Ohne Kreuz keine Krone

Ohne Kreuz keine Krone – William Penn

“Ohne Kreuz keine Krone” ist eines der Hauptwerke William Penns, das erstmals 1669 veröffentlicht wurde. Es wurde während seiner Gefangenschaft im Tower of London geschrieben. Penn ermahnt die Gläubigen, am Geist des Urchristentums festzuhalten. Das Buch selbst ist in zwei Teile gegliedert: Der erste befasst sich mit der Bedeutung der Selbstverleugnung im christlichen Leben, der zweite vereinigt eine Reihe von Verweisen auf Menschen , die im Laufe der Jahrhunderte über die Bedeutung der Selbstverleugnung geschrieben haben, darunter “Heiden”, bekennende Christen und “pensionierte, alte und sterbende Männer, die ihre letzten ernsthaften Überlegungen anstellten, zu denen keine Prahlerei oder weltliche Interessen sie veranlassen konnten”. Penns Auffassung vom Christentum ist eher spirituell als formell, und am Rande verteidigt er einige Praktiken, die für die religiöse Gesellschaft der Quäker typisch waren, einschließlich der unmodischen Kleidung und der Sprache, die sich an Adlige und Bürgerliche gleichermaßen in der zweiten Person Singular richtete.

Ohne Kreuz keine Krone

Ohne Kreuz keine Krone.

Format: Paperback, eBook

Ohne Kreuz keine Krone.

ISBN: 9783849665531 (Paperback)
ISBN: 9783849662530  (eBook)

 

Auszug aus dem Text:

 

Erstes Kapitel.

§. 1. Von der Nothwendigkeit des Kreuzes Christi überhaupt, und wie wenig dennoch die Christen sich darum bekümmern. §. 2. Ausartung des Christenthums von Reinheit in Lüste und Begierden, und von Mäßigkeit in Übermaß. §. 3. Weltliche Lüste und Vergnügungen sind so sehr das Ziel und Streben der Bekenner des Christenthums geworden, daß sie die Gottlosigkeit der Ungläubigen darin übertreffen. §. 4. Diese Ausartung bildet den zweiten Act des Trauerspiels, welches die Juden angefangen haben, und dieser ist ärger als der erste. – Bemerkungen über die Verachtung, welche die Christen auf ihren Heiland gebracht haben. §. 5. Die Sünde ist in der ganzen Welt von einerlei Natur und Beschaffenheit. – Alle Gottlosen gehören zu einer und derselben Gemeine; sind alle Kinder des Argen. – Bösewichter, welche Religion zu haben vorgeben, sind darum nur desto schlimmer. §. 6. Ein Wolf ist kein Lamm: ein Sünder kann, so lange er in Sünden beharret, kein Heiliger seyn. §. 7. Die Gottlosen verfolgen allezeit die Frommen; auch haben immer die falschen Christen die wahren verfolgt, weil diese ihrem Aberglauben nicht beipflichten wollten. – Von den sonderbaren und fleischlichen Begriffen, welche die falschen Christen vom Christenthume haben; und von der Gefahr eines solchen Selbstbetruges. §. 8. Diese Betrachtungen, und meine Empfindungen darüber, haben es mir zur Pflicht gemacht, die gegenwärtige Abhandlung, als eine Warnung gegen die Lüste der Welt, und als eine Einladung zum täglichen Aufnehmen des Kreuzes Christi, zu schreiben, und zu zeigen, daß dieses das von Christo uns verordnete Mittel zu unserer Seligkeit ist. §. 9. Ueber die Selbstverdammung der Gottlosen. – Wahre Religion und Gottesverehrung bestehen darin, daß man den Willen Gottes thue. – Von dem Vorzuge, den die Gerechten vor den Gottlosen im jüngsten Gerichte haben. §. 10. Gebet für die Christenheit, daß sie an jenem großen Gerichtstage der Welt nicht möge verworfen werden. – Sie wird ermahnet, zu erwägen, worin sie Christo ähnlich sei; und, wenn er ihr Heiland und Erlöser ist, wie, und wovon er sie erlöset habe, und was ihre eigene Erfahrung von diesem großen Werke sey? – Christus kam in die Welt, die Menschen von ihren Sünden, und also auch vom ewigen Zorne zu befreien; aber nicht, um sie in ihren Sünden selig zu machen. – Indem er sie von der Sünde erlöset, errettet er sie auch vom ewigen Tode, welcher der Sold oder Lohn der Sünde ist.


