Geheimnisse einer Kaiserin

Geheimnisse einer Kaiserin – Caroline Franziska Gräfin Zanardi Landi

In diesem aufschlussreichen Buch gibt die Autorin, das vierte und im Geheimen groß gezogene Kind der österreichischen Kaiserin Elisabeth, genannt Sisi (Sissi), einen intimen und faszinierenden Bericht über das Leben am österreichischen Hof. Ihre Geschichte wirft neues Licht auf die damalige Generation des Hauses Habsburg in Österreich, insbesondere auf das Leben und den mysteriösen Tod des Bruders der Autorin, Prinz Rudolf, und auf die Intrigen im Hinblick auf die Nachfolge auf den kaiserlichen Thron, und ist von außerordentlichem Interesse. Der Tod von Kronprinz Rudolf und Ludwig II. von Bayern wird aufgeklärt, der ermordete Erzherzog Franz Ferdinand und der Thronfolger, Erzherzog Karl Franz, charakterisiert. Darüber hinaus bietet das Werk sehr viele Einsichten in den Charakter und das Wesen der Kaiserin Elisabeth, besonders im Hinblick auf ihren Umgang mit dem vom Kaiser nie anerkannten Kind.

Geheimnisse einer Kaiserin

Geheimnisse einer Kaiserin.

Formate: Taschenbuch/eBook

Geheimnisse einer Kaiserin.

ISBN Taschenbuch: 9783849665913

ISBN eBook: 9783849662424

 

Auszug aus dem Text:

 

VORWORT

Menschen, die nur einen Teil meiner Lebensgeschichte kennen, haben mir oft zwei Fragen gestellt, und ich denke, ich sollte diese beantworten, bevor ich meinen Lesern mein gesamtes Leben offenbare. Die erste Frage lautet: Warum wollte Kaiserin Elisabeth mich so aufwachsen lassen, wie sie es tat, nämlich fernab vom Hof? Und die zweite Frage wäre: Warum verweigert mir Kaiser Franz-Josef die Anerkennung?

Nun, warum hat mich die Kaiserin also fernab des Hofes aufwachsen lassen? Es ist wohl hinlänglich bekannt, dass der Wiener Hof noch immer nach der Etikette des sechzehnten Jahrhunderts funktioniert. Allerdings bezweifle ich, dass nur wenige außerhalb des Hofes selbst wissen, wie erdrückend dieser Kodex ist. Ich werde später noch Gelegenheit finden, Näheres darüber zu erzählen, und möchte hier nur auf den Teil eingehen, der die Stellung der Kaiserin betrifft. In Österreich ist die Frau des Regenten eine Person, die ganz für sich alleinsteht. Der Kaiser selbst steht über ihr, und es ist ihr nicht gestattet, ihn nach Belieben aufzusuchen. Es gibt gewisse Zeremonien, um die Erlaubnis für ein Treffen zu erbitten oder die Ankunft an sich anzukündigen. Der gesamte übrige Hof steht unterhalb der Kaiserin, und kein einziger ihrer Verwandten darf sie besuchen, ohne einige Zeit vorher von der Hofmeisterin oder ihren Stellvertretern die Erlaubnis dafür zu erhalten.

Für bürgerliche Verwandte stellt dies keine übertriebene Erschwernis dar, und die gesamte Prozedur ist in der Tat nichts Ungewöhnliches für einen hohen gesellschaftlichen Stand. Aber soweit diese Regeln den Umgang zwischen Mutter und Kind betreffen, sind ihre Auswirkungen grausam und tragisch. Erzherzöge und Erzherzoginnen dürfen mit ihren Kindern, die den gleichen Rang wie sie selbst haben, frei verkehren. Kaiser und Kaiserin hingegen müssen mit Einschränkungen aller Art leben. Soweit mir bekannt ist, ist dies in keinem anderen Land außer Österreich der Fall. Andere Kaiserinnen und Königinnen der restlichen Welt haben ihre Kinder in ihrer Nähe und verbringen täglich Stunden mit ihnen.

Die Kaiserin von Österreich steht ständig auf einem Sockel über dem Rest der Welt, und ihre Kinder werden darauf abgerichtet, sie genau so zu sehen. Wenn sie dem Schulunterricht beiwohnen möchte, kann sie nicht einfach ins Klassenzimmer gehen. Ihr Besuch muss vierundzwanzig Stunden im Voraus angekündigt werden, Lehrer und Schüler werden dem Anlass entsprechend gekleidet, Fragen und Antworten vorbereitet, und am Ende des Besuchs drückt Ihre Kaiserliche Majestät dem Lehrer gnädig ihre Zufriedenheit aus.

Die Kaiserin darf weder die Personen auswählen, die sich um ihre Kinder kümmern, noch die Fächer, in denen sie unterrichtet werden sollen. Sie darf niemals ein einfaches, zwangloses Mahl mit ihnen einnehmen oder mit ihnen einen Spaziergang im Freien unternehmen. Die Kinder müssen sich immer bewusst sein, dass sie sich in der Gegenwart der (fast) heiligen Person der Kaiserin befinden. Die unvermeidlichen Folgen sind einerseits, dass der Begriff “Kinder” überhaupt nicht auf sie passt, und andererseits, dass deren natürliche Zuneigung zu ihrer Mutter keinerlei Gelegenheit findet, sich zu entwickeln.

