Auf den Antillen

Auf den Antillen – Ferdinand Emmerich

Ferdinand Emmerich gehört zu den bekanntesten deutschen Reise- und Abenteuerautoren des beginnenden 20. Jahrhunderts. In diesem Buch erlebt er seine Abenteuer auf den Inseln der Antillen.

Auf den Antillen

Auf den Antillen.

Format: eBook

Auf den Antillen.

ISBN: 9783849652951

 

Auszug aus dem ersten Kapitel:

 

Die inselreiche Mündung des Amazonenstromes lag hinter mir. Der kleine Küstendampfer »Carianna« gab sich alle Mühe, gegen den starken Südsturm anzukämpfen, um seine zahlreichen Fahrgäste rechtzeitig in Belem zu landen. Die meisten wollten dort den Anschluß an den fälligen Postdampfer nach Europa erreichen, auf dem sie bereits Plätze belegt hatten. Der erste Offizier des Dampfers, ein junger Österreicher, mit dem ich mich wegen meines umfangreichen Gepäcks gut stellen mußte, fragte mich im Rauchzimmer, wo er eben den vierten Whisky-Soda auf meine Rechnung trank, so ganz nebenbei:

»Auf welchem Dampfer haben Sie Ihren Platz belegt?«

»Auf keinem. Ich nehme den ersten, der in Belem anläuft.«

»Na, dann können Sie sich ein paar Monate in dem Fiebernest aufhalten,« sagte der Offizier mit überlegener Miene.

»Warum denn, laufen die Dampfer dort nicht mehr an?«

»Selbstredend. Und noch dazu in verstärkter Anzahl. Aber sie sind alle bis auf den letzten Platz besetzt, wegen der Ausstellung.«

»Was für eine Ausstellung?«

Jetzt sah mich der junge Mann mit einem unwilligen Blick an. Er glaubte, ich wollte ihn zum Narren halten. Ich beeilte mich daher, meiner Frage entschuldigend hinzuzufügen:

»Sie wissen vielleicht nicht, daß ich sechs Monate lang immer im unerforschten Innern Brasiliens war und erst seit achtundvierzig Stunden wieder unter Kulturmenschen bin?«

»Dann allerdings,« rief er besänftigt. »In diesem Jahr ist wieder eine Weltausstellung in Paris und alle Dampfer nach dem europäischen Kontinent sind seit Monaten ausverkauft.«

»Ach du lieber Herrgott,« rief ich entsetzt aus. »Das fehlte mir gerade noch. Jetzt bin ich fast zweieinhalb Jahre unterwegs und nun muß mir auch das noch dazwischenkommen. – Na, vielleicht verkauft mir jemand seinen Platz.«

»Wenn Sie das Aufgeld nicht scheuen, könnten Sie den Versuch ja mal machen.«

Als der vierte Dampfer von Belem ausgelaufen war, sah ich mich nach einer andern Möglichkeit, nach Europa zu gelangen, um. Der Österreicher hatte recht. Jeder Europadampfer war bis ins Mannschaftslogis hinein besetzt. Auch auf meine Kabeltelegramme nach den großen Küstenhäfen erhielt ich, wenn überhaupt, ablehnende Antworten. – Ich sah mich nach Segelschiffen um. Die Reise konnte allerdings unter Umständen viermal so lange dauern. Immerhin konnte ich doch noch vor Beginn des Winters in Europa sein. Aber auch hier hatte ich Pech. Es lag zwar eine mit Gummi beladene französische Brigg im Hafen, aber die Matrosen, die über die Reling schauten, als ich mit dem Boot an ihr vorbeifuhr, hatten derartige Galgengesichter, daß sogar mein Bootsmann sich mit seinem Fahrzeug in achtungsvoller Entfernung hielt. Zum Überfluß wurde ich Zeuge, wie der vertierte Kapitän auf einen Negermatrosen einschlug und ihn mit einer Flut von 5chimpfworten überschwemmte, wie sie in solcher Gemeinheit des Ausdruckes auch nur von einem Franzosen möglich sind. Der Neger sprang nach der Mißhandlung über Bord und rettete sich auf ein in der Nähe liegendes Segelschiff, dessen Besatzung ebenfalls Zeuge der Mißhandlung gewesen war. Dort hatte er wohl mit seiner Erzählung die Entrüstung der Mannschaft erregt, denn es erhob sich ein solch drohends Geschrei gegen den französischen Lumpenkerl, daß dieser es vorzog, die Anker zu lichten.

Schon trug ich mich mit dem Plan einer Reise nach der brasilianischen Guayana, als eines Nachmittags der amerikanische Dampferagent die Frage an mich richtete:

»Wäre Ihnen mit einer Fahrkarte nach Trinidad gedient?« …..

 

Dieser Beitrag wurde unter E, Emmerich-Ferdinand, Meisterwerke der Literatur veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.