§. 1. Obgleich die Kenntniß und Ausübung der Lehre vom Kreuze Christi, als dem einzigen Eingange zum wahren Christenthume, und dem Pfade, den allezeit die Alten zu ihrer Seligkeit betraten, für die Seelen der Menschen von der höchsten Wichtigkeit ist; so wird dennoch diese Lehre, – ich sage es mit tiefer Betrübniß! – so wenig verstanden, so sehr vernachlässigt, und, – was noch schlimmer ist, – es wird ihr durch die Eitelkeit, den Aberglauben, und die Unmäßigkeit der Christenthumsbekenner so bitter widersprochen, daß wir entweder aufhören müssen, zu glauben, was der Herr Jesus Luk. 24, 27. uns sagt, wo er nämlich erklärt, „daß Niemand, der nicht sein Kreuz trägt und ihm nachfolgt, sein Jünger seyn könne,“ oder, – wenn wir dieses als Wahrheit annehmen, – nicht anders schließen können, als daß die Mehrheit der Bekenner des christlichen Namens, in der großen Angelegenheit der Religion und ihres eigenen Heils, auf eine bejammernswerthe Art sich täuschen und selbst betrügen.

§. 2. Wir mögen den Zustand der Völker, die auf die Wohlthat des heiligen Namens Jesu Anspruch machen, noch so nachsichtsvoll und liebreich beurtheilen, so müssen wir doch auch, wenn wir zugleich gerecht handeln wollen, nothgedrungen gestehen, daß ungeachtet der gnädigen Vortheile des Lichts und der Erkenntniß, und der Aufmunterungen zur Treue, welche in diesen letztern Jahrhunderten durch die Erscheinung, das Leben, die Lehren und Wunder, durch den Tod, die Auferstehung und Himmelfahrt Christi, nebst den Gaben seines heiligen Geistes den Menschen verliehen worden sind; ungeachtet der Schriften, Arbeiten, Leiden und Erduldungen des Martertodes seiner theuern Zeugen in allen Zeiten, nicht viel mehr als der bloße Name vom wahren Christenthume übrig geblieben zu seyn scheint. Und wo nun die alte heidnische Natur der Menschen sich dieses Namens anmaßet, oder ihr zügelloses Leben damit zu bedecken sucht, da sind die Bekenner desselben in der That nichts anders, als wirkliche, wiewohl verkleidete Heiden. Denn wenn sie auch nicht dieselben Götzen der Heiden anbeten, so beten sie doch Christum mit einem heidnischen Herzen an; und sie können auch nicht anders, so lange sie in gleichen heidnischen Lüsten leben. So gehören also beide: der Christ, der sich nicht selbst verleugnet, und der zügellose Heide zu einer und derselben Religion. Beide haben freilich verschiedene Gegenstände, an welche sie ihre Gebete richten, allein ihre Anbetung ist doch nur erzwungen, und bloße Zeremonie; denn die Gottheit, die sie im wahren Sinne verehren, ist der Gott dieser Welt, der große Beherrscher der weltlichen Lüste und Begierden. Vor ihm beugen sie sich mit allen Kräften der Seele und der Sinne. Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen, und wie sollen wir unsere Zeit hinbringen? Auf welche Art können wir uns Reichthum erwerben? Wodurch können wir unsere Macht vergrößern, unsere Besitzungen ausdehnen, unsere Namen und Familien in der Welt berühmt machen und verewigen? – Diese niedrige Sinnlichkeit faßt der geliebte Apostel Johannes sehr kurz und nachdrucksvoll in einigen Worten zusammen: “Fleischeslust, Augenlust und hoffärtiges Leben,” sagt er, “sind nicht vom Vater, sondern von der Welt,”[1] die im Argen liegt.

