Von den Einrichtungen der Klöster

Von den Einrichtungen der Klöster – Johannes Cassianus

In den Büchern 1-4 der “Einrichtungen” bespricht Johannes Cassianus Kleidung, Gebet und Regeln des klösterlichen Lebens. Die Bücher 5-12 sind Regeln zur Moral, die sich speziell mit den acht Lastern befassen – Völlerei, Wollust, Habgier, Hybris, Zorn, Neid, Trägheit und Prahlerei – und damit, was zu tun ist, um diese Laster zu heilen. In den “Einrichtungen” erörtert Cassianus einen Willen, der komplexer ist als der Wille, der im Mittelpunkt der pelagianischen Botschaft steht. Willensstarke Mönche sind ein umstrittenes Problem, und Cassian us widmete der Analyse des Willens, der Behandlung des verdorbenen Willens und vor allem der Unterordnung selbst des guten Willens zum Wohl der Gemeinschaft und letztlich des Willens Gottes große Aufmerksamkeit.

Von den Einrichtungen der Klöster

Von den Einrichtungen der Klöster.

Format: eBook/Taschenbuch

Von den Einrichtungen der Klöster

ISBN eBook: 9783849659936

ISBN Taschenbuch: 9783849668297

 

Auszug aus dem Text:

 

Erstes Buch: Von der Kleidung der Mönche.

 

1. Einleitung.

 

 Wenn wir es mit der Hilfe Gottes unternehmen, über die Einrichtungen und Regeln der Klöster zu reden, so beginnen wir am zweckmäßigsten mit der Kleidung der Mönche. Die innerliche Lebensweise derselben werden wir dann der Reihenfolge nach darlegen können, wenn wir erst ihre äussere Ausstattung vor die Augen geführt haben.

2. Der Gürtel.

 

Der Mönch soll als Streiter Christi stets mit der Kriegsrüstung angethan sein und darum allezeit mit gegürteten Lenden einhergehen. Die heilige Schrift bezeugt, daß auch jene Männer schon so gekleidet gewesen seien, welche im alten Bunde den Grund zu dem klösterlichen Leben gelegt haben, nämlich Elias und Elisäus; und ebenso wissen wir auch von den Fürsten und Vätern des neuen Bundes, von Johannes, Petrus und Paulus und den übrigen Männern dieser Art, daß sie sich desselben Kleidungsstückes bedient haben. Elias, der bereits im alten Bunde die Jungfräulichkeit pflegte und als ein herrliches Vorbild der Keuschheit und  Enthaltsamkeit dasteht, wurde einst vom Herrn beauftragt,1 gegen die Abgesandten des gottesräuberischen Königs Ochozias von Israel zu eifern, weil dieser in einer Krankheit beschlossen hatte, Beelzebub, den Gott von Akkaron, über sein Aufkommen um Rath zu fragen. Als nun der Prophet diesen entgegenging und ihnen sagte, daß der König von dem Lager, auf welches er gesunken war, nicht mehr aufstehen werde, da erkannte ihn der Kranke aus der Beschreibung seiner Kleidung. Er fragte nämlich die zurückgekehrten Gesandten, welche ihm des Propheten Urtheil verkündeten, wie die Gestalt und die Kleidung des Mannes gewesen, der ihnen begegnet sei und Solches gesagt habe; und sie gaben zur Antwort: Es war ein haariger Mann mit einem härenen Gürtel um die Lenden. Aus dieser Schilderung schloß der König sogleich auf den Mann Gottes und sprach: „Es ist Elias, der Thesbite.” Der Gürtel und der vernachläßigte Körper waren ihm Zeichen, an welchen er den Propheten Gottes unzweifelhaft erkannte, und zwar deßwegen, weil demselben, der doch unter so vielen Tausenden Israeliten lebte, Dieß gleichsam als ein besonderes Kennzeichen seiner Lebensweise beständig anhaftete.

Auch von Johannes, der zwischen dem alten und neuen Bunde gleichsam als geheiligte Grenzscheide, als Anfang und Ende dasteht, wissen wir aus der Erzählung des Evangelisten Aehnliches: „Johannes aber hatte ein Kleid von Kameelhaaren und einen härenen Gürtel um seine Lenden.”2 Dem Petrus, welcher von Herodes ins Gefängniß geworfen worden war, und der am folgenden Tage zum Tode geführt werden sollte, wird von dem Engel geboten: „Umgürte dich und ziehe deine Schuhe an!”3 Hiezu hätte ihn der Engel Gottes gewiß nicht aufgefordert, wenn er nicht gesehen hätte, daß der Apostel, um die nächtliche Ruhe zu genießen, die müden Glieder von der gewohnten Umgürtung ein wenig befreit  hatte. Als Paulus nach Jerusalem reiste, wo ihn die Juden in Fesseln legen sollten, traf ihn der Prophet Agabus zu Cäsarea, nahm den Gürtel desselben, band ihm die Hände und Füße damit, um anzudeuten, welche Unbilden ihm widerfahren würden und sagte: „Dieß spricht der heilige Geist: Den Mann, welchem dieser Gürtel gehört, werden die Juden zu Jerusalem also binden und in die Hände der Heiden überliefern.”4 Dieß hätte der Prophet sicherlich nicht aussprechen und namentlich hätte er die Worte nicht gebrauchen können: „der Mann, welchem dieser Gürtel gehört”, wenn nicht Paulus die Gewohnheit gehabt hätte, einen solchen zu tragen.

