Äsops Weisheiten – Die Fabeln leicht und locker erzählt

Äsops Weisheiten – Die Fabeln leicht und locker erzählt

“Äsops Weisheiten” ist eine Sammlung von Fabeln, die einem Sklaven und Geschichtenerzähler namens Äsop zugeschrieben werden, der vermutlich zwischen 620 und 564 v. Chr. im antiken Griechenland gelebt hat. Die Geschichten, die mit seinem Namen verbunden sind, haben verschiedene Ursprünge und sind aus mannigfaltigen Quellen in die heutige Zeit gelangt. Sie gehörten ursprünglich zu einer mündlichen Überlieferung und wurden erst etwa drei Jahrhunderte nach Äsops Tod gesammelt. Zu dieser Zeit wurde ihm eine Vielzahl anderer Geschichten, Witze und Sprichwörter zugeschrieben, obwohl vieles von diesem Material aus früheren Quellen oder gar von außerhalb des griechischen Kulturkreises stammte. In diesem Buch werden die schönsten Fabeln nicht nur in einer modernen Art und Weise erzählt, sondern sind auch bebildert und jeweils mit einem Merksatz versehen. Inwieweit Äsops moralisierende Appelle an Kinder gerichtet sind, ist schwer zu bestimmen, aber es besteht kein Zweifel daran, dass eine Kindheit ohne Äsop einen Großteil der Anspielungen auf die Literatur für den Erwachsenen bedeutungslos machen würde. Deswegen ist dieses Buch auch explizit für Kinder und Jugendliche als Einstieg in die Welt der Fabeln geeignet.

Äsops Weisheiten - Die Fabeln leicht und locker erzählt

Äsops Weisheiten – Die Fabeln leicht und locker erzählt.

Format: Print/eBook

Äsops Weisheiten – Die Fabeln leicht und locker erzählt.

ISBN Print: 9783849669188.
ISBN eBook: 9783849657246.

 

Auszug aus dem Text:

DER HUND, DER HAHN UND DER FUCHS

Ein Hund und ein Hahn, die beste Freunde waren, wünschten sich sehr, etwas von der Welt zu sehen. So beschlossen sie, den Hof zu verlassen und sich auf der Straße, die zu den Wäldern führte, in die Welt hinauszubegeben. Die beiden Kameraden reisten in allerbester Stimmung und ohne ein nennenswertes Abenteuer zu erleben.

Bei Einbruch der Dunkelheit erkundete der Hahn auf der Suche nach einem Schlafplatz die Gegend, wie er es immer tat. In der Nähe fand er einen hohlen Baum, von dem er dachte, dass er für eine Nacht sehr gut geeignet wäre. Der Hund sollte hinein krabbeln und der Hahn auf einen der Zweige hochfliegen. Gesagt, getan, und beide schliefen sehr bequem.

Beim ersten Schimmer der Morgendämmerung erwachte der Hahn. Im Moment vergaß er, wo er war. Er dachte, er sei noch auf dem Hof, wo es seine Pflicht gewesen war, den gesamten Haushalt bei Tagesanbruch zu wecken. Also stand er auf die Fußspitzen, flatterte mit den Flügeln und krähte lustvoll. Aber anstatt den Bauern zu wecken, weckte er einen Fuchs nicht weit weg im Wald. Der Fuchs bekam sofort farbenfrohe Visionen von einem sehr leckeren Frühstück. Er eilte zu dem Baum, wo der Hahn saß, und sagte sehr höflich:

“Ein herzliches Willkommen in unserem Wald, verehrter Herr. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie froh ich bin, Sie hier zu sehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir die dicksten Freunde werden.”

“Ich fühle mich sehr geschmeichelt, lieber Herr”, antwortete der Hahn durchtrieben. “Wenn es Ihnen nichts ausmacht, gehen Sie bitte zu meiner Haustür am Fuße des Baumes und mein Pförtner wird Sie hereinlassen.”

