Essentielle Schriften

Essentielle Schriften – Laktanz

Laktanz (ca. 250 – ca. 325) war ein frühchristlicher Schreiber, der Berater des römischen Kaisers Konstantin I. wurde und dessen christliche Religionspolitik in der Anfangsphase der Entstehung des Christentums leitete, und der seinem Sohn Crispus als Tutor diente. Er ist vor allem für seine apologetischen Werke bekannt, die in der Renaissance von Humanisten gelesen wurden, die Laktanz den “christlichen Cicero” nannten. In diesem Band finden sich seine Schriften “Von den Todesarten der Verfolger”, “Vom Zorne Gottes”, “Auszug aus den göttlichen Unterweisungen” und “Gottes Schöpfung.”

Essentielle Schriften

Essentielle Schriften.

Format: eBook/Taschenbuch

Essentielle Schriften.

ISBN eBook: 9783849660697

ISBN Taschenbuch: 9783849667733

 

Auszug aus dem Text:

1. Widmung an Donatus.

 Erhört hat der Herr deine Gebete, teuerster Donatus, die du täglich zu allen Stunden vor seinem Angesichte ergossest, sowie die Gebete unserer übrigen Brüder, die sich durch glorreiches Bekenntnis die immerwährende Krone für die Verdienste des Glaubens erworben haben. Siehe, nun sind alle Widersacher hinweggenommen, nun ist die Ruhe auf Erden wieder hergestellt; die unlängst zu Boden geschleuderte Kirche erhebt sich wieder, und in größerer Herrlichkeit wird der Tempel Gottes, den die Gottlosen umgestürzt hatten, durch die Barmherzigkeit des Herrn wieder aufgebaut. Denn Gott hat Herrscher auferweckt, welche die ruchlosen und blutigen Willkürbefehle der Gewaltherrscher abgeschafft und des menschlichen Geschlechtes sich angenommen haben, so daß nunmehr, gleich als hätte das Gewölk einer düsteren Zeit sich zerstreut, lieblicher und sonniger Friede alle Herzen erfreut. Nach den gewaltsamen Stürmen eines furchtbaren Ungewitters erstrahlt nun wieder sanfter Himmel und erwünschtes Licht. Durch ihre Bitten besänftigt, hat Gott seine Diener aus tiefer Drangsal durch himmlische Hilfe wieder aufgerichtet, hat die Verschwörung der Gottlosen zunichte gemacht und die Tränen der Trauernden abgewischt. Die wider Gott anstürmten, liegen darnieder; die den heiligen Tempel umgestürzt hatten, sind selbst in größerem Sturz zusammengesunken; die, welche die Gerechten zu Tode gequält, haben unter Schlägen von Gottes Hand in verdienten Qualen die schuldige Seele ausgehaucht. Zwar spät, aber schwer traf sie die Strafe und angemessen der Schuld. Denn Gott hatte ihre Züchtigung aufgeschoben, um an ihnen der Welt große und erstaunliche Beispiele zu zeigen, aus denen die  späteren Geschlechter lernen sollten, daß es einen einzigen Gott gibt, der zugleich Richter ist und der gebührende Strafe über die gottlosen Verfolger verhängt. Von diesem Ausgang der Verfolger will ich nun Zeugnis ablegen, damit alle, die dem Schauplatz der Ereignisse ferne standen, oder die später zur Welt kommen werden, erfahren, auf welche Art der höchste Gott seine Macht und Majestät in der Ausrottung und Vernichtung der Feinde seines Namens gezeigt hat. Doch wird es zweckdienlich sein, wenn ich von der ersten Gründung der Kirche an die Verfolger aufführe, die sich wider die Kirche erhoben haben und der Strafen gedenke, mit denen die Strenge des himmlischen Richters sie heimgesucht hat.