3. Das Mönchsgewand.

 

Die Kleidung eines Mönches sei der Art, daß sie bloß den Körper deckt, die beschämende Nacktheit bekleidet und die quälende Kälte entfernt, nicht aber diene sie der Eitelkeit und Ueberhebung. Deßhalb mahnt der Apostel: „Wenn ihr Nahrung und Bedeckung habt, so seid zufrieden!”5 Er sagt „Bedeckung”, nicht „Gewänder”, wie in einigen lateinischen Exemplaren nicht ausdrücklich enthalten ist, und meint damit Kleider, welche den Leib bedecken, ohne durch ihre Schönheit zu schmeicheln, so werthlos, daß sie weder durch auffallende Farben noch durch kunstvollen Schnitt vor denen der übrigen Männer dieses Berufes sich auszeichnen, einerseits fern von besonderer Sorgfalt, anderseits aber auch wieder nicht verunstaltet durch Schmutz, der wie aus anscheinender Sorglosigkeit zur Schau getragen wird. Schließlich sollen sich die Kleider der Mönche darin von denen der Weltleute unterscheiden, daß sie in ihrer Form stets unverändert bleiben, und daß sie bei dem Einen genau dieselben sind wie bei den Anderen. Denn was immer unter den Dienern Gottes Einer oder Wenige sich herausnehmen, was  nicht allgemein in der ganzen Genossenschaft festgehalten wird, das ist entweder überflüssig oder übermüthig und darum für schädlich zu erachten, indem es mehr das Aussehen der Eitelkeit als der Tugend hat. Und deßhalb müssen wir alle diejenigen Einzelheiten als überflüssig und unnütz ausscheiden, welche weder von jenen heiligen Alten auf uns gekommen sind, die den Grund zum Klosterleben gelegt, noch von den Vätern unserer Zeit, welche die Einrichtungen jener in getreuer Ueberlieferung jetzt noch befolgen. So haben sie das härene Bußgewand, wenn es Allen sichtbar und offen getragen wurde, durchaus mißbilligt, weil es auf diese Weise dem Geiste nicht nur keinen Vortheil bringen, sondern sogar der eitlen Überhebung zur Nahrung dienen kann, und weil es ferner für die Ausübung der nothwendigen Handarbeit, zu welcher der Mönch stets bereit und ungehindert sein muß, untauglich und unschicklich ist. Wenn wir dennoch hören, daß Einzelne sich dieses Gewandes bedient haben, ohne Mißbilligung zu erfahren, so dürfen wir daraus keine Regel für die Klöster herleiten noch viel weniger an den alten Einrichtungen der Väter rütteln wollen, weil wir glauben, einzelne Männer, welche besonderer Tugendübung wegen sich Dieß herausnahmen, deßhalb nicht tadeln zu sollen, weil sie nicht nach der allgemein giltigen Regel gehandelt haben. Denn einer allgemeinen, für Alle geltenden Vorschrift darf die Ansicht Weniger nicht vorgezogen werten. Jenen Einrichtungen und Regeln müssen wir mit unbedingtem Vertrauen und unerschütterlichem Gehorsame in allen Stücken anhangen, nicht welche der Wille Weniger eingeführt, sondern welche durch die Länge der Zeit geheiligt und von so vielen heiligen Vätern übereinstimmend bis in die Gegenwart festgehalten worden sind. Sicherlich darf das für uns im gewöhnlichen Leben nicht maßgebend sein, wenn erzählt wird, daß ein gottloser König von Israel, von den Schaaren der Feinde umlagert, ein härenes Gewand auf seinem Leibe habe sichtbar werden lassen, als er seine Kleider zerriß, oder daß die Niniviten sich in rauhe Bußgewänder hüllten, um das göttliche Strafgericht abzuwenden,  das der Prophet ihnen verkündigt hatte; denn es ist offenbar, daß jener es verborgen unter seinen Kleidern trug, so daß es von Niemand hätte gesehen werden können, wenn er sein Obergewand nicht zerrissen hätte; diese aber trugen das Bußkleid zu einer Zeit offen, als Alle insgesammt über den bevorstehenden Untergang der Stadt trauerten, und darum konnte Niemand auffällig erscheinen, indem Alle dasselbe Gewand trugen. Das Aussergewöhnliche erregt nämlich nur dann Anstoß, wenn es aus Ueberhebung hervorgeht.

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