Da Mutterliebe das tiefste und uneigennützigste Gefühl der Welt ist, erachte ich die Auferlegung solcher Restriktionen als grausamen Frevel. Es gibt Regenten, die Trost finden in einem frivolen und belanglosen Leben; anderen ist die bloße Würde ihres Ranges ein Trost, und wieder andere (wie die Geschichte mancher unglücklichen Kaiserin von Österreich zeigt) beugen sich den Regeln und akzeptieren, was ihnen als Notwendigkeit erscheint.

Meine Mutter, die Kaiserin Elisabeth, gehörte zu keiner dieser Typen. Sie war im wahrsten Sinne des Wortes Individualistin und wollte ihr Leben in Vollkommenheit leben. Das Unnatürliche war für sie eine Art Gift, das Unvollständige ähnlich einer körperlichen Behinderung. In der Künstlichkeit der ihr aufgezwungenen Existenz und der Unmöglichkeit, das zu erreichen, was sie eigentlich wollte, lag die ganze Tragödie ihrer Seele.

Als sie begann, sich für ihre Kinder zu interessieren und ihre Fürsorge erwachte, wurden sie ihr entrissen – eines geriet auf die schiefe Bahn und tötete sich schließlich selbst, die anderen glitten mehr und mehr in die Mittelmäßigkeit ab. Als sie schließlich feststellte, wie sehr sie in ihren Hoffnungen in Bezug auf ihr viertes Kind, Marie-Valerie, enttäuscht worden war, beschloss sie, endlich einmal ihren eigenen Weg zu gehen und dafür zu sorgen, dass zumindest eines ihrer Kinder so werden würde, wie sie es sich gewünscht hatte.

Deshalb bin ich also genau dort aufgewachsen, wo sie es für richtig hielt, fernab vom Hof.

Bleibt die andere Frage: Warum weigert sich Kaiser Franz-Josef, mich anzuerkennen?

Ich kann nur sagen, dass es meiner Meinung nach nicht der Kaiser selbst ist, der sich weigert. Es ist der Wiener Hof, der in mir eine Bedrohung sieht. Da ich von meiner Mutter mit den freien und aufgeschlossenen Ansichten moderner Bildung erzogen wurde, muss ich wohl als Gefahr für die Traditionen des Kaiserhauses betrachtet werden und mir jede Anerkennung verwehrt bleiben.

Der Kaiser, das muss ich betonen, ist keineswegs ein freier Mensch, und am wenigsten frei ist er in seiner Entscheidung, der Herzensgüte, die er von Natur aus besitzt, Raum zu geben. Seit den Tagen seiner Jugend, als sein Leben von seiner Mutter, der Erzherzogin Sophie, bestimmt wurde, war er gezwungen, sich den Wünschen oder besser gesagt, dem Willen anderer zu beugen, und wurde dadurch mehr als einmal seiner Chancen auf ein glückliches Leben beraubt.

Heute ist Kaiser Franz-Josef aufgrund der Tragödien, die ihm widerfahren sind, die traurigste und bedauernswerteste Figur der modernen Geschichte. Der unglückselige Maximilian von Mexiko wurde von denen geopfert, die ihn von der Seite seines kaiserlichen Bruders weghaben wollten. Kronprinz Rudolf war das zweite Opfer, gestorben unter Umständen, die ich im Laufe dieses Buches erzählen werde. Meine Mutter, die Kaiserin, war das dritte Opfer, gemartert wegen ihrer freigeistigen Vorstellungen und ihrer großen Liebe zu Ungarn. Es ist noch zu früh, um mit Gewissheit über den kürzlich ermordeten Erzherzog Franz-Ferdinand und dessen Gemahlin zu sprechen; aber die Ereignisse in Zusammenhang mit ihrer Beerdigung reichen aus, um einen schwerwiegenden Verdacht zu erwecken.

Aber sein Tod hat meine und die Situation einiger anderer etwas verändert. Vielleicht werden die Mitglieder der Familie, die sich redlich bemühen, mir zu helfen, nun Erfolg haben.

Aber das unglücklichste Opfer von allen war stets Kaiser Franz-Josef, der weiterlebte, während andere starben.

Erst vor kurzem habe ich erfahren, dass er Tränen vergossen hat, als er erfuhr, dass er mich und meine beiden Kinder nicht treffen durfte. Er ist sehr kinderlieb, und das an sich ist schon ein Beweis für ein gutes Herz. Was mich betrifft, so kann ich nur darüber sinnieren, ob es mein Schicksal ist, ihn nie zu treffen. Wer kann das schon sagen?

