Lysistrata (Deutsche Neuübersetzung)

Lysistrata (Deutsche Neuübersetzung) – Aristophanes.

“Lysistrata” ist eine antike griechische Komödie von Aristophanes, die ursprünglich 411 v. Chr. in Athen aufgeführt wurde. Das Stück erzählt von der außergewöhnlichen Mission einer Frau, den Peloponnesischen Krieg zwischen den griechischen Stadtstaaten zu beenden, indem sie allen Männern des Landes den Sex verweigert, der das einzige ist, was diese wirklich und zutiefst begehren. Lysistrata überredet die Frauen der kriegführenden Städte, ihren Ehemännern und Liebhabern sexuelle Privilegien vorzuenthalten, um sie zu Friedensverhandlungen zu zwingen – eine Strategie, die jedoch den Kampf zwischen den Geschlechtern anheizt. Das Stück ist ein frühes Exposé über die sexuellen Beziehungen in einer von Männern dominierten Gesellschaft. Darüber hinaus stellt seine dramatische Struktur eine Abkehr von den Konventionen der Alten Komödie dar, ein Trend, der für den Werdegang des Autors typisch ist. Es wurde nur zwei Jahre nach der katastrophalen Niederlage Athens in der Sizilianischen Expedition aufgeführt. Dies ist eine deutsche Neuübersetzung, die das Stück in prosaischer Form darstellt.

lysistrata

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Format: Taschenbuch/eBook

Lysistrata (Deutsche Neuübersetzung).

ISBN Taschenbuch: 9783849665654

ISBN eBook: 9783849662660

 

Auszug aus dem Text:

 

Erster Akt

Erster Aufzug

Vor dem Vorhang steht auf einer nur schwach beleuchteten Bühne, auf der fast nur Schatten zu erkennen sind, der Frauenchor, d.h. Stratyllis’ Gruppe.

Plötzlich hört man dröhnende, verstörend und martialisch klingende Tamburinen. Dann werden die Tamburinen leiser; gleichzeitig hört man ein lauter werdendes, leidenschaftliches Flehen einiger Frauenstimmen, gemischt mit Schreien von Eulen.

Frauenstimmen: [Die Schauspielerinnen stehen seitlich zum Publikum, so dass die Schatten ihrer flehenden Hände hervorgehoben werden können.] Weint, all ihr Mütter!

Weint um euren Adonis! Weint! Lauter! Adonis! Beweint den Tod von Adonis!

Weint, ihr Mütter! Euer Adonis ist fort! Für immer!

Schön anzublicken für alle Augen, Adonis ist gegangen!

Beweint seinen Tod, ihr Mütter von Söhnen!

Pause.

Erste wütende Frau: [Hinter dem Vorhang] Ritzen und Zitzen! Ritzen und Zitzen! Darum geht es hier! Das ist alles, was sie interessiert!

Zweite wütende Frau: [Hinter dem Vorhang] Das und Krieg!

Dritte wütende Frau: [Hinter dem Vorhang] Blutvergießen überall!

Der Vorhang wird gelüftet und die Bühnenbeleuchtung eingeschaltet.

Morgendämmerung. Ein öffentlicher Platz in Athen am Fuße der Akropolis, dessen Eingang ein großes Tor in der Mitte der Bühne ist. Das Tor und der Parthenon sind markant. Hier spielt sich das ganze Stück ab. Die Mauern innen und zu beiden Seiten des Tors sind mit Wehrgängen versehen, auf denen die Schauspieler zu verschiedenen Zeiten auftreten werden. Lysistrata hält eine “Einladung” in der Hand, mit der sie wütend herumfuchtelt, während sie auf und ab geht. Eine Bogenschützin (Polizistin) führt zwei betrunkene Obdachlose von links nach rechts durch. Die Eulenschreie werden leiser.

Pause.

Lysistrata: [Ans Publikum gewandt] Wenn es um eine dieser Orgien gehen würde, im Bacchustempel oder sonst wo, die ganzen Straßen wären bereits verstopft. Aber für das hier, nein! Oh, nein! Keine einzige verdammte Frau in Sicht! Nicht eine! Pause. Sieht Kaloniki von links auf die Bühne kommen. Ah, außer meiner Nachbarin! Gott sei Dank ––– Sei gegrüßt, Kaloniki!

