Essentielle Schriften

Essentielle Schriften – Epiphanius von Salamis

Epiphanius von Salamis war Ende des 4. Jahrhunderts Bischof von Salamis auf Zypern. Er gilt sowohl in der orthodoxen als auch in der römisch-katholischen Kirche als Heiliger und Kirchenvater. Er erwarb sich den Ruf eines entschiedenen Verfechters der Orthodoxie. Am bekanntesten ist er für das “Panarion”, ein sehr umfangreiches Kompendium der Irrlehren bis zu seiner Zeit, voller Zitate, die oft die einzigen erhaltenen Fragmente verbotener Texte sind. Neben Auszügen aus dem “Panarion” finden sich in diesem Werk auch “Der Festgeankerte” (Ancoratus), sowie Gegen die “Antidikomarianiten” (Panarion Haer. 78.) .

Essentielle Schriften

Essentielle Schriften.

Format: eBook/Taschenbuch

Essentielle Schriften.

ISBN eBook: 9783849661922

ISBN Taschenbuch: 9783849665937

 

Auszug aus dem Text:

Häresien des ersten Abschnittes vom ersten Buche.

Wir geben nun nochmal eine andere Übersicht über den ersten Abschnitt des ersten Buches, der seine zwanzig Häresien umfaßt. Fürs erste sind nämlich die Nährmütter und vorbildlichen Formen aller Häresien die folgenden, aus denen die anderen hervorgegangen:

1. Der Barbarismus, der sich in seiner ersten Gestalt von den Tagen Adams über zehn Generationen oder bis auf Noë ausgebreitet hat. Barbarismus heißt er deshalb, weil die damaligen Leute weder einen bestimmten Anführer noch irgendeine Form sozialen Lebens hatten, sondern weil ein jeder für sich wandelte und als Gesetz nur die Willkür der eigenen Neigung kannte.

2. Der Skythismus bestand von den Zeiten Noës an und dann bis zum Turmbau von Babel5 und einige Jahre nach der Zeit des Turmbaues, d. i. bis auf Phaleg und Rhagau. Diese kamen nämlich nach Europa und drangen bis nach Skythien und anderen solchen Völkern vor, zu den Zeiten Thares und darüber hinaus, woher die Thraker abstammen.

3. Der Hellenismus begann mit den Zeiten Seruchs, nämlich mit der förmlichen Abgötterei. Während aber damals jeder für sich irgendeinem Aberglauben folgte, so haben später die Menschen angefangen, zu einer fei neren Form, zu bestimmten Sitten und Gesetzen des Götzendienstes fortzuschreiten. Auf diesem Wege bildeten sie sich ihre Götter, indem sie anfangs in Farben darstellten und nachbildeten diejenigen, welche von altersher bei ihnen in Ehren standen, Tyrannen oder Betrüger, die etwas besonders Denkwürdiges im Leben geleistet haben, durch Tapferkeit oder Körperstärke6 . Nachher aber, von den Zeiten Thares, des Vaters Abrahams, haben sie diesen Wahn des Götzendienstes durch Statuen und Götzenbilder weitergeführt Sie stellten nämlich ihre Ahnen, um sie zu verehren, zuerst in irdenen Statuen bildlich dar; später machten sie das in jeder Kunstform nach Die Baumeister bearbeiteten Steine, die Gold- und Silberschmiede verfertigten Bildwerke in ihrem Materiale, ebenso die Bildhauer usw. Die ersten Urheber dieses abergläubischen Kultus und der Bilder und der Mysterien waren die Ägypter, die Babylonier, dann die Phrygier und Phöniker, von denen diese Dinge schon seit Kekrops zu den Griechen gekommen sind Erst nach sehr langer Zeit haben sie dann angefangen, Kronos und Rhea und Jupiter und Apollo sowie die übrigen Götter zu verehren.

