Private und katechetische Schriften

Private und katechetische Schriften – Tertullian

Tertullian (ca. 155 n. Chr. – ca. 220 n. Chr.) war ein produktiver frühchristlicher Autor aus Karthago in der römischen Provinz Afrika. Er war der erste Schriftsteller, der ein umfangreiches Werk an lateinischer christlicher Literatur verfasste und ein frühchristlicher Apologet und Polemiker gegen Häresien, einschließlich des zeitgenössischen christlichen Gnostizismus. Tertullian wird als “Vater des lateinischen Christentums” und als “Begründer der westlichen Theologie” bezeichnet. Er schuf neue theologische Konzepte und trieb die Entwicklung der frühen kirchlichen Doktrin voran. Am bekanntesten ist er vielleicht dafür, dass er als erster Schriftsteller in lateinischer Sprache den Begriff Trinität (lateinisch: trinitas) verwendet hat. Tertullian wurde weder von der östlichen noch von der westlichen katholischen Kirche als Heiliger anerkannt. Mehrere seiner Lehren zu Themen wie der eindeutigen Unterordnung des Sohnes und des Geistes unter den Vater sowie seine Verurteilung der Wiederverheiratung von Witwen und der Flucht vor Verfolgung widersprechen den Lehren dieser Traditionen, und seine spätere Ablehnung der Orthodoxie zugunsten des Montanismus hat diese Gemeinschaften dazu veranlasst, ihn nicht als Kirchenvater zu betrachten, obwohl er ein wichtiger kirchlicher Schriftsteller war. Dieser Band beinhaltet seine wichtigsten persönlichen und katechetischen Schriften.

Private und katechetische Schriften

Private und katechetische Schriften.

Format: eBook/Taschenbuch

Private und katechetische Schriften.

ISBN eBook: 9783849660888

ISBN Taschenbuch: 9783849667603

 

Auszug aus dem Text:

Allgemeine Einleitung

§ 1. Nordafrika und dessen Hauptstadt Karthago unter der römischen Herrschaft

1.

Die Urbewohner von Nordafrika bis nach Mauretanien hin waren Berbern chamitischen Ursprungs, die sich in verschiedene Stämme spalteten: Libyer, Nasamonen, Numider, Gätuler usw. Das Gebiet von Karthago aber erfuhr frühzeitig Einwanderungen von Phöniziern, die, den Berbern nicht stammverwandt, als kühne Seefahrer mächtig und reich wurden und zu einer weltherrschenden Nation sich auswuchsen. Sie hatten eine eigene Schrift und Literatur und gelangten zu einer hohen Entwicklung des staatlichen Lebens, machten den Römern eine Zeitlang die Herrschaft streitig, unterlagen aber endlich in drei blutigen Kriegen, die mit völliger Vernichtung ihres Staates und Zerstörung ihrer Hauptstadt im Jahre 146 v. Chr. endigten.

Während die genannten Urbewohner ungeachtet der Einwanderungen und Unterjochung durch verschiedene Völker sich bis auf den heutigen Tag erhielten und allzeit den Grundstock der Bevölkerung gebildet haben, ging der eingewanderte punische Volksstamm völlig zugrunde. Die Punier wurden teils im Kriege aufgerieben, teils in die Sklaverei geschleppt, und der Rest wanderte nach Numidien aus, hinterließ aber begreiflicher Weise Spuren seines Daseins in Orts- und Personennamen. Im Lande selbst können nur ganz unbedeutende Volksreste übrig geblieben sein, und wenn eine Punica lingua in später Zeit noch erwähnt wird, z.B. von Ulpian und Augustinus, so ist damit die Sprache der Berbern in Numidien oder an der Syrte gemeint1, nicht die Sprache der ehemaligen Phönizier oder Punier. Die volkreiche und herrliche Hauptstadt wurde dem Erdboden gleichgemacht und Scipio führte den Pflug über die Stätte, die dann über hundert Jahre lang wüst liegen blieb.

