Das graue Gespenst

Das graue Gespenst – W. von Neuhof

“Die goldene Zeit der Krimis” war eine Ära klassischer Kriminalromane, die vor allem die 1920er und 1930er Jahre bestimmten. Die gleichnamige Serie bietet dem Fan dieser “Evergreens” eine große Auswahl von Titeln, die damals entweder bereits als eigenständige Bücher, oder aber als Fortsetzungsromane in diversen Zeitungen und Zeitschriften erschienen. “Das graue Gespenst” ist ein Roman, in dem Detektiv Fritz Schaper ermittelt, und spielt teilweise in Südafrika und teilweise in Berlin.

Das graue Gespenst

Das graue Gespenst.

Format: Taschenbuch

Das graue Gespenst.

ISBN Taschenbuch: 9783849666965

 

Auszug aus dem Text:

Über Kimberley, der südafrikanischen Minenstadt, lagerte die Gluthitze eines sonnenklaren Maitages. Trotzdem drängte sich jetzt in der Mittagsstunde ein lebhafter Verkehr von ausgesprochen internationalem Gepräge durch die breiten Straßen, alle begriffen auf der Jagd nach dem Götzen Gold, der nirgends so sehr wie gerade in der „Diamantenstadt“ die Gemüter erregt und Geist und Körper zu den unerhörtesten Anstrengungen anspornt.

Vor dem hochragenden Börsenbau herrschte heute eine ungewöhnliche Aufregung unter den Herren, die teils in der breiten Eingangstür, teils auf der Freitreppe standen.

Auf der anderen Straßenseite, gegenüber der Börse, stand eine dichtgedrängte Menge Neugieriger, – Minenarbeiter, Handwerker und hier und da auch ein Farbiger. Etwas wie Schadenfreude war in den Gesichtern dieser einfachen Leute zu lesen, und wenn man genau hinhörte, konnte man Ausrufe verstehen, die von einem geheimen Hasse gegen die Großkaufleute sprachen.

Zwischen den über den Fahrdamm hin und her rasselnden Wagen aller Art schlüpften kleine, halbnackte Kerlchen hindurch – Zeitungsjungen, die ihre Extrablätter hinausbrüllten.

„Die Zerstörung der Hurley-Mine!“ – – „Kampf mit der Miliz!“ – „Achtzig Tote, zweiundfünfzig Verwundete!“ – „Kauft das Allerneueste – kauft –“

An der Brüstung der Börsentreppe lehnte einsam ein Mann, dessen blaue Augen mit verächtlichem Ausdruck auf die Menge gerichtet waren, die mit schadenfrohen Gesichtern auf die erregten, geängstigten Großkaufleute blickte und oft ihre höhnischen Bemerkungen hinüberrief.

Ein dicker, aufgeschwemmter Herr, dessen Finger mit blitzenden Ringen besteckt waren, gesellte sich jetzt zu dem Einsamen, der offenbar unter all diesen Millionen-Magnaten eine hochgeachtete Stellung einnahm.

„Master Wendel, ich begreife Ihre Ruhe nicht“, sagte er, sich vor dem blonden Deutschen aufpflanzend. „Ihre Mine liegt zunächst dem Randbache, und schreitet die schwarze Bande zum Angriff, so wird Ihr Werk als das erste vom Erdboden verschwinden.“

„Meinen Sie, Brauwarey?!“

Selbstbewußter Spott lag in dieser Antwort.

Der dicke Brauwarey, der bisher selbst gegen viertausend Neger beschäftigt hatte, starrte Wendel aus seinen glasigen Fischaugen staunend an.

Kopfschüttelnd sagte er: „Wirklich, ich begreife Sie nicht –“ Er wollte noch mehr hinzufügen, aber der Deutsche, ein stattlicher Mann Anfang der fünfziger, hatte sich aufgerichtet und schaute einem eleganten Auto entgegen, das sich eben durch die Straße wand und vor der Börse Halt machte.

  …

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