3. Die Hellenen haben ihren Namen von Hellen7 , der in Griechenland lebte und seinem Vaterlande seinen Namen gab. Einige wollen diesen Namen lieber ableiten von elaia, d. i. Ölbaum, welcher in Athen wuchs. Die Stammväter dieses Volkes waren die Joner, welche, wie die Geschichte lehrt, ihren Namen von Jon, dem Sohne eines von denen haben, welche den Turm zu Babel gebaut haben; deshalb heißen sie auch Meroper, von der Teilung der Sprachen her. In der Folgezeit spaltete sich aber der Hellenismus, nämlich in die Sekten der Pythagoräer, Stoiker, Platoniker, Epikureer usw. Aber auch die rechtmäßige Form der Gottesverehrung bestand gleichzeitig weiter mit dem Naturgesetz, das in Kraft blieb. Aber sie hat sich seit Beginn der Welt von diesen Völkern losgelöst und fristete sich hier mitten zwischen Barbarismus, Skythismus und Hellenismus fort, bis sie die Verbindung einging mit der Frömmigkeit Abrahams. Seit den Zeiten Abrahams hat der Judaismus seinen bestimmten Charakter angenommen, ist in Moses, in der siebenten Geschlechtslinie seit Abraham, durch das von Gott gegebene Gesetz auf eine breitere Unterlage gestellt worden und hat endlich nach Juda, dem vierten Sohne Jakobs oder Israels, durch David, den ersten König aus dem Stamme Juda, endgültig den Namen Judaismus erhalten. Die Sekten des Hellenismus sind folgende:

4. Die Pythagoräer oder Peripatetiker [sic!]. Ihre Schulsätze betreffen die Monade und die Vorsehung. Sie verbieten, den Göttern zu opfern, von lebenden Wesen etwas zu genießen, Wein zu trinken. Sie teilen die Welt vom Monde aus: das oberhalb nennen sie unsterblich, das unterhalb sterblich. Die Seelen wandern von einem Körper in den andern, sogar von Tieren und Bestien. Ihr Lehrer Pythagoras war ein Schweiger; sich selbst nannte er Gott.

5. Die Hauptbegriffe der Platoniker sind : Gott, Materie und Idee. Die Welt halten sie für geworden und vergänglich, die Seele aber für ungeworden, unsterblich und göttlich. Sie unterscheiden drei Teile der Seele: Vernunft, Mut [= Wille] und Begierde. Die Weiber sollten allen gemeinschaftlich sein, niemand seine ihm besonders angetraute Frau haben, sondern jeder sollte sich nach Wunsch mit dem Weibe, das ihm zu Willen ist, verbinden. Nach den Platonikern sollten auch die Seelen in verschiedene Leiber, sogar von Tieren, wandern. Ähnlich lassen sie aus einem Gotte mehrere entstanden sein.

6. Die Stoiker halten das All für einen Körper und die sichtbare Well für Gott. Einige suchen auch im Feuer die [letzte] Natur der Dinge; Gott ist ihnen Geist8 , und sie meinen, daß er gleichsam die Seele der ganzen ungeheuren Masse des Himmels und der Erde sei, dessen Leib das All, dessen Auge die Gestirne seien. Alles Fleisch gehe zugrunde, die Seele aber wandere von Körper zu Körper.

7. Die Epikureer lehren, daß kleinste, unteilbare gleichartige und zahllose Körper der Urgrund aller Dinge seien. Das Ziel der Glückseligkeit setzen sie in die Lust. Weder Gott noch Vorsehung hat auf den Lauf der Dinge Einfluß.

8. Der Samaritismus und die Samariter leiten ihren Ursprung aus dem Judentum her, ehe verschiedene Sekten unter den Hellenen entstanden und ihre Lehrsätze Gestalt gewannen, neben dem Bestand der griechischen Gottesverehrung und neben dem Judaismus, ungefähr um die Zeit des Nabuchodonosor und der jüdischen Gefangenschaft. Die ersten Begründer der Sekte wurden nach Judäa aus Assyrien verpflanzt. Sie nehmen nur die fünf Bücher des Moses an, welche der König durch den Priester Esdras ihnen von Babylon geschickt hat. Alles haben sie mit den Juden gleich, das ausgenommen, daß sie die übrigen Völker verabscheuen, niemanden berühren, die Auferstehung der Toten und die anderen Weissagungen nach Moses verwerfen. Der Samaritismus hat sich wieder in vier Sekten geteilt9 .

9. Die ersten sind die Gorthener, welche ihre Feste zu anderer Zeit als die Sebuäer feiern.

10. Die Sebuäer, welche sich eben durch diesen Punkt der Festfeier von den Gorthenern unterscheiden.

11. Die Essener, welche indifferent gegen beide Teile sind und die Festtage mit jenen, bei denen sie sich gerade aufhalten, feiern.