Die Entschlossenheit meiner Mutter, den Charakter wenigstens eines ihrer Kinder zu formen, brachte es also mit sich, dass ich im Dunklen geboren wurde. Aber gerade dieses Dunkel war für mich wie Licht. Es lehrte mich, die schönen Seiten des Daseins zu erkennen, und dass es im Leben nichts gibt, das so traurig und unselig ist, dass man dieses übersehen könnte. All diese Dinge sind nur Ansporn für uns, nach Vollkommenheit zu streben. Die Wirkung ihrer Lehren auf mich war nachhaltig. Jeden Tag fühle ich mehr und mehr, dass es in dieser meiner außergewöhnlichen Existenz eine bestimmte Absicht geben muss. Die Erfahrungen, die ich in der vergleichsweisen kurzen Zeitspanne von zweiunddreißig Jahren gemacht habe, Erfahrungen, die für drei Leben vieler Menschen ausreichen, müssen mir auferlegt worden sein, um mich eine Mission erfüllen zu lassen. Und um mir den Weg für die Erfüllung dieser Mission zu ebnen, habe ich nun dieses Buch geschrieben.

KAPITEL I. MEINE GEBURT

Ich wurde 1882 im Schloss von Sassetot-le-Mauconduit in der Nähe von Petites-Dalles, im Departement Seine-Maritime in der Normandie, geboren. Ich habe den Ort seit meinen frühesten Kindheitstagen nie wieder gesehen und kann ihn deswegen leider nicht beschreiben. Was die Umstände meiner Geburt anbelangt, so habe ich das Wenige, das ich weiß, natürlich von anderen erfahren. Ich gebe daher alle Einzelheiten mit größter Zurückhaltung an, obwohl ich mich natürlich bemüht habe, ihre Richtigkeit durch Nachforschungen so weit wie möglich zu prüfen.

Halboffiziell wurde bekannt gegeben, dass meine Mutter, die Kaiserin von Österreich, bei einem Ausritt verunglückt sei. Kaiser Franz-Josef reiste heimlich zu ihr, aber seine Anwesenheit in der Normandie war lediglich im Elysée bekannt. Sonst wurde sie sorgfältig verschleiert. Meine Mutter selbst lebte in Petites-Dalles unter ihrem Inkognito der Gräfin Hohenems. Was dort zwischen ihr und dem Kaiser geschah, wird nie bekannt werden. Einige Wochen später, als meine Mutter wieder gesund war, musste ich eine lange Reise antreten –– die erste von vielen, die ich in diesem Leben unternommen habe. Sie führte von der Normandie nach Wien.

Der prominenteste Teilnehmer der Reisegruppe war Professor Karl Braun von Fernwald, der Arzt meiner Mutter, ein gedrungener, freundlicher Mann, der nicht nur geholfen hatte, mich in diese kummervolle Welt zu bringen, sondern auch die Verantwortung für alle Arrangements während der ersten Jahre meines Lebens übernahm. Dann waren da noch die Gräfin Goess, eine der engsten Freundinnen meiner Mutter; Alois Pirker, der für so viele Jahre mein treuer Diener sein sollte; und schließlich Theresia Schedivi, mein Kindermädchen, eine Böhmin.

Das Erste, was ich in Wien brauchte, war ein Zuhause. Da es die Absicht meiner Mutter war, mich in vollkommener Heimlichkeit aufwachsen zu lassen, mir aber als Erwachsene kein solches Leben zumuten wollte, war diese Aufgabe nicht leicht. Vor allem wollte sie unter keinen Umständen, dass ich bei einer Wiener Adelsfamilie unterkam, die bei Hofe verkehrte, da es für solche Leute unmöglich gewesen wäre, das Geheimnis für sich zu behalten. Außerdem hatte der Klerus diese Kreise vollkommen in seiner Hand, und es war ihr erklärter Wille, mich keinem übertriebenen kirchlichen Einfluss auszuliefern. Auch prominente österreichische Familien außerhalb Wiens galten als unsicher. Ihre Anweisungen an Professor Braun waren kurz und unmissverständlich. Ich sollte in einer gebildeten und kultivierten Familie untergebracht werden, die in dem Ort, wo sie wohnte, Ansehen genoss, aber in Wien unbekannt war.

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2 Antworten zu Geheimnisse einer Kaiserin

  1. Heinz Ludwig ErnstH sagt:

    wo sind die Beweise das diese Person die Tochter von Sisi war! Habe nie von dieser Person gehört! es gibt keine Person dieses Namen habe überall im Internet nachgeschaut niergends errscheint der Name dieser Frau weil sie nie Exestiert hat

    • Jazzybee sagt:

      Man könnte damit anfangen, die Grabstätte dieser Frau anzuschauen, z.B. hier: https://de.findagrave.com/memorial/22890474/caroline-landi. Darüber hinaus gibt es noch einige Fundstellen im Internet, die über sie und Ihre Familienverhältnisse berichten, u.a. auch über ihre durchaus nicht unberühmte Tochter, einer Schauspielerin. Aber das überlassen wir gerne Ihrer gründlichen Recherche. Und selbstverständlich würden wir nie Gewähr dafür übernehmen, dass Gräfin Landi tatsächlich in diesem Grab liegt oder dass alles, was sie behauptet, auch wahr ist.

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