§. 3. Es ist eine traurige Bemerkung, aber durchaus nicht zu leugnende Wahrheit, daß diese weltlichen Lüste die Gegenstände des Nachsinnens, der Sorge und der Unterhaltung des größten Theils der unglücklichen Christenheit ausmachen, und – was das Elend noch vergrößert – mit der Zeit zugenommen haben. Denn, so wie die Welt älter geworden ist, hat sie sich auch verschlimmert. Die Beispiele früherer ausschweifenden Zeitalter, und die daraus zu ziehenden beklagenswerthen Folgerungen, haben das unsrige nicht abgeschreckt, sondern vielmehr noch gereizt; so, daß die Menschen unserer Zeit den alten Vorrath von Gottlosigkeit noch mehr angehäuft haben. Ja, sie haben die ihnen gegebenen bösen Beispiele so sehr übertroffen, daß sie, statt in bessern Zeiten Fortschritte in der Tugend zu machen, auf eine abscheuliche Art tief unter die Heiden herabgesunken sind. – Sie haben ihren Hochmuth, ihre wollüstige Ausgelassenheit, Unreinheit und Trunkenheit, ihr Fluchen, Schwören und Lügen, ihr Neiden und Verleumden, ihre Grausamkeit, Falschheit, Habsucht, Ungerechtigkeit und Unterdrückung, so allgemein verbreitet, und mit einem erfinderischen Geiste so hoch getrieben, daß sie darin den Ungläubigen zum Anstoße und Aergernisse gedient, und ihnen die stärkste Veranlassung gegeben haben, die heilige Religion mit Verachtung zu betrachten, für welche sie durch gute Beispiele der Christen hätten gewonnen werden können.

§. 4. Diesen traurigen Abfall von der ursprünglichen Reinheit der ersten Zeiten des Christenthums, als der Ruhm desselben in dem reinen Lebenswandel seiner Bekenner bestand, kann ich nicht anders als den zweiten und furchtbarsten Theil des Trauerspiels betrachten, welches die Juden mit dem glorreichen Heilande des Menschengeschlechts begannen. Diese, die durch die Macht der Unwissenheit, und der großen Vorurtheile, die sie gegen seine in den Augen der Welt unansehnliche Erscheinung hatten, so verblendet waren, daß sie ihn, als er erschien, nicht annehmen wollten, verfolgten ihn jedoch nur zwei oder drei Jahre, bis sie ihn zuletzt an einem Tage kreuzigten. Allein die Grausamkeit der falschen Christen ist von weit längerer Dauer. Nachdem sie, wie Judas, zuerst ihn anerkannt, und dann viele Jahrhunderte hindurch aufs schändlichste verrathen haben; hören sie nicht auf, ihn zu verfolgen und zu kreuzigen, indem sie von seiner Lehre, welche Selbstverleugnung und Heiligkeit vorschreibt, in ihren Sitten fortwährend abweichen, und durch ihren Lebenswandel ihrem Glaubensbekenntnisse beständig widersprechen. Von Solchen sagt uns der Verfasser der Epistel an die Hebraer, „daß sie ihnen selbst den Sohn Gottes von neuem wieder kreuzigen, und öffentlich zum Gespötte machen.“[2] Johannes nennt ihre verunreinigten Herzen in seiner Offenbarung: „die Gassen des geistlich so genannten Sodoms und Egyptens, wo unser Herr gekreuzigt ist.“[3]. Und so wie Christus ehemals sagte: „des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen seyn,“ [4] so befinden sich jetzt die Feinde Christi vornehmlich unter seinen eigenen Bekennern, unter welchen es nicht Wenige giebt, die ihn anspeien, ans Kreuz nageln und durchboren, und ihm Essig mit Galle vermischt zu trinken geben.[5] Dieses ist auch nicht schwer einzusehen; da diejenigen Menschen, die nach ihrer verderbten Natur, und unter demselben bösen Einflusse leben, worunter die gottlosen Juden standen, welche Christum äußerlich kreuzigten, ihn gewiß innerlich kreuzigen, und Alle, welche jetzt die Erscheinung und Zucht seiner Gnade in ihren eigenen Herzen verwerfen, gleiches Stammes und Geschlechtes mit jenen verhärteten Juden sind, die damals derselben Gnade widerstanden, als sie in Christo erschien und durch ihn geoffenbaret ward.