2. Nero, 54—68.

In den letzten Zeiten des Kaisers Tiberius — so lesen wir in den hl. Schriften — ist unser Herr Jesus Christus von den Juden gekreuzigt worden, und zwar am 23. März unter dem Konsulate der beiden „Zwillingsbrüder“1. Am dritten Tage stand er wieder von den Toten auf und sammelte die Jünger um sich, welche die Furcht vor seiner Gefangennehmung verscheucht hatte; und während der vierzig Tage, die er noch bei ihnen weilte, erschloß er ihnen das Verständnis und legte ihnen die Schriften aus, die ihnen bis dahin dunkel und verhüllt waren. Er gab ihnen Anordnung und Unterweisung zur Verkündigung seiner Glaubenslehre und gründete die unverbrüchliche Verfassung des Neuen Bundes. Nach Erfüllung dieser Aufgabe umhüllte ihn eine Sturmwolke, entrückte ihn den Augen der Menschen und führte ihn gen Himmel empor. Die Jünger deren damals elf waren, nahmen an Stelle Judas, des Verräters, Matthias und Paulus in ihre Zahl auf und zerstreuten sich über die ganze Erde, um das Evangelium zu verkünden, wie es ihnen ihr Herr und Meister geboten hatte. Und während der Zeit von fünfundzwanzig Jahren, bis zum Beginn der Herrschaft Neros, legten  sie in allen Provinzen und Städten die Grundlagen der Kirche.

Als Nero bereits die Herrschaft führte, kam Petrus nach Rom, und durch eine Anzahl Wunder, die er in der Kraft Gottes, vermöge der ihm übertragenen Vollmacht wirkte, bekehrte er viele zur Gerechtigkeit und gründete dem Herrn einen zuverlässigen und dauerhaften Tempel. Die Sache wurde dem Nero hinterbracht, und da er wahrnahm, daß täglich nicht bloß in Rom, sondern überall sich eine große Menge vom Dienste der Götter abwandte und der neuen Religion sich anschloß, so brach er als arger und ruchloser Tyrann mit Ungestüm hervor, um den himmlischen Tempel zu zerstören und die Gerechtigkeit zu vernichten; und indem er als der erste von allen die Diener Gottes verfolgte, ließ er Petrus ans Kreuz schlagen, Paulus mit dem Schwerte töten2. Doch ging es ihm nicht ungestraft hin; denn Gott schaute auf die Bedrängnis seines Volkes. Der zügellose Tyrann wurde der Herrschaft entsetzt und vom Gipfel der Macht herabgestürzt und war dann mit einemmale gänzlich verschwunden, so daß nicht einmal die Begräbnisstätte des Ungeheuers auf Erden zu finden war. Daraus entstand bei manchem der Aberglaube, daß Nero von der Erde hinweggenommen wurde und lebend aufbewahrt werde, um wie der erste, so auch der letzte Christenverfolger zu sein und dem Reiche des Antichrist voranzugehen gemäß der Weissagung der Sibylle, daß der flüchtige Muttermörder von den Enden der Erde kommen werde — was zu glauben nicht statthaft ist —; und wie die heiligen Schriftsteller verkünden, daß zwei Propheten3 lebend hinweggenommen  wurden, um für die letzten Zeiten aufbewahrt zu werden, wenn Christus vor seiner heiligen und immerwährenden Herrschaft wieder kommen wird, so wähnen sie, daß auch Nero einst wieder kommen werde als Vorläufer und Vorbote des Teufels, wenn dieser zur Verwüstung der Erde und zur Ausrottung des menschlichen Geschlechtes erscheinen wird.

3. Domitian, 81—96.

Einige Jahre waren vergangen, da erhob sich ein anderer, nicht minder großer Tyrann, namens Domitian. Obwohl dieser eine verhaßte Herrschaft führte, so konnte er dennoch die längste Zeit den Untertanen auf dem Nacken sitzen und gefahrlos herrschen, bis er die ruchlose Hand wider den Herrn erhob. Nachdem er sich aber zur Verfolgung des gerechten Volkes auf Antrieb der Dämonen hatte verleiten lassen, da geriet er in die Hände seiner Feinde und verfiel der gerechten Strafe. Und es war der Rache noch nicht genug, daß er in seinem eigenen Palaste ermordert wurde; auch das Andenken seines Namens wurde ausgetilgt. Denn obschon er viele wunderbare Bauwerke geschaffen, das Kapitol und andere berühmte Denkmäler errichtet hatte, so verfolgte doch der Senat in dem Grade seinen Namen, daß er von seinen Bildnissen und Inschriften keine Spur mehr übrig ließ und durch eigene Beschlüsse ihn auch nach dem Tode noch brandmarkte zu immerwährender Schmach, Die Verordnungen des Tyrannen wurden aufgehoben und die Kirche nicht bloß im früheren Zustande wieder hergestellt, sondern sie blühte weit lebensvoller und herrlicher wieder auf; und in den folgenden Zeiten, in denen viele treffliche Herrscher das Steuerruder des römischen Reiches führten, streckte die Kirche, durch keinen feindlichen Anfall gestört, nach dem Osten und Westen ihre Arme aus, so daß bald kein Winkel der Erde mehr so entlegen war, wohin nicht die Religion Gottes gedrungen wäre; daß bald kein Volk mehr in so wilden Sitten lebte, daß es sich nicht durch die Annahme der wahren Gottesverehrung zu den Werken der Gerechtigkeit gesänftigt hätte. Hernach wurde freilich der lange Friede unterbrochen.

