Die böhmischen Märtyrer und Auswanderer

Die böhmischen Märtyrer und Auswanderer – Johannes Gossner

Johannes Gossner war ein deutscher Geistlicher und Philanthrop und wurde am 14. Dezember 1773 in Hausen bei Augsburg geboren und an der Universität Dillingen ausgebildet. Hier geriet er wie Martin Boos und andere in den Bann der evangelischen Bewegung, die von Johann Michael Sailer, dem Professor für Pastoraltheologie, gefördert wurde. Nach seiner Priesterweihe war Gossner in Dirlewang und München tätig, aber seine evangelischen Tendenzen führten zu seiner Entlassung. 1826 trat er offiziell von der römisch-katholischen in die evangelische Kongregation über. Als Pfarrer der Bethlehemkirche in Berlin zeichnete er sich nicht nur durch praktische und wirksame Predigten aus, sondern auch durch die Gründung von Schulen und Missionswerken. Er starb am 20. März 1858. In diesem Band behandelt er die Geschichte der böhmischen Kirche, der dortigen Verfolgungen und die Schicksale einzelner prominenter Märtyrer.

Die böhmischen Märtyrer und Auswanderer

Die böhmischen Märtyrer und Auswanderer.

Format: Paperback, eBook

Die böhmischen Märtyrer und Auswanderer.

ISBN: 9783849665098 (Paperback)
ISBN: 9783849663353  (eBook)

 

Auszug aus dem Text:

 

Gründung der Böhmischen Kirche.

Schon im neunten Jahrhundert hat sich der Patriarch von Constantinopel mit allen griechischen Bischöfen und des ganzen Morgenländischen Kirche von der Abendländischen und dem Bischofe zu Rom getrennt, weil dieser sich über alle Bischöfe und zum Haupt der ganzen Christenheit erhoben hat. Zu der griechischen Kirche hielten sich auch die Slavonischen Völker, zu welchen die Mähren und Böhmen gehörten, die auch durch griechische Missionare zum Christenthum bekehrt wurden. Die Veranlassung gab ein Weib, die Schwester Bogaris, des Bulgaren Königs, die in einem Kriege von dem griechische Kaiser gefangen und noch Constantinopel geführt wurde, wo sie die christliche Religion kennen lernte und annahm. Nach dem Kriege kam sie zu ihrem Bruder zurück, gewann auch ihn für Christus, schrieb nach Constantinopel und bat um Lehrer des Christenthums; worauf zwei Bischöfe, Cyrillus und Methodius, gesendet wurden, die den Bogaris und Viele seiner Unterthanen bekehrten und tauften. 860 brachten diese zwei Bischöfe auch den König von Mähren, Swatopluk, zur Annahme des Christenthums; sie sammelten durch ihre Predigten bald christliche Gemeinden und bauten Kirchen. 894 besuchte der böhmische König Borzywoyus den Swatopluk in Mähren, hörte von Christo und sah die schönen Gottesdienste, die solche Eindrücke auf ihn machten, daß er sich mit 30 Woywoden von seiner Begleitung taufen liest, freudig zurückkehrte und seiner Gemahlin Ludomilla alles erzählte, was er in Mähren gesehen und erfahren hatte. Diese, durch seine Erzählungen, so wie durch das gesalbte Zeugniß des Methodius (Strachota genannt), den Borzywoyus mitgebracht hatte, ergriffen, ließ sich auch taufen, und ergab sich Christo von ganzem Herzen. Viele Böhmen warfen nun ihren Götzen, Korsina, weg, ließen sich taufen und bauten Kirchen und Schulen. Cyryllus und Methodius erfanden eine Buchstabenschrift für die Landessprache, übersetzten die Bibel und Liturgie in dieselbe, und hielten auch den Gottesdienst in der Volkssprache nach den Gebräuchen der griechischen Kirche.

Aber es waren noch Heiden im Lande, die sich gegen das Christenthum empörten, den Borziwoyus aus dem Lande jagten, und die Ludomilla, auf Anstiften ihrer eignen Schwiegertochter Drahomira, einer verkappten Heidin, erwürgten, da sie eben in ihrer Kapelle ihr Abend-Gebet verrichtete. Diese grausame Drahomira ließ sogar ihren eignen christlichen Sohn Wenzeslas, da er sich eben, die Gefahr ahnend, in die Kirche begeben hatte, um die Nacht im Gebete zu verharren, durch ihren Sohn, seinen Bruder, ermorden. Der Brudermörder wurde nun Beherrscher von Böhmen, verfolgte die Christen, zerstörte die Kirchen, zerstreuete die Gemeinden, ließ viele Vornehme hinrichten, ja, er und seine Mutter würden das Christenthum wiederum aus Böhmen vertilgt haben, wenn der Kaiser Otto I. ihn und sein Land nicht unterjocht und den christlichen Gottesdienst wieder hergestellt hätte.

Allein bald hatten die Böhmen wieder mit einem andern Feinde zu kämpfen, der ihnen Jahrhunderte zu schaffen machte. Die römischen Bischöfe, besonders Gregor VII., suchten mit aller List und Macht die böhmische Kirche von der griechischen Kirche abzuziehen und sie unter ihr Joch zu schmieden. Mit gebieterischem Tone „aus Gottes und des heil. Petri Macht“ wollte Hildebrand 1079 die böhmische Sprache bei dem Gottesdienste verdrängen, die lateinische einführe, und andere Aenderungen treffen, wodurch innere Unruhen und blutige Kriege entstanden sind, die Jahrhunderte gedauert haben und Böhmen verwüsteten. Als 1197 der Pabst Cölestin einen Cardinal nach Böhmen sandte und den Geistlichen befahl, ehelos zu bleiben, empörten sie sich dagegen und wollten den Cardinal steinigen.

Uebrigens waren lange Zeit christliche Gebräuche mit heidnischen vermischt, die Sitten roh, die Erkenntniß bei Lehrern und Volk armselig. 1039 hat der Bischof von Prag, Severus, den Herzog Brzelislas durch frommen Betrug das Versprechen abgenöthiget, daß künftig die Vielweiberei, willkürliche Ehescheidungen, Hurerei, Abtreibung der Kinder, Mordthaten rc. gestraft, und zur Entdeckung der Unschuld die barbarischen Gottesgerichte als rechtmäßige Beweise aufgestellt werden sollten. Auf den Rath des Bischofs wurden auch alle Wirthshäuser, die Schulen der Mordthaten, der Diebstähle, des Ehebruchs und aller Laster, niedergerissen, der Vorrath ausgeschüttet, die Wirthe aufgehängt oder ausgepeitscht.

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