§. 5. Die Sünde ist, von einem Ende der Welt bis zum andern, von einerlei Natur und Beschaffenheit. Denn, wenn auch ein Lügner kein Trunkenbold, oder ein Flucher kein Hurer, und keiner von ihnen eigentlich ein Mörder ist; so gehören sie doch alle zu einer Gemeinschaft, sind Alle Zweige aus einer und derselben bösen Wurzel, Alle eines Geschlechts. Die Gottlosen haben nur einen gemeinschaftlichen Vater; wie Christus den Bekennern des Judenthums, die in jenem Zeitalter die sichtbare Kirche ausmachten, frei erklärte, indem er Ihre Ansprüche auf Moses und Abraham verwarf, und ihnen gerade heraus sagte, „wer Sünde thue, sey der Sünde Knecht; sie thäten die Werke des Teufels, und wären folglich des Teufels Kinder.“[6]. Diese Behauptung wird immer wahr bleiben, so lange dieselben Gründe dafür vorhanden sind. „Wem ihr euch zum Gehorsam ergebet,“ sagt Paulus, „dessen Knechte seid ihr.“[7] Und Johannes sagt in seiner allgemeinen Epistel an die ersten Gemeinen: „Lasset euch Niemand betrügen; wer Sünde thut, der ist vom Teufel.“[8] – War Judas darum ein besserer Christ, daß er „gegrüßet seist du, Meister!“ ausrief, und Christum küßte? Keinesweges. Es war vielmehr das Zeichen seines Verraths; die Losung, wodurch die blutdürstigen Juden Christum erkennen sollten, damit sie ihn greifen könnten. Judas nannte Christum Meister, und verrieth ihn; er küßte ihn, und verkaufte ihn zum Tode. So verhält es sich mit der Religion der falschen Namenchristen noch jetzt. Fragt man sie, ob Christus ihr Herr sei? so sind sie bereit auszurufen: Behüte uns Gott, daß es anders wäre! Freilich ist er unser Herr! – Wohlan denn! Haltet ihr aber auch seine Gebote? – O Nein! Wie könnten wir das? – Wie dürft ihr euch denn seine Jünger nennen? – Es ist unmöglich! antworten sie. Wie kann man verlangen, daß wir seine Gebote halten sollen? Das kann ja kein Mensch. – Wie? Es wäre unmöglich, das zu thun, ohne dessen Ausübung Christus es für unmöglich erklärt, ein Christ zu seyn? Ist Christus denn unbillig? Wird er „da ernten wollen, wo er nicht gesäet hat?“[9] oder etwas von uns verlangen, wozu er uns keine Fähigkeit gab? – So geht es zu, daß die falschen Christen mit Judas Christum ihren Herrn und Meister nennen, zu gleicher Zeit aber mit dem bösen Haufen der Welt sich verbinden, um ihn zu verrathen; daß sie ihn umarmen und küssen, soweit ein scheinbares Namenbekenntniß reicht, ihn aber treulos verkaufen, sobald es darauf ankommt, ihre herrschende Leidenschaft, der sie am meisten nachhängen, zu befriedigen.

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