Badisches Sagenbuch, Band 1: Vom Bodensee bis zur Ortenau

Badisches Sagenbuch, Band 1: Vom Bodensee bis zur Ortenau – August Schnezler

In zwei Bänden, auf über 950 Seiten, hat August Schnezler eine Sammlung der scho¿nsten Sagen, Geschichten, Märchen und Legenden des Badnerlandes aus Schrifturkunden, dem Mund des Volkes und der Dichter zusammengetragen. Das Ganze wurde versehen mit sehr vielen Fußnoten als historische und erklärende Anmerkungen und ergibt so ein für an Mythologie und Geschichte interessierten Lesern kaum mehr wegzudenkendes Referenzwerk – wobei sich das Land Baden an den Mitte des 19. Jahrhunderts gültigen Grenzen definiert. Insofern geht die märchenhaftes Reise vom Bodensee über Linzgau und Hegau, Rheintal, Albgau und die Waldstädte ins Breisgau und Kinzigtal, (Band 1) und von dort durch die Ortenau, das Renchtal, das Achertal, den Mummelsee, Bühl, Baden-Baden, das Murgtal, Karlsruhe, Mannheim und Heidelberg bis ins Neckar- und Maintal nach Wertheim (Band 2). Entdecken Sie viele, viele Hundert bezaubernde Sagen und Geschichten, die dieses wunderschöne “Ländchen in Gottes Hand” ausmachen.

Badisches Sagenbuch, Band 1: Vom Bodensee bis zur Ortenau

Badisches Sagenbuch, Band 1: Vom Bodensee bis zur Ortenau.

Format: eBook/Taschenbuch.

Badisches Sagenbuch, Band 1: Vom Bodensee bis zur Ortenau.

ISBN eBook: 9783849662370

ISBN Taschenbuch: 9783849665869

 

Tegelstein.

Auf der Burg Tegelstein am Bodensee lebte einst eine reiche Witwe, Anna von Tegelstein, mit ihrem Sohne und drei Töchtern. Sie war eine überaus stolze Frau und gönnte den Armen kaum die Luft und das Brot. Eines Tages kam auf die Burg eine Pächterin aus der Gegend, in Trauer gekleidet und sprach zur Edelfrau: „Gnädige Frau, gestern ist meine einzige Tochter gestorben; sie war erst achtzehn Jahre alt und die Freude meines Lebens. Nun möcht ich gern um ihre schwarzen Locken einen Kranz von weißen Rosen flechten, da sie doch eine Braut des Himmels geworden. Vergönnt mir, dass ich welche in Eurem Schlossgarten breche, wo sie so schön und reichlich blühen!“ – „Was da!“ – fuhr sie die stolze Frau an – „einen Kranz von Nesseln magst du für dein Mädel binden! Rosen geziemen sich nicht für so gemeines Volk; die sind nur für unsers Gleichen!“ „Nun,“ – versetzte mit feierlichem Tone und einem klagenden Blick zum Himmel die arme Pächterin – „so mögen denn Eure Rosen zu Totenkränzen für Eure Töchter werden!“ – und verließ das Schloss. Aber ihren Wunsch hatte Gott vernommen. Noch vor Ablauf eines Jahres starben alle drei Töchter der Edelfrau, und jede trug im Sarg einen Kranz von weißen Rosen aus dem Burggarten. Und so lange das Geschlecht der Tegelsteiner[1] blühte, sah man jedes Mal, wenn der Tod eines weiblichen Abkömmlings der Familie nahe war, den Geist der hochmütigen Frau Anna um Mitternacht im Schlossgarten sitzen und einen Kranz von weißen Rosen flechten.

(Aus Al. Schreibers: „Sagen aus den Rheingegenden etc.“)

1.        Wo ihr Schloss am Bodensee liegt oder lag, habe ich nirgends auffinden können; vielleicht ist Tegelstein nur ein willkürlich ersonnener Name, wie eben in Bezug auf Lokalitäten H. Aloys Schreiber es nicht besonders strenge zu nehmen pflegte. Der Herausgeber.

