in Seinem Bunde stünden?! Sehen wir doch, wie voll sich der Herr in unsrem Spruch ausdrückt: Der Bund wird gemacht; auf der einen Seite steht Gott der Herr – auf der andern Seite Abraham „und sein Same nach ihm bei ihren Nachkommen“. Zugleich, so sagt Gott, solle es ein ewiger Bund sein, wie es dem entspricht, was Gott auch im Gesetz sagt: „Denen, die Meine Gebote halten, tue Ich wohl bis ins tausendste Glied.“ Und um es ja ganz unmißverständlich zu sagen, setzt der Herr hinzu: „also daß Ich dein Gott sei und deines Samens nach dir.“

Die Verheißung wird auch gleich in Vollzug gesetzt, weil alsbald alle Glieder des Hauses Abrahams, auch seine Knechte, in den Bund der Beschneidung eintraten, ohne daß an ihnen hinsichtlich der Würdigkeit viel herumgefragt wurde.

Sollten wir daraus nicht auch einen Trost für unsre Kinder und Kindeskinder entnehmen dürfen? Und sollten wir wirklich Bedenken haben, unsern Kindern, wenn sie kaum geboren sind, das „Bundeszeichen“ der heiligen Taufe zukommen zu lassen? Ach, wie ist doch Gott so viel freundlicher, als wir oft versucht sind, es zu glauben!

Nehmen wir’s also als einen Trost hin, daß Gott unsrer auch in unsern Kindern und Nachkommen gedenkt! Freilich ist’s nicht so gemeint, daß Gott die Sünden und Abweichungen unbeachtet, die Sünder ungestraft sein lassen werde. Daß dem nicht so ist, das beweist hinlänglich die Geschichte Israels. Können ja auch die Eltern, wenn sie abtrünnig werden, der Bundesgnade verlustig werden! Aber so wenig diese, auch wenn sie sündigen, ganz aus dem Bunde fallen, so daß Gott nichts mehr nach ihnen fragen würde: so wenig sind ihre Kinder von ihrer Geburt an vom Bunde ausgeschlossen. Wie den Eltern, so geht auch den Kindern Gott nach. Und eine nicht mindere Gnade und Sorgfalt beweist Gott an den Kindern, sie bundestreu zu machen, wie Er sie an den Eltern beweist, wenn sie einmal angenommen sind. Müssen doch oft die Kinder die Retter der Eltern sein!

Sind wir denn etwa für unsre Kinder ängstlich, so dürfen wir’s fest glauben, daß Gott, so möchte ich sagen, nicht minder ängstlich auf ihr Seelenheil bedacht ist, weil sie Seinen Verbündeten angehören. Das ist besonders dann der Fall, wenn Er sieht, welch ein großes Anliegen es auch den Eltern ist. Hat daher Gott Seines Volkes nie vergessen – auch jetzt noch nicht vergessen, da es über ihnen immer noch heißt: „Gottes Gaben und Berufung mögen Ihn nicht gereuen“ (Röm. 11,29) -, so werden unsre Kinder und Kindeskinder von Ihm nicht vergessen. Und seufzende Eltern werden einmal große Wunder zu sehen bekommen, wenn alles fertig ist. Solches bekam auch Abraham selber zu sehen, von dessen Geschlecht es heißt: „auf daß ganz Israel selig werde“ (Röm. 11,26) – ein unaussprechlich großes Wort, an dem man sieht, wie es Gott auch beim ersten Bunde schon schließlich auf die ewige Seligkeit abgesehen habe. Dadurch gewinnt die Beschneidung selbst eine höhere Bedeutung.

1. Mose 18, 14

 

a. Losung; „Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein?“

Obiges Wort ist zu Abraham gesprochen, dem ein Sohn in seinem und der Sarah hohem Alter angekündigt wurde. Sarah, die hinter der Hütte stand, lächelte, wie wenn sie gedacht hätte, die Fremden, die gekommen waren, wollten nur etwas zum Scherz sahen, oder sahen sie etwas Unvernünftiges. Da kam es denn zu der Rede des Engels: „Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein?“ Verwandt damit ist das, daß Maria, 2000 Jahre später, es nicht recht glauben konnte, daß sie sollte einen Sohn bekommen, ohne von einem Manne zu wissen. Da mußte gleichfalls der Engel sagen (Luk 1,37): „Bei Gott ist kein Ding unmöglich.“ Beide scheinbare Unmöglichkeiten mußten geschehen, damit eine dritte Unmöglichkeit wirklich werde. Der Herr Jesus hatte gesagt, wie schwerlich die Reichen würden in das Reich Gottes kommen. Da fragten die Jünger betroffen: „Je, wer kann denn selig werden?“ Der Herr gibt dann zu verstehen, daß das Seligwerden bei den Menschen überhaupt unmöglich sei, setzt jedoch hinzu: „Bei Gott aber sind alle Dinge möglich.“