Nun kam die Reihe, von den Römern unterjocht zu werden, an das Nachbarland Numidien das durch den Jugurthinischen Krieg im Jahre 105 seine Selbständigkeit verlor, aber vorläufig noch eigene Könige als Vasallenfürsten Roms behielt. Da sich König Juba in dem Kriege zwischen Caesar und den Pompejanern auf Seile der letzteren gestellt hatte, so wurde deren Niederlage bei Thapsus 46 v. Chr. auch für Numidiens Schicksal entscheidend. Es verlor den Rest von Selbständigkeit und wurde der römischen Provinz Afrika zugeteilt. Später aber unter Caligula im Jahre 39 oder 40 n. Chr., während Lucius Piso die Statthalterschaft führte, wurde das Land, dessen Bevölkerung inzwischen wieder sehr zugenommen hatte, in zwei Verwaltungsbezirke eingeteilt, Numidien und Zeugitana, das ehemalige Gebiet von Karthago. Beide wurden Provinzen, letztere mit Namen Africa proconsularis2.

Im Jahre 41 n. Chr. endlich unterwarfen die Proprätoren Suetonius Paulinus und Cajus Hosidius Geta auch das anstoßende Mauretanien, das heutige Marokko, welches ebenfalls der Provinz Africa zugeteilt wurde. Da das Land sehr groß war, so teilte Kaiser Claudius es in zwei Bezirke: Mauretania Caesarea und Mauretania Tingitana.

Die Landschaft Zeugitana oder das prokonsularische Afrika hatte in den punischen Kriegen am meisten gelitten; es war sozusagen ganz verödet und seiner früheren Einwohnerschaft beraubt. Nach und nach zogen lateinische Kolonisten ein, besonders ausgediente Soldaten, und so wurde es ein lateinisches Land. Zur Zeit des Marius tauchte der Gedanke auf, die Hauptstadt wieder aufzubauen, und es wurde eine Kolonie dorthin entsendet. Aber der Wiederaufbau begann doch erst durch C. Julius Cäsar im Jahre 44 v.Chr.3. Die neue Kolonie Karthago aber wurde nicht genau auf derselben Stelle angelegt, wo die punische Stadt gestanden hatte, sondern etwas nordwärts davon.

2.

Während des zweiten Triumvirates gehörte Karthago zum Reichsanteile des Lepidus, was dem Gedeihen der Stadt nicht förderlich war. Nachdem Lepidus im Jahre 36 v. Chr. von seinem Heere verlassen und seiner Macht beraubt war, nahm ein Unterfeldherr des Augustus, T. Statilius Tanrus, beide Libyen für diesen ohne Kampf in Besitz4. Augustus gründete nun die Kolonie Karthago sozusagen von neuem, nachdem Lepidus einen Teil der Kolonisten fortgeführt und die Stadt dadurch die Eigenschaften und Rechte einer Kolonie verloren hatte. Deshalb schickte Augustus eine neue Schar Kolonisten dorthin5. Taurus baute die Stadtmauern auf und durch den Prokonsul C. Sentius Saturninus wurde 13 v. Chr. die Gründung der Kolonie feierlich vollzogen6. Wie viele andere römische Kolonien hatte sie den Beinamen Felix und wurde nun Hauptstadt der Provinz, was bis dahin Utica gewesen war. Als Sitz der Behörden gelangte die Stadt wieder zu Ansehen und Wohlstand. Die neuen Karthager aber setzten etwas darein, als Römer zu gelten; ihre Sprache war lateinisch, ihre Tracht die römische7, auch in ihrem Hange zum Vergnügen der Rennbahn, des Zirkus und der Gladiatorenkämpfe gaben sie sich als echte Abkömmlinge der Römer zu erkennen. Um 200 n. Chr. besaß die Stadt bereits ein ansehnliches Amphitheater, das Stadium war schon ein altes Gebäude8; ein Odeum wurde unter Caracalla erbaut9. Die Provinz zeichnete sich durch einen tüchtigen ausdauernden Menschenschlag aus und brachte auch auf geistigem Gebiete bedeutende Männer hervor. An Profanschriftstellern gelangten zu größerem Rufe der Rhetor Fronio aus Cirta und der berüchtigte Apulejus von Madaura. Ansehnlich ist auch die Zahl der Kirchenschriftsteller, welche Nordafrika bis zur Zeit der Vandalenherrschaft hervorbrachte. Dem Reiche gab es nicht wenige tüchtige Krieger und Staatsmänner und im dritten Jahrhundert schwangen sich mehrere Afrikaner sogar auf den Thron der Cäsaren. Karthago speziell war die Heimat vieler Rechtsgelehrten und Advokaten.