4. Decius, 249—251.

 Nach Verlauf vieler Jahre trat ein verabscheuungswürdiges Ungeheuer auf, namens Decius, um die Kirche Gottes zu bedrängen4. Denn wer sollte auch die Gerechtigkeit verfolgen außer ein Bösewicht? Und gerade als wäre er zu diesem Behufe zur kaiserlichen Würde erhoben worden, begann er alsbald wider Gott zu wüten, um alsbald gestürzt zu werden. Auf einem Heereszuge gegen die Karpen5, die in Dazien und Mösien6 eingefallen waren, wurde er sogleich von den Barbaren umzingelt und mit einem großen Teile seines Heeres niedergemacht. Und nicht einmal die Ehre des Begräbnisses ward ihm zuteil, sondern beraubt und entblößt blieb er, wie es sich für einen Feind Gottes geziemte, den Raubtieren und Vögeln zum Fraße liegen.

5. Valerian, 253—260.

Nicht lange nachher streckte auch Valerian, von ähnlicher Wut ergriffen, die ruchlosen Hände wider Gott aus und vergoß in ganz kurzer Zeit eine Menge unschuldigen Blutes7. Diesen suchte Gott mit einer neuen und ungewöhnlichen Art der Strafe heim. Er sollte späteren Geschlechtern zur Warnung dienen, daß die Widersacher Gottes immer den gebührenden Lohn für ihre Frevel empfangen. Er geriet in die Gefangenschaft der Perser und verlor nicht nur die Herrschaft, die er zügellos mißbraucht, sondern auch die Freiheit, die er anderen entrissen hatte, und führte in der Knechtschaft ein schimpfliches Leben. So oft nämlich der Perserkönig Sapor, der ihn gefangen genommen hatte, den Wagen oder das Roß besteigen wollte, mußte sich der Römer vor ihm niederkrümmen und ihm den Rücken darbieten; dann setzte ihm der König den Fuß auf den  Nacken, indem er ihm unter Hohngelächter vorhielt, das sei die Wahrheit, nicht die Bilder, welche die Römer auf Tafeln und Wände malten. So lebte er, dem Hohn des Siegers verdientermaßen preisgegeben, eine geraume Zeit, damit der römische Name umso länger den Barbaren zu Spott und Gelächter diente. Und auch das kam ihm zur Strafe noch hinzu, daß er, der einen Kaiser8 zum Sohne hatte, für seine Gefangenschaft und äußerste Knechtschaft keinen Rächer fand, und daß überhaupt niemand seine Rückgabe verlangte. Nachdem er dann ein schimpfliches Leben in solcher Schmach geendigt hatte, wurde ihm die Haut abgezogen und mit roter Farbe getüncht, um im Tempel der barbarischen Götter zum Andenken an den herrlichsten Triumph aufbewahrt zu werden. Dort sollte ihr Anblick unseren Gesandten stets zur Warnung dienen, daß die Römer nicht allzusehr auf ihre Macht vertrauten, wenn sie die Haut des gefangenen Herrschers bei den persischen Göttern schauten. Nachdem nun Gott solche Strafen über die Frevler am Heiligtum verhängt hat, muß man sich da nicht wundern, wenn nachher sich noch jemand unterfangen hat, ich sage nicht, etwas zu tun, sondern auch nur zu denken wider die Majestät des alleinigen Gottes, der das Weltall lenkt und erhält?

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