Das blaue Märchenbuch

Das blaue Märchenbuch.

Dieses Buch enthält eine breit gefächerte Palette von Märchen, darunter sieben sehr bekannte Werke der Gebrüder Grimm, fünf von Madame d’Aulnoy, drei aus “Tausendundeiner Nacht” und vier weniger bekannte norwegische Märchen. Dies sind aber nur neunzehn der insgesamt siebenunddreißig Märchen, die aus ganz verschiedenen Quellen stammen. Aber das blaue Märchenbuch ist kein Märchenbuch wie jedes andere. Nicht nur wurden die Märchen komplett neu übersetzt, was auch für die eigentlich deutschen Erzählungen gilt, die aus dem Englischen – sozusagen – rückübersetzt wurden. Dadurch erhielten die Geschichten nicht nur ein neues Flair, sondern wurden auch viel lesbarer. In diesem voll illustrierten Werk finden sich Klassiker wie “Der bronzene Ring”, “Prinz Hyazinth und die liebe kleine Prinzessin”, “Östlich der Sonne, westlich des Mondes”, “Der gelbe Zwerg”, “Rotkäppchen”, “Dornröschen”, “Aschenputtel”, “Aladin und die Wunderlampe”, “Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen”, “Rumpelstilzchen”, “Die Schöne und das Biest”, “Die Meistermagd”, “Warum das Meer salzig ist”, “Der gestiefelte Kater”, “Felicia und die Nelken”, “Die weiße Katze”, “Die Wasserlilie und die Goldspinnerinnen”, “Der schreckliche Kopf”, “Die Geschichte vom schönen Goldlöckchen”, “Die Geschichte von Dick Whittington”, “Das wundersame Schaf”, “Der kleine Däumling”, “Ali Baba und die vierzig Räuber”, “Hänsel und Gretel”, “Schneeweißchen und Rosenrot” und viele mehr. Fliegen Sie mit ins Märchenland!

Das blaue Märchenbuch

Das blaue Märchenbuch.

Format: eBook/Taschenbuch.

Das blaue Märchenbuch.

ISBN eBook: 9783849659592

ISBN Taschenbuch: 9783849668839

 

DER BRONZENE RING

Es war einmal in einem gewissen Land ein König, dessen Palast von einem großen Garten umgeben war. Doch obwohl es viele Gärtner gab und der Boden gut war, brachte dieser Garten weder Blumen noch Früchte hervor, ja noch nicht einmal Gras oder schattenspendende Bäume.

Der König verzweifelte daran, als ein weiser alter Mann zu ihm sagte:

“Eure Gärtner verstehen ihr Geschäft nicht: aber was könnt ihr von Männern erwarten, deren Väter Schuster und Zimmerleute waren? Wie sollten sie gelernt haben, Euren Garten zu pflegen?”

“Ihr habt ganz recht”, rief der König.

“Deshalb”, fuhr der alte Mann fort, “sollten Sie nach einem Gärtner schicken, dessen Vater und Großvater schon Gärtner waren, und schon bald wird Ihr Garten voll von grünem Gras und leuchtenden Blumen sein, und Sie werden seine köstlichen Früchte genießen.

Also sandte der König Boten in jede Stadt, jedes Dorf und jeden Weiler in seinem Reich, um einen Gärtner zu suchen, dessen Vorfahren ebenfalls Gärtner gewesen waren, und nach vierzig Tagen wurde einer gefunden.

“Komm mit uns und werde Gärtner des Königs”, sagten sie zu ihm.

“Wie sollte ich zum König gehen”, sagte der Gärtner, “ein armer Kerl wie ich?”

“Das ist doch unwichtig”, antworteten sie. “Hier sind neue Kleider für dich und deine Familie.”

“Aber ich schulde mehreren Leuten Geld.”

“Wir werden deine Schulden bezahlen”, sagten sie.

Der Gärtner ließ sich also überreden, ging mit den Boten weg und nahm seine Frau und seinen Sohn mit; und der König, der sich freute, einen echten Gärtner gefunden zu haben, vertraute ihm die Pflege seines Gartens an. Der Mann hatte keinerlei Schwierigkeiten, den königlichen Garten mit Blumen und Früchten zu bepflanzen, und am Ende eines Jahres war der Garten nicht mehr derselbe Ort, und der König überhäufte seinen neuen Diener mit Geschenken.

Der Gärtner hatte, wie ihr bereits gelesen habt, einen Sohn, der ein sehr hübscher junger Mann mit sehr angenehmen Umgangsformen war und jeden Tag die besten Früchte des Gartens zum König und die schönsten Blumen zu dessen Tochter trug. Nun war diese Prinzessin wunderbar hübsch und gerade sechzehn Jahre alt, und der König hielt es langsam für an der Zeit, sie zu verheiraten.

“Mein liebes Kind”, sagte er, “du bist in einem Alter, in dem du dir einen Ehemann nehmen solltest, deshalb denke ich darüber nach, dich mit dem Sohn meines Premierministers zu verheiraten.”

“Vater”, antwortete die Prinzessin, “ich werde niemals den Sohn des Ministers heiraten.”

“Warum nicht?”, fragte der König.

“Weil ich den Sohn des Gärtners liebe”, antwortete die Prinzessin.

Als der König dies hörte, war er zunächst sehr wütend; dann weinte und seufzte er und erklärte, dass ein solcher Ehemann seiner Tochter nicht würdig sei; aber die junge Prinzessin konnte nicht von ihrem Entschluss abgebracht werden, den Sohn des Gärtners zu heiraten.