Das aber, daß bei Gott alle Dinge möglich sind, hat der Herr Jesus selbst durch Sein ganzes Tun bewiesen, um unsrem Glauben eine ganz neue Richtung zu geben. Er hat Dinge getan, bei welchen für uns lauter Unmöglichkeit im Hintergrunde ist. Man denke nur an eines der großen Wunder, die der Herr getan hat. Man denke an die Verwandlung des Wassers in Wein, an die Vermehrung des Brods und der Fische unter Seinen Händen, an die Auferweckung Lazari, – lauter Wunder, welche in vieler Klugen Kopf heute nicht mehr hineinwollen. Aber der Herr hat da recht klar gezeigt, daß wir einem solchen Gott glauben dürfen, der auch uns unmöglich Scheinendes Seinen Menschen zu lieb möglich und wirklich macht. Diese Richtung des Glaubens sollte auch in der Christenheit fortbestehen, nicht als ob man nun überall die großen Wunder erwarten müßte, aber doch, daß wir die Möglichkeit festhalten, Gott könne und werde auch das Unmögliche, wenn’s sein muß, wieder tun. Nur so haben wir einen Gott und können wir sagen: „Das ist unser Gott!“ Wenn unser Gott Der ist, der Himmel und Erde aus nichts gemacht hat, so muß Er auch jetzt noch aus nichts etwas machen können, – muß, daß ich’s so ausdrücke, Wasser in Wein verwandeln, muß Brod vermehren, muß Tode erwecken können, wenn’s Seine Zwecke erfordern, was ja alles nichts Anderes ist, als aus nichts etwas machen. Mit solch’ einem Gott haben wir es in der Offenbarung und im Evangelium zu tun; und wir werden es mit der Vollendung Seines Reiches nicht hinausbringen, bis wiederum eine Schar, eine große Schar, da ist, die glaubt, daß Er auch das Unmögliche, – etwas, das nur Er, Gott selbst, tun kann, – wieder tun werde, weil’s nötig werden wird, daß Er es tue, um endlich allem Seufzen der Kreatur zu wehren.

Zusatz: Denken wir über das zu Anfang Gesagte ein wenig weiter nach, so muß es vorerst eine Unmöglichkeit gewesen sein, aus dem nächsten besten Sohne Abrahams, wie er eben geboren würde, ein Volk Gottes zu machen, in welchem der Abrahamsglaube, wenn auch nur in wenigeren Gliedern, sollte dauernd forterhalten werden. Es mußte darum schon hiefür etwas Besonderes, was es nur war, von Gott geschehen, – von Gott, denn eben hier heißt es: „Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein?“ – weswegen Abraham und Sarah so alt und erstorbener Natur werden mußten, daß es für Menschen eine Unmöglichkeit war, von ihnen noch einen Sohn zu hoffen. Ebenso, um weiter zu reden, war es eine Unmöglichkeit, daß je aus dem Menschengeschlecht ein Menschensohn geboren werde, der durch sich einen Ruhm vor Gott, dessen alle in gewöhnlicher Weise geborenen Menschenkinder mangelten (Röm. 3, 23), bekäme, und der vor allem zur Rettung aller durchaus nötig war. Deswegen mußte, was nur bei Gott möglich war, eine Jungfrau den Mensch – Werdenden gebären. Es war endlich bei den Menschen eine Unmöglichkeit, wie der Herr ausdrücklich sagt, selig zu werden, weswegen die beiden vorangehenden Wunder oder scheinbaren Unmöglichkeiten geschehen mußten. Wir sehen daraus, wie tief der Rath Gottes zur Erlösung der Menschen ging, und wie übel es mit dem aus der Art geschlagenen Menschengeschlecht stand, wie dankbar wir auch Gott für Seine unbegrenzte Liebe sein müssen, daß Er es so durch lauter Wunder zu veranstalten wußte, daß wir wieder Gottes Kinder würden (1 Joh. 3, 1)!

Nicht nur das Angeführte, sondern auch, was sonst nach gewöhnlichen Gesetzen unmöglich ist, wird dem natürlichen Menschen schwer zu glauben. In der Regel glaubt der nur so weit, als er sich’s irgendwie natürlich verlaufend denken kann und die göttliche Dazwischenkunft denkt er sich mehr nur als leitend und regierend, schützend und bewahrend, nicht als persönlich wirkend und schaffend. In dieser Weise glaubt er, wenn er glaubt. Daher gibt es Tausende von Christen, – sie glauben an Gott und Gottes Allmacht, an Gottes Führung und gnädiges Walten; aber es muß immer auch für ihr Verstehen eine gewisse Möglichkeit da sein. Sobald ihnen diese natürliche Möglichkeit nicht mehr vorliegt, so hört häufig des Menschen Glauben auf. Hier aber ist der Punkt, bei welchem sich der eigentliche Glaube erprobt. Wer es Gott nicht zutrauen kann, daß Er auch Unmögliches, d. h. Solches, was über unsere Sinne und Begriffe, überhaupt über die bestehenden Regeln hinaus geht, wenn es sein muß, tun könne und würde, hat nicht den eigentlichen Glauben, wie ihn die Schrift will. Denn von den hervorragendsten Personen der Schrift wird ausdrücklich gefordert, daß sie glauben sollen, bei Gott sei kein Ding unmöglich, seien alle Dinge möglich. Deswegen ist’s auch mit dem Beten der Menschen etwas Eigentümliches. Sie beten in allem zu Gott, wenn sie beten – aber wie viel trauen sie Ihm zu? Da ist bei vielen die Grenze des bei Gott Möglichen überaus nahe zusammen gerückt.

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