So war das ehemalige Punien ein lateinisches Land geworden, Mauretanien und Numidien blieben allerdings noch längere Zeit barbarische Hinterländer. Aber auch dort war die Zahl der Ureinwohner zusammengeschmolzen, manche Stämme selbst in Mauretanien ganz ausgerottet oder ausgestorben, so daß auch dort der Abgang durch lateinische Kolonisten wieder ersetzt werden mußte und die Romanisierung des Landes schließlich ebenfalls sehr weit gedieh, wie die Inschriften und baulichen Reste beweisen.

Die Provinz Afrika war eine der glücklichsten des Reiches, weil sie keine kriegerischen Nachbarvölker von Bedeutung zu Grenznachbarn hatte und sie wegen ihrer Abgelegenheit nicht in die Bürgerkriege des Reiches hineingezogen wurde. Die großen Begebenheiten der Weltgeschichte spielten sich in anderen Ländern ab und zogen Afrika nicht in Mitleidenschaft. Daher konnte die Provinz zu großem Wohlstand gelangen.

Nach den Angaben des älteren Plinius war der Zustand der Provinz unter Vespasian folgender. Der von Rom am weitesten entfernte Teil der Provinz, Mauretania Tingitana, hatte fünf römische Kolonien, darunter die schon von Augustus gegründete Constantia.

Mauretania Caesarea mit den wichtigen Seestädten Russadir, Caesarea und Sicca, der ehemaligen Residenz des Syphax, hatte acht Kolonien und vier Städte mit römischem Bügerrechten. In dem kleinen Numidien, dessen Grenze der Fluß Ampsaga bildete, gab es nur eine Stadt mit römischem Bürgerrecht, Tabraca, und zwei Kolonien. Afrika im engeren Sinne endlich, das frühere Zeugitana, der reichste Bezirk, erstreckte sich von Nu-midien bis zur großen Syrte, wo Arae Philaenorum den Grenzpunkt gegen Cyrenaica bildete. Es hatte sechs Kolonien, fünfzehn Städte mit römischem Bürgerrecht und dreißig freie Städte. Die wichtigsten Plätze waren früher Utica, nachher Karthago, beide natürlich lateinischer Nationalität10. Karthago war von Rom aus nur drei Tagereisen entfernt und stand damit in beständigem regem Verkehr, besonders blühte der Kornhandel. Die aus Afrika stammende Dynastie des Severus versäumte nicht für ihr Heimatland etwas zu tun. Davon geben die zahlreichen Münzen des Severus und Caracalla mit der Inschrift „Liberalitas Augusti in Carthaginem” Zeugnis. Die Städte Karthago, Utica und Leptis aber erfreuten sich noch besonderer Fürsorge und Wohlgewogenheit des Severus, der ihnen auch das jus Italicum verlieh11.

Weil Nordafrika keine mächtigen Grenznachbarn hatte und vor äußeren Feinden sicher war, so bedurfte es zu seinem Schutze keine große Truppenmacht. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung genügte eine Legion, welche im Auresgebirge12 ihr Standlager hatte, bei Lambaesis. Außerdem hatte Karthago noch eine Besatzung, welche aus einer Kohorte, der sog. urbana, 1200 Mann stark, bestand und als solche ein Lager in oder bei der Stadt inne hatte13.

§ 2. Politische Ereignisse im römischen Reiche zur Zeit Tertullians 193—212 n. Chr.

1.

