Das wunderbare Land von Oz

Das wunderbare Land von Oz.

Diese zweite Oz-Geschichte aus der Feder von L. Frank Baum erzählt die weiteren Abenteuer der Vogelscheuche (die den Zauberer als Herrscher über Oz abgelöst hat) und des Blechmanns. Außerdem werden wir einigen entzückenden neuen Charakteren vorgestellt, darunter Jack Kürbiskopf, das Sägepferd und der Gump, die alle durch das magische Pulver des Lebens animiert wurden. Wir treffen auch Professor S. V. Wackelkäfer, G. A. (stark vergrößert und gut ausgebildet), der wegen seiner unglaublichen Gelehrsamkeit später königlicher Erzieher wird. Es gibt einige aufregende Momente, in denen die Vogelscheuche von einer Armee aufrührerischer Mädchen gestürzt wird, aber am Ende gelingt es Prinzessin Ozma, der rechtmäßigen Herrscherin von Oz, den Thron zu erklimmen.

Das wunderbare Land von Oz

Das wunderbare Land von Oz

Format: eBook (ISBN 9783849652777) und Taschenbuch (9783849669690).

Das wunderbare Land von Oz.

 

Auszug aus dem ersten Kapitel:

 

Im Land der Gillikins, das im Norden des Landes Oz liegt, lebte ein Junge namens Tip. Zu seinem Namen muss man aber wissen, dass die alte Mombi oft erklärte, sein ganzer Name sei Tippetarius; aber niemand sollte so ein langes Wort aussprechen müssen, “Tip” tat es ja auch.

Dieser Junge wusste nichts über seine Eltern, denn er war in jungen Jahren zur alten Frau Mombi gebracht worden, die ihn großziehen sollte, und deren Ruf, wie ich leider sagen muss, nicht gerade der beste war. Denn die Gillikin verdächtigten sie, sich der magischen Kunst hinzugeben, und waren deshalb sehr zögerlich, sich mit ihr abzugeben.

Genaugenommen war Mombi gar keine Hexe, denn die gute Hexe, die diesen Teil des Landes Oz regierte, hatte verboten, dass es eine weitere Hexe in ihrem Reich geben dürfe. Daher wusste Tips Beschützerin, wie sehr sie auch immer nach Magie streben mochte, dass es ungesetzlich war, mehr als eine Zauberin zu sein.

Tip sollte Holz aus dem Wald holen, damit die alte Frau ihren Topf zum Kochen bringen konnte. Er arbeitete auch auf den Maisfeldern, hackte und schälte; und er fütterte die Schweine und melkte die vierhörnige Kuh, die Mombis besonderer Stolz war.

Aber Sie dürfen nicht annehmen, dass er die ganze Zeit gearbeitet hat, denn er fühlte, dass das schlecht für ihn wäre. Wenn er in den Wald geschickt wurde, kletterte Tip oft auf Bäume, um dort nach Vogeleiern zu suchen, oder amüsierte sich bei der Jagd nach weißen Kaninchen oder beim Fischen in den Bächen mit verbogenen Nadeln. Dann sammelte er hastig einen Arm voll Holz und trug ihn nach Hause. Und wenn er auf den Maisfeldern arbeiten sollte und die hohen Stängel ihn vor Mombis Augen versteckten, grub Tip oft in den Löchern der Taschenratten, oder, wenn ihm danach war – legte er sich einfach zwischen die Maisreihen und machte ein Nickerchen. Indem er also darauf achtete, seine Kräfte nicht ganz zu erschöpfen, wurde er so stark und robust, wie es ein Junge nur sein kann.

Mombis seltsame Magie erschreckte ihre Nachbarn oft, und wegen ihrer seltsamen Kräfte traten sie ihr schüchtern, aber respektvoll gegenüber. Aber Tip hasste sie, ehrlich gesagt, und bemühte sich nicht, seine Gefühle zu verbergen. In der Tat zeigte er manchmal weniger Respekt vor der alten Frau, als er hätte tun sollen, da sie seine Vormundin war.

Auf Mombis Maisfeldern lagen Kürbisse, die goldrot zwischen den Reihen grüner Stängel versteckt waren. Diese waren gepflanzt und sorgfältig gepflegt worden, damit die vierhörnige Kuh im Winter von ihnen fressen konnte. Doch eines Tages, nachdem der Mais geschnitten und gestapelt war und Tip die Kürbisse in den Stall trug, kam er auf die Idee, eine Kürbislaterne zu bauen und zu versuchen, die alte Frau damit zu erschrecken.

Also wählte er einen feinen, großen Kürbis mit einer glänzenden, orange-roten Farbe und begann ihn zu schnitzen. Mit der Spitze seines Messers schnitt er zwei runde Augen, eine dreieckige Nase und einen Mund in Form eines Neumondes hinein. Als das Gesicht fertig war, konnte man dieses nicht unbedingt als schön bezeichnen; aber es zeigte ein so großes und breites Lächeln und war so fröhlich im Ausdruck, dass sogar Tip lachte, als er bewundernd auf seine Arbeit schaute.

Tip hatte keine Spielkameraden, also wusste er nicht, dass Jungs oft das Innere einer Kürbislaterne aushöhlen und in den so entstandenen Raum eine brennende Kerze stellen, um das Gesicht verblüffender zu machen; aber er dachte sich etwas Eigenes aus, das versprach, genauso effektiv zu sein. Er beschloss, die Gestalt eines Mannes zu fertigen, der diesen Kürbiskopf tragen würde, und ihn an einem Ort zu stellen, an dem die alte Mombi ihn von Angesicht zu Angesicht treffen würde.

“Und dann,” sagte Tip zu sich selbst, “wird sie lauter quietschen als das braune Schwein, wenn ich an seinem Schwanz ziehe, und vor Schreck zittern, schlimmer als ich letztes Jahr, als ich Schüttelfrost hatte!”

Er hatte viel Zeit, sein Werk zu vollenden, denn Mombi war in ein Dorf gegangen – um Lebensmittel zu kaufen, sagte sie – und das war eine Reise von mindestens zwei Tagen.

Also ging er mit seiner Axt in den Wald und wählte einige stämmige, gerade Setzlinge aus, die er fällte und von all ihren Zweigen und Blättern befreite. Daraus machte er die Arme, Beine und Füße seines Mannes. Für den Körper hat er die dicke Rinde von einem großen Baum abgezogen und mit viel Aufwand zu einem Zylinder von passender Größe geformt und die Kanten mit Holzstiften zusammengesteckt. Dann, lustig vor sich hin pfeifend während er arbeitete, fügte er die Glieder vorsichtig zusammen und befestigte sie mit Stiften am Körper, die er sie mit seinem Messer in Form geschnitzt hatte.

Als dieses Kunststück vollbracht war, begann es dunkel zu werden, und Tip erinnerte sich, dass er die Kuh melken und die Schweine füttern musste. Also nahm er seinen hölzernen Mann und trug ihn mit sich zum Haus zurück.

Während des Abends, im Licht des Feuers in der Küche, rundete Tip sorgfältig alle Kanten der Gelenke ab und glättete die rauen Stellen auf saubere und fachmännische Art und Weise. Dann stellte er die Figur an die Wand und bewunderte sie. Sie schien bemerkenswert groß zu sein, selbst für einen ausgewachsenen Mann; aber das war in den Augen eines kleinen Jungen ein Vorteil, und Tip hatte nichts gegen die Größe seiner Schöpfung einzuwenden….

 

 

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