Konstanzs Ursprung.

Der Syndicus Dr. J. F. Speth beginnt seine unter dem Titel „Der in der Constantinisch-dreybogigen Ehrenporte Constantzisch- mit dreifachem Ruhm prangend- Glor- Sieg- und Ehr-reiche Creutz-Schild. Oder Dreiteilige Beschreibung der, nach Alter Red-Arth Beständig in der Tat, Edlen, Vöst- und Ehrsamen Stadt Constantz, etc. etc. erschienene Geschichte von Konstanz folgendermaßen:

 “Es ist zwar freylich kein Kinderspihl, wann ein altes Weib tantzet! Allein wann ein alter Mann nicht von älteren Sachen, als er selber ist, zu reden weist! so stehet er gleichsamb noch in Kinder-Schuechen, dann, wie Cicero de orat. perf. recht und wohl gesprochen, “nescire, quid ante te actum sit, est quasi semper puerum esse.“ –

Hierauf beweist unser geschmackvoller Chronist durch Citate aus Gabriel Buccelinus Descript. Constant. und anderen Quellen, „dass die Stadt Constantz ihre erste Aufferbauung urspringlich von des Noë Enklen nicht lange Zeit nach dem Sündfluss und allgemeinen Welt-Überschwämung herleiten, folglich einer weit älteren Herkunft, als die sonst älteste Städte in deutschen Landen, sich rühmen möge etc.“ „Genug ist es,“ – fährt Dr. Speth, (Seite 7) fort – „dass die Stadt Constantz bereits schon in dem Jahr nach Erschaffung der Welt 3820, von denen benachbart-Allemanischen Völckeren, Harudes genannt, nicht nur den Namen “Harudopolis“ getragen, sondern auch von dem negst-anligent-, damals sogenandt Moësischen See (Bodensee) “Moësopolis,“ und ferners von dem Röm. Heers-Führer Valerio eine geraume Zeit lang “Valeria,“ alsdann aber “Vitodurum,“ auch “Gannodurum“ und endlich von einer auff der negst angelegenen Insul deß Rheins, nach einer von denen Römern zur Erhaltung deß eroberten Volcks und Lands erbauten Burg, worinnen die Römische Landpfleger residierten und der H. Pelagius seiner Zeit gefangen lag, „Nider– oder Wasser-Burg“ benamset worden, welchen Namen sie nebst dem Schild oder Wappen, welches eine Burg vorstellte, so lang behalten, bis der Römische Kayser Flavius Constantius, mit dem Bey-Namen Chlorus, im Jahr n. C. G. 297 wider die aufgestandene Deutsche, so damahlen gegen die Römer sich empöret und die Stadt Constantz oder noch sogenandte Stadt Niderburg nebst der umliegendten Landschafft Alemannia dazumahls erschröcklich verherget hatten, einen herrlichen Sieg allernegst bei der Stadt Constantz erfochten, in welchem 60 biß 70,000 Deutsche auff dem Platz gebliben, und lange Zeit hernach die Felder mit Toten-Cörperen also angehaüffet waren, dass von denselben die Erden, wie mit einem Schnee bedeckt, und in späteren Zeiten sowohl in der Petershauser Vorstadt, als in dem Ziegelgraben zu Constantz eine große Menge zerhauener Haupt-Schidelen und Menschen-Gebeiner in Nachgrabung zu denen Fundamenten, samt einigen Römischen, des Kaysers Constantii Regierung andeutenden Müntzen, gefunden wurden. Derohalben ist zu ewiger Gedächtnuß dises Siegs, und in Ansehung der so rar- als annemlichen Orths-Situation auff die Rudera der von denen Deutschen zerbrochenen uralten Stadt Amtodurum (das ist anjetzo Constantz) von Constantius nicht nur eine neue Römische Reichs-Stadt gebauet, sondern auch dieselbe mit eingeführter Colonia einiger auserleßenen edlen Römeren besetzet, und nach seinem Namen Constantia genennet worden.“

Den Grundstein zum Dome dieser Stadt soll Kaiser Karl der Große gelegt haben.