Die Blütezeit Tertullians als theologischer Schriftsteller fällt so ziemlich zusammen mit der Regierung des Severus und seiner Söhne. Nachdem die Kaiser des zweiten Jahrhunderts meist durch Adoption für die Thronfolge gesorgt hatten, wobei sie sich auf die in Rom garnisonierende Präiorianergarde stützten, suchte Severus seinen Söhnen den Besitz des Thrones zu sichern, indem er alle sonst etwa als Thronprätendenten in Betracht kommenden Personen beseitigte, die Präiorianergarde auflöste und seine Herrschaft auf die Gesamtarmee stützte. Das hatte aber die Folge, daß die Unruhen beim Thronwechsel, die sonst auf die Stadt Rom beschränkt blieben, zu Bürgerkriegen ausarteten. Obwohl Nordafrika direkt davon nicht berührt wurde, so finden sich in den Schriften Tertullians dennoch Anspielungen genug. Eine genaue Kenntnis der Zeitereignisse ist deshalb zur Beurteilung und für das Verständnis dieser Schriften unentbehrlich. Daher scheint es angemessen, eine übersichtliche Darstellung der wichtigeren Ereignisse der Zeit von 193-272 vorauszuschicken.

Die Ermordung des Soldatenkaisers Pertinax durch aufrührerische Prätorianer am 28. März 193 stürzte das Reich in Verwirrung und längere Bürgerkriege. Die auf unrühmliche Weise erlangte Herrschaft des Didius Julianus ruhte auf zu schwachen Stützen um von Bestand zu sein. Auf die Kunde von der Ermordung des Pertinax erhoben sich einmütig die Legionen in den Provinzen, um seinen Tod zu rächen, zumal da sie den Prätorianern das gefahrlose Leben in der Hauptstadt mißgönnten, wo sie schwelgten, während die Provinzialarmeen an den Grenzen des Reiches gegen die Barbaren kämpften.

Die wichtigsten Militärposten waren damals Syrien wegen der Nachbarschaft der Parther und Germanen. Der Oberbefehl in Syrien befand sich 193 in den Händen des C. Pescennius Niger Justus, eines tüchtigen und beliebten Generals. In Germanien kommandierte erst seit kurzer Zeit L. Septimius Severus, der augenblicklich zu Carnuntum in Oberpannonien stand. Drittens kam von den damaligen Heerführern noch der Statthalter von Britannien, Clodius Albinus, in Betracht, der ebenfalls eine ansehnliche Zahl Truppen unter sich hatte.

Diese drei Generäle erkannten den Julian nicht als Kaiser an, sondern strebten selbst nach der höchsten Würde und gaben vor, die Mörder des Pertinax bestrafen zu wollen.

In Rom gab das Volk seinen Unwillen über das Vorgefallene durch Tumulte zu erkennen. Da jedoch an Widerstand gegen die Prätorianer nicht zu denken war, so richteten sich aller Augen auf Niger. Von der günstigen Stimmung des Volkes unterrichtet, ließ dieser sich von seinen Legionen zum Augustus ausrufen und betrachtete sich als Erwählten des Volkes und Senates. Aber anstatt sofort nach Rom aufzubrechen, blieb er im Orient und feierte Feste, als wäre er im unbestrittenen Besitze der Herrschaft. Trotzdem hielt ihn Julian für seinen gefährlichsten Gegner und sandte Meuchelmörder gegen ihn aus, die aber nichts ausrichteten.

Den Severus dagegen wollte Julian auf seine Seite ziehen und bot ihm die Würde eines Cäsar, also eines Mitregenten an. Allein Severus zog es vor, die Rolle eines Rächers des Pertinax zu spielen, und ohne seine Absichten zu verraten, ergriff er mit Energie seine Maßregeln. Nachdem ihn die Truppen zum Kaiser ausgerufen hatten, bemächtigte er sich in aller Stille der Provinzen der Balkanhalbinsel mit Ausnahme der Stadt Byzanz, welche in der Gewalt des Niger verblieb. Dann brach er gegen Rom auf.

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