Kleine Frauen, Band 2: Der Ernst des Lebens (Deutsche Neuübersetzung)

Kleine Frauen, Band 2: Der Ernst des Lebens (Deutsche Neuübersetzung) – Louisa May Alcott

Wer den ersten Teil der Geschichte der Familie March, “Kleine Frauen, Band 1: Jugendträume” gelesen hat, wird sich nichts sehnlicher wünschen, als zu erfahren, wie es wohl weitergeht. Was passiert mit Meg und ihrem John, nachdem sie sich endlich gefunden haben? Wird Amy den Reichtum und den Luxus finden, den sie sich immer gewünscht hat? Wird die burschikose Jo doch noch ihre frauliche Ader entdecken? Und wird die kranke Beth endlich ganz gesund? Alle Fragen beantwortet die Autorin in ihrem ehrlichen, aber nie moralisierenden Stil. Drei Jahre sind vergangen seit dem Ende des ersten Teils – tauchen Sie wieder ein in das Leben einer Familie mit mittlerweile vier erwachsenen Mädchen.

Kleine Frauen, Band 2: Der Ernst des Lebens (Deutsche Neuübersetzung)

Kleine Frauen, Band 2: Der Ernst des Lebens (Deutsche Neuübersetzung).

Format: Taschenbuch/eBook.

Kleine Frauen, Band 2: Der Ernst des Lebens (Deutsche Neuübersetzung).

ISBN Taschenbuch: 9783849654481

ISBN eBook: 9783849669027

 

Auszug aus dem ersten Kapitel:

 

Damit wir neu anfangen und mit klarem Kopf auf Megs Hochzeit gehen können, sollten wir mit etwas Klatsch und Tratsch über die Marchs beginnen. Und hier möchte ich vorausschicken, dass ich durchaus befürchte, dass manche der Älteren denken werden, dass es zu viel “Liebesgeplänkel” in dieser Geschichte gibt (ich glaube kaum, dass junge Leute damit Probleme haben). Da kann ich nur mit Mrs. March sagen: “Was soll man erwarten, wenn man vier fröhliche Mädchen im Haus hat und einen schneidigen jungen Nachbarn genau gegenüber?”

Die drei Jahre, die vergangen sind, haben der ruhigen Familie nur wenige Veränderungen beschert. Der Krieg ist vorbei, und Mr. March ist sicher zu Hause. Er beschäftigt sich mit seinen Büchern und der kleinen Pfarrei, die in ihm einen genauso natürlichen wie begabten Diener gefunden hat – einen ruhigen, fleißigen Menschen, reich an der Weisheit, die jede Gelehrtheit aussticht, der Nächstenliebe, die die ganze Menschheit “Bruder” nennt, und der Frömmigkeit, die Charakter formt und sie erhaben und schön macht.

Diese Eigenschaft brachten ihm trotz Armut und der strengen Integrität, die ihm weltlichere Genüsse verwehrte, viele Bewunderer ein. So natürlich wie süße Kräuter Bienen anziehen, so natürlich gab er ihnen den Honig, in den fünfzig Jahre harte Erfahrung keinen einzigen bitteren Tropfen gemischt hatten. Aufrichtige junge Männer fanden den grauhaarigen Weisen so jung im Herzen wie sie selbst; nachdenkliche oder beunruhigte Frauen brachten instinktiv ihre Zweifel und Sorgen zu ihm und waren sicher, das ehrlichste Mitleid und den weisesten Rat zu bekommen; Sünder erzählten dem alten Mann mit dem reinen Herzen ihre Vergehen und wurden sowohl getadelt als auch gerettet; begabte Männer fanden einen Begleiter in ihm; ehrgeizige Männer bekamen Einblicke in edlere Ambitionen als ihre eigenen; und selbst Weltenbummler gestanden, dass sein Glaube schön und wahr war, obwohl er sich “nicht auszahlen würde.”

Für Außenstehende schienen die fünf energischen Frauen das Haus zu regieren, und das taten sie auch in vielerlei Hinsicht; aber der stille Gelehrte, der zwischen seinen Büchern saß, war immer noch das Oberhaupt der Familie, das Gewissen des Haushalts, der Anker und der Tröster; denn an ihn wandten sich die beschäftigten, bemühten Frauen immer in unruhigen Zeiten und fanden in ihm im wahrsten Sinne dieser geweihten Wörter, Ehemann und Vater.

Die Mädchen gaben ihre Herzen in die Obhut ihrer Mutter, ihre Seelen in die ihres Vaters; und beiden Eltern, die so treu für sie lebten und arbeiteten, schenkten sie eine Liebe, die mit ihrem Älterwerden wuchs, und banden sich zärtlich an sie durch die süßeste Verbindung, die das Leben segnet und den Tod überlebt.

Mrs. March ist noch genauso lebhaft und fröhlich, wenn auch etwas grauer, als damals, als wir sie zuletzt getroffen haben, und gerade jetzt so sehr in Megs Angelegenheiten vertieft, dass die Krankenhäuser und Heime, immer noch voll von verwundeten “Jungen” und Soldatenwitwen, die Besuche der mütterlichen Missionarin entschieden vermissen.