Der hungrige, aber ahnungslose Fuchs ging um den Baum herum, wie ihm gesagt worden war, und im nächsten Augenblick hatte der Hund ihn ergriffen.

Merke: Wer versucht zu täuschen, muss damit rechnen, dass ihm mit gleicher Münze zurückgezahlt wird.

DIE KLINGELNDE KATZE

Eines Tages beriefen die Mäuse ein Treffen ein, um über einen Plan zu entscheiden, wie sie sich von ihrem Feind, der Katze, befreien konnten. Zumindest wollten sie gerne wissen, wann sie kam, damit sie Zeit hatten, wegzulaufen. Es musste wirklich etwas getan werden, denn sie lebten in ständiger Angst vor ihren Krallen, und wagten es kaum, aus ihren Löchern zu kommen.

Viele Pläne wurden diskutiert, aber keiner wurde für gut genug befunden. Schließlich stand eine sehr junge Maus auf und sagte:

“Ich habe einen Plan, der sehr einfach erscheint, aber ich weiß, dass er erfolgreich sein wird. Alles, was wir tun müssen, ist, der Katze ein Glöckchen um den Hals zu hängen. Wenn wir das Glöckchen klingeln hören, werden wir sofort wissen, dass unser Feind kommt.”

Alle Mäuse waren sehr überrascht, dass sie noch nie an einen solchen Plan gedacht hatten. Aber mitten in der Freude über ihr Glück stand eine alte Maus auf und sagte:

“Ich finde, dass der Plan der jungen Maus sehr gut ist. Aber lasst mich eine Frage stellen: Wer soll der Katze das Glöckchen umhängen?”

Merke: Es ist eine Sache, etwas zu planen, aber etwas ganz anderes, es auch zu tun.

DER ADLER UND DIE DOHLE

Ein Adler, der mit mächtigen Schwingen herabstürzt, packte einmal ein Lamm mit seinen Krallen und machte sich damit auf den Weg zu seinem Nest. Eine Dohle sah ihm zu, und ihr törichter Kopf war erfüllt von der Idee, dass sie groß und stark genug war, um das zu wiederholen, was der Adler getan hatte. So stieß sie unter viel Flügelschlagen und mit grimmigem Gesichtsausdruck auf den Rücken eines großen Schafbocks herab. Aber als sie versuchte, wieder aufzusteigen, bemerkte sie, dass sie nicht mehr entkommen konnte, denn ihre Krallen hatten sich in der Wolle des Schafbocks verfangen. Und sie war so weit entfernt davon, den Schafbock wegzutragen, dass dieser nicht mal bemerkte, dass sie da war.

Ein Hirte sah die flatternde Dohle und ahnte sofort, was passiert war. Als er hingerannt war, fing er den Vogel und stutzte seine Flügel. Am selben Abend gab er seinen Kindern die Dohle.

“Was für ein lustiger Vogel das ist!”, sagten sie lachend. “Was für einer ist das, Vater?”

“Das ist eine Dohle, meine Kinder. Aber wenn ihr ihn fragen könntet, würde er sagen, er ist ein Adler.”

Merke: Lass dich nicht von deiner Eitelkeit dazu verführen, deine Kräfte zu überschätzen.

DER JUNGE UND DIE HASELNÜSSE

Ein Junge bekam die Erlaubnis, seine Hand in einen Krug zu stecken, um sich ein paar Haselnüsse zu nehmen. Aber er nahm so viele davon in seine Hand, dass er sie nicht mehr hinausziehen konnte. Da stand er nun also, nicht bereit, eine einzige Haselnuss aufzugeben aber auch nicht in der Lage, sie alle auf einmal herauszuholen. Verärgert und enttäuscht begann er zu weinen.

“Mein Junge”, sagte seine Mutter, “sei zufrieden mit der Hälfte der Nüsse, die du genommen hast, und du kannst deine Hand mit Leichtigkeit herausziehen. Vielleicht darfst du dir ein anderes Mal noch ein paar Haselnüsse nehmen.”

Merke: Versuche nicht zu viel auf einmal.

….

 

 

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