Die Abelsberger Chronik

Die Abelsberger Chronik.

Die kleine Gemeinde Abelsberg oder Schilda? Ein Buch, das durchaus humoristische Zweifel aufkommen lässt, ob die Schildbürger sich nicht auch nach Abelsberg verirrt haben …

Die Abelsberger Chronik

Die Abelsberger Chronik.

Format: eBook.

Die Abelsberger Chronik.

ISBN: 9783849653064

 

Auszug aus dem ersten Kapitel:

 

Wir sind für den 28. Oktober Anno 1628 nach Alt-Abelsberg auf den Amtstag vorgeladen. Da werden wir wohl einen Vorfahren schicken müssen, uns entschuldigend, daß wir selber nicht erscheinen könnten, weil wir noch gar nicht auf der Welt wären.

Was es denn geben mag? Die Abelsberger Vogtei hat einen tiefen Turm und draußen auf dem Hügel, wo man weit ins Land sieht, ein hohes Gerüste, an dem eine Leiter lehnt – eine Aussichtswarte der alten Zeit – mit dem Blick ins Jenseits. Man tut verdammt schwer mit dem Vogt von Alt-Abelsberg. Da sitzt er am breiten Tisch und ist mit Aktenstößen vermauert, daß nur der Kahlkopf daraus hervorschaut. Zwischen den Papierwuchten steht ein Kruzifix, der Schrecken aller Bösewichter, vor dem sich mancher im Meineide wohl den lichten Galgen ab-, hingegen die »ewige Höllen« angeschworen hat. Unter dem Tisch aber ist ein Querbrett und auf dem steht ein stattlicher Krug, aus welchem der Vogt bisweilen einen Schluck Weisheit zu sich nimmt, oder einen scharfen Trunk Strenge, oder einen Tropfen Milde, je nach Bedarf. Denn »dieweilen der allmächtige Gott dieses Jahr einen ziemlichen Herbst beschert, zudem der Wein gut, so sind der Vogtei die großen Fässer zu füllen«.

So ist’s amtlich bekannt gegeben worden.

Weiter unten sitzt ein Ratsherr von Abelsberg, der nur ausnahmsweise fungiert, daher eines besonders richterlichen Ansehens beflissen ist. Noch weiter unten hockt der Schreiberknecht, der die Gerichtsverhandlungen jenes Tages sorgfältig aufs Papier tut oder vielleicht gar aufs Pergament, auf daß es nach Jahrhunderten »zur Warnung christlicher Personen« gelesen werden kann. Die Gerichtsstube hat schwere Fenstergitter, was der heute vorgerufene Jörg Metze für überflüssig hält. »Wird’s wohl sicherlich keinem einfallen, daß er da beim Fenster hereinsteigt!«

Aber hinaus, mein Jörg Metze!

Wir, oder vielmehr die Unsern, sitzen am äußersten Rande der Anklagebank – ganz am Ende – und müssen warten, bis alle anderen fertig sind. Das wird vielleicht gar etwas mit Ausschluß der Öffentlichkeit.

»Die Barbara Obrechtin hie?«

Die Genannte meldet sich, sie wäre hie.

»Sie soll aufstehen und hergehen und dem Gericht ihre Reverenz erweisen. – Die Barbara Obrechtin hat ein böses Maul, ist des greulichen Fluchens verklagt, hat auch die Schüttnerin eine Hundsflug geheißen!«

»Und hat mich,« fährt die Klägerin Schüttnerin auf, »ein Schreibermensch und Pfaffenroß geheißen.«

»Ist’s wahr?« frägt der Vogt.

»Beim heiligen Sakrament sag’ ich’s aus, es ist wahr!« ruft die Klägerin.

»Wenn’s wahr ist, mag sie’s ja sagen,« entscheidet der Vogt, denn die Obrechtin hat ein fein Gesichtlein.

»Wahr ist’s, daß sie mich’s geheißen hat,« schreit die Schüttnerin, »aber nit wahr ist’s, daß ich’s bin.«

»Und ich sag’s umgekehrt!« ruft die Obrechtin. Sie hat ein fein Gesicht, doch ist ihr nicht zu helfen, sie hat in dem letzten Wort – in dem Widerruf – die Beschimpfung wiederholt. Der Richter muß sie verdammen. Sie soll in den Turm und drei Tag beten. –

»Der Ulrich Riedling!«

»Hie!«

»Er hat sein Eheweib mit dem Axthelb auf die Brust geschlagen.«

»Mit Vergunst, hoher Herr, sie ist selber dran schuld, sie hat mir nit den Rucken zugehalten.« ….

 

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