John Brooke erfüllte mannhaft ein Jahr lang seine Pflicht, wurde verwundet, nach Hause geschickt und durfte nicht zurückkehren. Er erhielt keine Orden oder Ehrungen, aber er hätte sie verdient, denn er riskierte aus vollem Herzen alles, was er besaß; und Leben und Liebe sind sehr wertvoll, wenn beide in voller Blüte stehen. Da ihm seine Entlassung ziemlich gleichgültig war, widmete er sich der Genesung, der Vorbereitung auf das Geschäftsleben und dem Erwerb eines Hauses für Meg. Mit dem gesunden Menschenverstand und der robusten Unabhängigkeit, die ihn kennzeichneten, lehnte er Mr. Laurences großzügige Angebote ab und nahm die Stelle eines Buchhalters an, der sich zunächst mit einem ehrlich verdienten Gehalt zufriedener fühlte, als mit geliehenem Geld Risiken einzugehen.

Meg hatte die Zeit damit verbracht, zu arbeiten und zu warten, weiblicher zu werden, weiser in der Kunst der Hausfrauen und hübscher denn je; denn die wahre Liebe verleiht echte Schönheit. Sie hatte ihre mädchenhaften Ambitionen und Hoffnungen und war etwas enttäuscht über die bescheidene Art und Weise, wie das neue Leben beginnen musste. Ned Moffat hatte gerade Sallie Gardiner geheiratet, und Meg konnte nicht anders, als ihr schönes Haus und ihre Kutsche, ihre vielen Geschenke und ihr prächtiges Gewand mit ihrem eigenen zu vergleichen, und wünschte sich insgeheim, sie könnte dasselbe haben. Aber irgendwie verschwanden Neid und Unzufriedenheit bald, als sie an all die geduldige Liebe und Arbeit dachte, die John in das kleine Heim gesteckt hatte, das sie erwartete; und wenn sie in der Dämmerung zusammensaßen und über ihre kleinen Pläne sprachen, leuchtete die Zukunft immer so schön und hell, dass sie Sallies Pracht vergaß und sich als das reichste, glücklichste Mädchen der Christenheit fühlte.

Jo ging nie zurück zu Tante March, denn die alte Dame fand so viel Gefallen an Amy, dass sie sie mit dem Angebot bestochen hat, Zeichenunterricht bei einem der besten Lehrer zu nehmen; und um dieses Vorteils willen hätte Amy einer weitaus härteren Meisterin gedient. So gab sie ihren Morgen dem Dienst und ihre Nachmittage dem Vergnügen hin und blühte auf. Jo widmete sich in der Zwischenzeit der Literatur und natürlich Beth, die lange Zeit schwächlich war, nachdem das Fieber der Vergangenheit angehörte. Sie war nicht wirklich eine Invalide, aber auch nie wieder das rosige, gesunde Geschöpf, das sie gewesen war; doch immer hoffnungsvoll, glücklich und gelassen, beschäftigt mit den ruhigen Aufgaben, die sie liebte, jedem einzelnen im Haus ein Freund und ein Engel, lange bevor diejenigen, die sie am meisten liebten, dies bemerkt hatten.

Solange der “Spread Eagle” ihr für ihren “Müll”, wie sie es nannte, einen Dollar pro Spalte zahlte, fühlte sich Jo als gut bemittelte Frau und spann fleißig ihre kleinen Romanzen. Aber große Pläne wuchsen in ihrem geschäftigen Gehirn und ehrgeizigen Geist, und die alte Blechküche im Dachgeschoss hielt einen langsam wachsenden Haufen befleckter Manuskripte bereit, die eines Tages den Namen March auf die Ruhmesliste setzen sollten.

Laurie, der pflichtbewusst zum College gegangen war, um seinem Großvater einen Gefallen zu tun, kam nun hervorragend damit zurecht und hatte seinen Spaß. Dank seines Geldes, seiner Manieren, viel Talent und dem freundlichsten Herzen, das je einen Besitzer in Schwierigkeiten gebracht hat, indem er versuchte, andere Leute aus genau diesen zu retten, war er überall beliebt; aber genau deswegen stand er auch in großer Gefahr, verzogen zu werden, und genau das wäre wahrscheinlich, wie bei vielen anderen vielversprechende Jungen, auch passiert, wenn er nicht einen Talisman gegen das Böse besessen hätte – nämlich einerseits die Erinnerung an den freundlichen, alten Mann, der nur seinem Erfolg ergeben war, andererseits die mütterliche Freundin, die über ihn wachte, als wäre er ihr Sohn, und nicht zuletzt das Wissen, dass vier unschuldige Mädchen ihn von ganzem Herzen liebten, bewunderten und an ihn glaubten.

Da er nun “ein prächtiger Junge” war, scherzte und flirtete er natürlich, wurde geckenhaft, übermütig, sentimental oder wütend, so wie es halt am College Mode war; man schikaniert und wurde schikaniert, sprach Slang, und mehr als einmal stand er kurz vor der Suspendierung oder einem Rauswurf. Aber da Übermut und die Liebe zum Scherz die Ursachen dieser Streiche waren, gelang es ihm immer, sich durch offene Bekenntnis, ehrenrührige Buße oder die unwiderstehliche Überzeugungskraft, die er in Perfektion besaß, zu retten. Tatsächlich war er sogar stolz auf sein knappes Entkommen und begeisterte die Mädchen gerne mit ausführlichen Berichten über seine Triumphe über wütende Lehrer, würdevolle Professoren und besiegte Feinde. Die “Männer meiner Klasse” waren in den Augen der Mädchen Helden, die der Taten “unserer Gefährten” nie müde wurden, und durften sich häufig im Lächeln dieser großartigen Geschöpfe sonnen, wenn Laurie sie mit nach Hause nahm.

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