Da konsultierte der König seine Minister. “Ihr solltet Folgendes tun”, sagten sie. “Um den Gärtner loszuwerden, müsst Ihr beide Verehrer in ein sehr weit entferntes Land schicken, und derjenige, der zuerst von dort zurückkehrt, soll Eure Tochter heiraten. “

Der König folgte diesem Rat, und der Sohn des Ministers erhielt ein prächtiges Pferd und eine Geldbörse voller Goldstücke, während der Sohn des Gärtners nur ein altes, lahmes Pferd und eine Geldbörse voller Kupfergeld bekam, und jeder dachte, er würde nie von seiner Reise zurückkehren.

Am Tag, bevor es losging, traf die Prinzessin ihren Geliebten und sagte zu ihm:

“Sei mutig und denke immer daran, dass ich dich liebe. Nimm diesen Beutel voller Juwelen, nutze sie aus Liebe zu mir so gut wie möglich, und komm schnell zurück und halte um meine Hand an.”

Die beiden Verehrer verließen gemeinsam die Stadt, aber der Sohn des Ministers ritt auf seinem guten Pferd im Galopp los und war schon bald hinter den entferntesten Hügeln außer Sichtweite. Er ritt einige Tage dahin und erreichte bald einen Brunnen, neben dem eine alte, in Lumpen gehüllte Frau, auf einem Stein saß.

“Guten Tag, junger Reisender”, sagte sie.

Aber der Sohn des Ministers antwortete nicht.

“Hab Mitleid mit mir, Reisender”, sagte sie erneut. “Ich sterbe vor Hunger, wie du siehst, bin seit drei Tagen hier und niemand hat mir etwas gegeben.”

“Lass mich in Ruhe, alte Hexe”, rief der junge Mann, “ich kann nichts für dich tun.” Und so machte er sich wieder auf den Weg.

Am selben Abend ritt der Sohn des Gärtners auf seinem lahmen, grauen Pferd zum Brunnen hinauf.

“Guten Tag, junger Reisender”, sagte die Bettlerin.

“Guten Tag, gute Frau”, antwortete er.

“Junger Reisender, hab Mitleid mit mir.”

“Nimm meine Geldbörse, gute Frau”, sagte er, “und steige hinter mir auf; deine Beine werden wohl nicht mehr die kräftigsten sein.”

Die alte Frau musste nicht zweimal gebeten werden, sondern stieg hinter ihm auf, und auf diese Weise erreichten sie die Hauptstadt eines mächtigen Königreichs. Der Sohn des Ministers quartierte sich in einem großen Gasthaus ein, der Sohn des Gärtners und die alte Frau stiegen im Gasthaus für Bettler ab.

Am nächsten Tag hörte der Sohn des Gärtners großen Lärm auf der Straße, als die Herolde des Königs vorbeikamen, alle möglichen Instrumente bliesen und riefen:

“Der König, unser Herr, ist alt und gebrechlich. Er wird demjenigen eine große Belohnung geben, der ihn heilen und ihm die Kraft seiner Jugend zurückgeben kann.”

Da sagte die alte Bettlerin zu ihrem Wohltäter:

“Das ist es, was du tun musst, um die Belohnung zu erhalten, die der König verspricht. Gehe durch das Südtor aus der Stadt heraus, wo du drei kleine Hunde in verschiedenen Farben finden wirst; der erste wird weiß, der zweite schwarz und der dritte rot sein. Du musst sie töten und dann getrennt verbrennen und die Asche einsammeln. Stecke die Asche jedes Hundes in einen Sack in seiner jeweiligen Farbe und gehe dann vor die Tür des Palastes und rufe: ‘Ein berühmter Arzt ist aus Janina in Albanien gekommen. Nur er kann den König heilen und ihm die Kraft seiner Jugend zurückgeben.’ Die Ärzte des Königs werden sagen: ‘Das ist ein Betrüger und kein gelehrter Mann’, und sie werden alle möglichen Schwierigkeiten machen, aber du wirst sie schließlich ausstechen und den kranken König sehen. Dann musst du so viel Holz verlangen, wie drei Maultiere tragen können, und einen großen Kessel; anschließend musst du dich mit dem Sultan in einem Raum einschließen, und wenn der Kessel kocht, musst du ihn hineinwerfen und ihn drin lassen, bis sein Fleisch vollständig von seinen Knochen abgelöst ist. Dann ordne die Knochen richtig an und wirf die Asche aus den drei Säcken über sie. Der König wird wieder lebendig werden und genauso sein, wie er mit zwanzig Jahren war. Als Belohnung musst du den Bronzering verlangen, der die Macht hat, dir alle Wünsche zu erfüllen. Geh, mein Sohn, und vergiss keine meiner Anweisungen.”

Der junge Mann folgte den Anweisungen der alten Bettlerin. Als er die Stadt verließ, fand er die weißen, roten und schwarzen Hunde, tötete und verbrannte sie und sammelte die Asche in drei Säcken. Dann rannte er zum Palast und rief:

“Ein berühmter Arzt ist gerade aus Janina in Albanien gekommen. Nur er kann den König heilen und ihm die Kraft seiner Jugend zurückgeben.”

Die Ärzte des Königs lachten zunächst über den unbekannten Wanderer, doch der Sultan befahl, den Fremden einzulassen. Sie brachten den Kessel und die Ladung Holz, und schon bald kochte der König vor sich hin. Gegen Mittag ordnete der Sohn des Gärtners die Knochen ordnungsgemäß an, und kaum hatte er die Asche über sie verstreut, erwachte der alte König wieder zum Leben und war wieder jung und kräftig.

“Wie kann ich dich belohnen, mein Wohltäter?”, rief er. “Willst du die Hälfte meiner Schätze?”

“Nein”, sagte der Sohn des Gärtners.

“Die Hand meiner Tochter?”

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