12. Die Dositheer schließen sich in ihren Einrichtungen an die Samariter an. Sie gebrauchen die Beschneidung, den Sabbat und das übrige; ebenso nehmen sie den Pentateuch an. Strenger als alles übrige beobachten sie die Enthaltung von dem Genüsse des Fleisches und fasten sehr lange. Einige unter ihnen pflegen die Jungfräulichkeit, andere die Enthaltsamkeit. Sie glauben an die Auferstehung der Toten, wodurch sie sich von der Lehre der Samariter unterscheiden.

13. Das Judentum hat sieben Sekten, und zwar:

14. Die Schriftgelehrten waren Gesetzesgelehrte und „Wiederholer“ [Deuterotai] der Überlieferungen, welche sie von ihren Ältesten überkommen. Sie beobachteten mit übertriebenem Eifer Satzungen, die sie nicht aus dem Gesetze gelernt haben, sondern die sie sich selbst als besondere Satzungen und Zeremonien der Gesetzesgerechtigkeit auferlegt haben.

15. Die Pharisäer, was soviel bedeutet wie „die Abgesonderten“, führen ein Leben der Vollkommenheit und wollen gerechter sein als die andern. Sie verteidigen mit den Schriftgelehrten eine Auferstehung der Toten, glauben an den Engel des Hl. Geistes10 Ihre ganze Lebensart ist distinguiert. Sie beobachten Enthaltsamkeit auf bestimmte Zeit, auch Jungfräulichkeit. Sie fasten den Sabbat über, pflegen Krüge, Schüssel und Becher fleißig zu „reinigen“, wie das auch die Schriftgelehrten tun; sie geben Zehent und Erstlingsfrüchte, beten anhaltend, pflegen gerne eigene Gebräuche und besondere Kleidungsart, nämlich Dalmatiken oder Unterkleider mit kurzen Ärmeln, ferner breite Phylakterien, d. i. Purpurstreifen und Fransen, ebenso Granatäpfel, welche am Kleidersaume befestigt sind und ihre zeitweilige Enthaltsamkeit andeuten sollen. Sie haben auch die Lehre von einem unvermeidlichen Schicksale eingeführt.^ Auch die Schlagwörter „Entwicklung“ und „Schicksal“ haben sie sich zu eigen gemacht.

16. Die Sadduzäer heißen verdeutscht: Gerechteste. Sie sind von den Samaritern und haben ihren Ursprung von einem Priester Sadok. Sie verwerfen die Auferstehung der Toten, leugnen Engel und Geist, sind aber sonst Juden.

17. Die Hemerobaptisten unterscheiden sich in nichts anderem von den Juden, als daß sie glauben, es sei zum ewigen Leben unerläßlich notwendig, sich alltäglich zu waschen.

18. Die Ossener, ihrem Namen nach die Frechen, taten alles nach der Vorschrift des Gesetzes, gebrauchten aber noch andere Schriften neben dem Gesetze und verwarfen die meisten der späteren Propheten.

19. Die Nassaräer, was soviel heißt als: die Wilden, verbieten den Fleischgenuß und essen überhaupt nichts vom lebenden Tiere. Sie nehmen alle Patriarchen an, welche im Pentateuch bis zu den Zeiten des Moses und Jesus, des Sohnes des Nun, vorkommen und schenken ihnen Glauben; also Abraham, Isaak und Jakob und alle älteren, ebenso Moses, Aaron und Jesus. Übrigens glauben sie nicht, daß der Pentateuch von Moses her rühre, und rühmen sich, andere heilige Schriften neben diesem zu haben.

20. Die Herodianer waren solche Juden, welche Herodes für Christus hielten und ihm Christi Namen und Ehren beilegten11 .

Das ist der erste Abschnitt, welcher zwanzig Häresien enthält. In demselben wird letztlich gehandelt von der Menschwerdung Christi und von dem Bekenntnisse der Wahrheit, welche eben einzig und allein der wahre Gottesglaube ist.

Bis hierher wird [im Panarion die Wiederlegung jener zwanzig Häresien gegeben12 ] und [dann] vom wahren Glauben und der Menschwerdung Christi gehandelt.

  …

Dieser Beitrag wurde unter Die Schriften der Kirchenväter veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.