[Auftritt Kaloniki]

Kaloniki: Sei ebenfalls gegrüßt, Lysistrata! Aber –– wie siehst du denn aus, meine Liebe! Falten auf der Stirn, die Augenbrauen zusammengekniffen wie abschussbereite Pfeile! Du wirkst verhärmt, Werteste. Tatsächlich ––– hässlich!

Lysistrata: Ich schäume vor Wut, Kaloniki! Ich koche innerlich. Diese verfluchten Frauen! Warum um alles in der Welt glauben Männer, dass wir klug und schlau sind und zu allem fähig?

Kaloniki: Weil wir es sind, meine Liebe, ganz bestimmt sogar!

Lysistrata: Aber man ruft sie zu einem Treffen, um etwas wirklich Wichtiges zu besprechen –– nicht dieser unanständige und gewöhnliche Blödsinn, über den sie immer reden –– und wo sind sie? Entweder taub oder sie schlafen noch!

Kaloniki: Aber sie haben dich gehört, meine Liebe. Ganz sicher. Es ist nur so, dass –– naja, du weißt ja, wie das ist. Ihr Haus verlassen zu können ist für eine Frau sehr, sehr schwierig! Die einen müssen ihren Mann befriedigen, andere sich um ihre Sklaven kümmern, wieder andere das Kind in den Schlaf wiegen –– ein paar müssen es vielleicht noch baden, füttern, die Windeln wechseln –––.

Lysistrata: Es gibt viel wichtigere Dinge, um die man sich kümmern muss, Kaloniki!

Kaloniki: Ja? Welche denn, meine Liebe? Was wäre so wichtig, dass du alle Frauen Griechenlands versammeln möchtest? Geht es wirklich um etwas so Großes?

Lysistrata: Um etwas sehr Großes.

Kaloniki: Ach? Und ist es auch dick?

Lysistrata: Oh, naja ––– auch dick!

Kaloniki: [Erregt, weil sie Lysistrata gänzlich falsch verstanden hat] Nun, wo sind sie dann alle?

Lysistrata: [Hat bemerkt, dass Kaloniki völlig auf dem Holzweg ist] Nein, nein, das ist es nicht! Nicht, woran du denkst, meine Liebe. Wenn es darum ginge, wären sie schon längst alle hier. Nein, es geht um etwas ganz anderes. Etwas, das mich schon seit langem beunruhigt. Glaube mir, ich habe sehr wenig geschlafen in letzter Zeit, weil ich ständig darüber nachgedacht habe.

Kaloniki: Aha, dann ist es also etwas Heikles, das dich so sehr beschäftigt hat?

Lysistrata: Ich werde dir erzählen, wie heikel, Kaloniki! Ich habe entdeckt, dass die Rettung ganz Griechenlands von uns abhängt, von unseren Ritzen und Zitzen! So heikel ist diese Angelegenheit! Ritzen und Zitzen! Darum geht es !

Kaloniki: Um unsere Ritzen und Zitzen? [Hebt erst die eine, dann die andere Brust an, als wolle sie sie ausbalancieren] Das ist wirklich heikel!!

Lysistrata: All diese schrecklichen Dinge, die in unserer Stadt geschehen, Kaloniki! Denk nur! Wir werden die Stadt befreien! Von allem ––– vor allem von den Spartanern, dem Pack!

Kaloniki: Oh, ja –– natürlich! Raus mit den spartanischen Bastarden!

Lysistrata: Und mit den Böotiern auch!

Kaloniki: Ach ja, die Böotier! Nun, die Böotier –– naja, sie haben diese köstlichen –– Aale. Nein, Lysistrata, auf keinen Fall!

Lysistrata: Was Athen betrifft –– nun, ich will ja nichts sagen, aber du verstehst, was ich meine –– wenn sich alle Frauen hier versammeln würden, Kaloniki, aus Böotien, aus Sparta, alle –– glaube mir, dann könnten wir Griechenland retten!

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