Dr. Speth.

Um die Mitte des neunten Jahrhunderts starb zu Neidingen der deutsche König Carl der Dicke, der für Konstanz mit besonderer Vorliebe eingenommen war und öfters in dieser Stadt oder auf der Insel Reichenau sein Hoflager aufschlug, in welcher letzteren er auch begraben liegt. Der Chronikschreiber Buccelinus meldet, Carls Leichnam sei von Neidingen (an der Donau) aus, von vom Himmel herabgeschwebten Lichtern bis in die Reichenau begleitet worden.

Dr. Speth.

Der heilige Conrad und die Giftspinne.

Dieser H. Conrad, ein „geborener Graf von Altdorf,“ – erzählt Dr. Speth in seiner Chronic, – wurde im J. 938 n. C. G. zum Bischof von Konstanz erwählt. Die Stadt hat ihm viele Schenkungen und wohltätige Stiftungen, z. B. das St. Conrads-Armenspital, die Pfarrkirche zu St. Paul, die Nachbildung des heiligen Grabes in der Domkirche etc. zu verdanken. – „Wie Pet. Canisius in Martyrologio schreibet, ist dieser heilige Mann öffters mit truckenen Füssen über den Bodensee gegangen; er weißsagte künftige Dinge mit Prophetischem Geiste, würkte viele Wunderzeichen sowohl im Leben, als nach dem Tot und konnte vergifftetes Wesen ohne einigen Schaden oder Verletzung genießen; gestalten dann, als einstmals an dem Heiligen Ostertag inwährender Celebrierung deß in der Thomb-Kirche zu Constantz gehaltenen Ambts der H. Mess eine abscheuliche Gifft-Spinne unversehens von oben herab in das Heilige Blut, nach dessen Consecration, gefallen, Er dasselbe sambt der Spinnen zu sich nahme, vor der Mittags-Mahlzeit aber, da Er bereiths zu Tische sasse, und das Haubt auff beyde Hände eine gute Weil unterstützend, zu denen eine Ihme anstossende Unpässlichkeit besorgenden Dieneren vermeldete, dass sie sich seinetwegen nicht bekümmeren sollten, indeme Er allein eines Gasts erwarte; worauff die vorangeregtermaßen genossene Gifft-Spinn unversehrt und lebendig Ihme auß dem Hals hervorkroche, worauf Er Gott Lob und Dank sagte, annebens denen Dienern erst den Verlauff und was Ihme begegnet, eröffnete.“

Anno Christi 1294 erbauten Bischof Heinrich und der Reichsvogt Albrecht, die Gebrüder von Klingenberg, ein Haus, fünf Stockwerke hoch, zu welchem, nachdem es vom Boden an fertig dastand, auf eine unbegreiflliche Weise hintennach erst das Fundament unterlegt wurde.

Dr. Speth.

Anno Christi 1349 steckte ein in der sog. Mordgasse[1] zu Konstanz wohnender getaufter Jude, welcher aus Furcht der Feuerstrafe, wegen der seinen ehemaligen Glaubensgenossen zur Last gelegten Brunnenvergiftung, im vorigen Jahre zur christlichen Religion übergetreten war, aus freien Stücken und geflissentlich sein eigenes Haus in Brand und rief, während ihn und seine zwei Kinder die Flammen umloderten, zum Fenster hinaus, er habe sich entschlossen, als ein frommer Jude zu sterben. Sein Haus steckte mit rasch um sich greifender Brunst die Nebengebäude an, und es wurden in kurzer Zeit bei vierzig Bürgerhäuser vom Feuer verzehrt. So erzählt Stumphius pag. 340.

Dr. Speth.

 

1.        Diese Gasse hat ihren Namen von der, auf das Gerücht von dem Verkaufe der heiligen Hostie an Juden (Siehe S. 22) dort stattgefundenen Niedermetzlung.

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