Empor!

Empor! – Ida Boy-Ed

Ein Frauenroman. Die wohlhabende und adlige Irene verlässt ihr Elternhaus und lässt sich als Gesellschafterin anstellen. Dort lernt sie die eingeheiratete Schwedin Signe kennen …

Empor!

Empor!

Format: eBook.

Empor!

ISBN eBook: 9783849654894

 

 

Auszug aus dem Text:

Es klopfte hart und kurz an die Tür. Obgleich Irene seit vielen Stunden bald wach, bald in unruhvollem Halbschlummer gelegen hatte, in Erwartung dieses Weckrufes, fuhr sie nun doch erschreckt zusammen. Die ganze Nacht hatte sie keinen rechten Schlaf finden können, und nun schien es ihr, als wären ihre Glieder bleischwer von Müdigkeit.

Sie kam indessen in die Höhe und machte Licht. Schmerzhaft schlossen sich ihre Lider zunächst; der blinkende Strahl der offenen Kerzenflamme tat dem Auge weh, nach der Dunkelheit der Nacht.

Ein Kälteschauer rann ihr durch die Glieder.

Sie sah nach der Taschenuhr, welche auf dem Marmortischchen neben ihrem Bett lag.

»Halb fünf.«

Schon der bloße Gedanke an diese winterliche Morgenfrühe machte frieren.

Aber mit einem Seufzer, kurz und entschlossen, stand Irene auf. Sie ging mit nackten Füßen auf dem Teppich, welcher den ganzen Boden bedeckte, bis an das Fenster und zog die Gardinen zurück.

Das Glas glich einer verschrammten und zernarbten Milchscheibe, so war es von rauhweißen Eisblumen bedeckt.

Nur an dem Mangel von Transparenz sah man, daß hinter dem Fenster schwarze Nacht gähnte.

Im Zimmer war es sehr ausgekältet; man hatte am Abend vergessen die Ofentüren zuzuschrauben und so hatte sich die letzte Spur von Wärme aus den Kacheln verflüchtigt.

Unerquickt, mit brennenden Lidern und schwerfälligen Bewegungen machte Irene sich an die Mühe des Ankleidens.

Die Bewegungen in dem nicht sehr großen Zimmer waren ihr erschwert, denn zwei Koffer, schon geschlossen, standen vor den ihres Inhalts beraubten Möbeln; ein größerer Handkoffer lag aufgeklappt am Boden. Ab und an tat Irene einen Gegenstand hinein, dessen sie nun nicht mehr bedurfte und förderte so zugleich Gepäck und Anzug.

Allmählich wurde ihr Kopf freier, ihre Bewegungen munterer.

Als sie vor dem Spiegel saß, nachdem sie an demselben zwei Kerzen auf dessen Armleuchter entzündet, klopfte es wieder.

»Herein.«

Ein Mädchen, mit weißer Haube auf dem noch ungeordneten Haar, mit weißer Schürze vor dem schlechtesten Arbeitskleid, guckte in die Türöffnung und fragte, ob das gnädige Fräulein den Tee im Speisezimmer wünsche.

»Nein, hier,« befahl Irene hastig.

Sie eilte nun, ihr dunkles Haar zu ordnen, das sie in einen Knoten im Hinterkopf locker zusammenwand und mit einer Schildpattnadel befestigte. Noch hatte sie ihr schwarzes Kleid nicht ganz geschlossen, als das Mädchen mit dem Teebrett kam.

Es blieb kein Plätzchen, dies niederzusetzen, als der Marmortisch am Bett.

Irene setzte sich auf die Kante ihres ungemachten Bettes und goß sich Tee ein.

»Die Frau Doktor Ebermann ist schon gekommen und fragt, ob sie herauf darf,« meldete das Mädchen.

…..

 

 

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