Andachten

Andachten – Johann Friedrich Arndt

Arndt glit als einer der bedeutendsten Prediger des 19. Jahrhunderts und hatte sehr großen Einfluss am königlichen Hof. In diesem Buch finden sich fast vierzig seiner schönsten Andachten, jeweils thematisch bezogen auf einzelne Bücher des Alten und Neuen Testaments.

Andachten

Andachten.

Format: Paperback, eBook

Andachten.

ISBN: 9783849665920 (Paperback)
ISBN: 9783849661915  (eBook)

 

Auszug aus dem Text:

Andachten zu 1. Mose – Genesis

  1. Mose 3,15

Gott rufe noch; sollt’ ich nicht endlich hören?

Wie lass’ ich mich bezaubern und betören!

1 Mos 3,15

 

Der Weibessame soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.

Advent ist die Zeit der Verheißungen auf Christum. Die Reihe der Verheißungen eröffnet die Weissagung vom Weibessamen und Schlangentreter, an Eva gegeben nach dem Falle im Paradiese. Sie wird von der Kirche das Urevangelium genannt, und sie ist es, ist der Inbegriff des ganzen Evangeliums. Jesu Geburt, Jesu Tod, Jesu Kampf und Sieg, Jesu Herrschaft und Herrlichkeit, und daß Er dem Satan die Macht genommen hat, daß im Fluche der Segen liegt, d es Feindes Fall unser Auferstehen, des Feindes Not unser Brot, des Feindes Tod unser Leben ist: das Alles liegt in diesen verheißungsvollen Worten ausgesprochen. Dieses Wort mußte schon bei unsern Stammeltern mächtig alle Tränen trocknen, und ihren Lebenshimmel in die Farbe der Morgenröte kleiden und Tag und Nacht wie Geläut einer hellen, fröhlichen Adventsglocke über ihrem Haupte tönen. Dieses Wort mußte ihnen werden zum Stern in ihren Nächten, und zum offnen Brünnlein, daraus sie mitten auf dem fluchbeladenen Distelfelde Mut und Friede tranken. Dieses Rettung verheißende Wort hob sie wie auf Engelsflügeln über alles Drückende und Beschwerliche ihrer Lage hinweg und machte ihr Herz wieder frei und froh zu Dem, von dem sie so schnöde sich losgerissen. – O so lobe denn auch meine Seele den Herrn, und vergiß nicht, was Er dir Gutes getan hat! Was ist’s nun doch, daß ich mit Adam von meiner Höhe sank, da sich ein solches Erbarmen meiner angenommen! Auf einem solchen Dornenacker läßt sich wohl noch leben, wo eine solche Gottesliebe ihre Arme nach mir ausstreckt. In einem solchen Tränenthale ist es noch wohl auszuhalten, auf dessen Trübsalswegen mir eine solche Huld begegnet. Wie trüb und dunkel es denn auch um mich aussieht: es strahlt doch das Versöhnungskreuz in diesen Wolken! Eine ewige Zuflucht sehe ich doch geöffnet; es wandelt durch das Nachtstück meines Lebens ein Sünderheiland; und an den Säulen dieser Erde steht ein großer Name: „Immanuel!“ Den Namen lesen, und niedersinken, und frohlocken, und das Paradies nicht mehr vermissen, das kann nur Eins sein. Und ist der Lebensadvent schon durch Seine Gnade schön: wie viel schöner wird erst der ewige Christtag sein! Hosianna dem Sohne Davids! Komm, Herr Jesu! Amen.

Wach auf, du werte Christenheit,

nimm wahr der freudenreichen Zeit,

dein Heil ist nun vorhanden,

der helle Tag ist wiederbracht,

vergangen ist die finstre Nacht

und große Freud erstanden.

Denn Gottes Sohn kommt uns zu gut,

nimmt an des Menschen Fleisch und Blut,

und will am Kreuze sterben.

Wohl dem, der seine Zuversicht

und Glauben hat auf Ihn gericht,

der wird das Reich ererben.

Durch das gehörte Wort allein

kehrt Er bei jedem Christen ein,

der’s nur nimmt recht zu Herzen.

Wer so nicht spürt des Herrn Advent

und Ihn durch’s Wort nicht recht erkennt,

der wird das Heil verscherzen.

Hilf, Vater, hilf, Du wahres Licht,

wenn halten wird Dein Sohn Gericht,

daß wir recht wohl bestehen,

und wie die Jungfraun, klug und fein,

mit Lampen schön gezieret sei,

zur Hochzeit einzugehen.

  1. Mose 49,9-12.

Als Jacob auf seinem Sterbebette lag und seine Kinder alle um sein Lager versammelt hatte, that er als ein Prophet Gottes über einen jeden einen Spruch. alle diese Sprüche waren wunderbar, keiner aber wunderbarer, als den er über Juda that. Er verhieß ihm nicht allein Sieg und Macht über alle seine Feinde, sondern auch königliche Gewalt und Herrschaft über seine Brüder und alle Stämme Jacobs. Deßhalb nennt er ihn auch einen jungen Löwen, der, wenn er vom Raube gesättigt, zu den Bergen zurückkehrt, daselbst nun sich niederläßt und im Gefühl seiner Kraft erwartet, ob ihn sammt der Löwin und ihren Jungen Jemand angreifen werde. Das ist nun Alles erfüllt, denn es ist Juda der königliche Stamm geworden, der Heerführer der andern, aus welchem auch David entsprossen ist, der wie ein Löwe alle seine Feinde erwürget hat und ist König worden über alle Stämme Israels. Noch herrlicher ist es erfüllt worden, da Christus kam, welcher aus dem Stamme Juda nach dem Fleisch geboren ist, auch genannt wird in der Schrift der Löwe aus dem Stamme Juda (Offbg. 5,5), darum, daß Er, nachdem Er gleichsam niedergekniet und sich erniedrigt zum Leiden des Todes, hoch kommen ist und als ein König seines Volks und Ueberwinder aller seiner Feinde erwartet, wer sich wider Ihn auflehnen werde. Denselben verkündigt Jacob noch deutlicher, wenn er Ihn den Helden und Gesetzgeber nennt, dem die Völker werden anhangen; wenn er nicht nur die Fruchtbarkeit und den Weinreichthum des Landes Juda rühmt, sondern auch den edlen Reben und Weinstock, an den die jüdische Kirche und die ganze Welt sollte gebunden werden, Jesum Christum, preist und seine Farben roth und weiß nennt, roth vom Blut, das Er für die Sünder vergossen, und weiß wie die Unschuld. Du hast gesiegt, Du Löwe aus dem Stamme Juda, Sünde, Tod, Teufel und Hölle liegt zu Deinen Füßen, wer will sich wider Dich auflehnen? Deine Brüder aber loben Dich, daß Du sie erlöset hast von der Hand ihrer Feinde, und kennen keinen andern Helfer und Meister als Dich. Komm heran, Du Held, gürte Dein Schwerdt an Deine Seite, zeuch einher der Wahrheit zu gute, und führe Dein Gericht zum Siege hinaus, damit Deines Vaters Kinder sich alle vor Dir neigen. Amen.

  

Andachten zum Psalter

Psalm 1

Vor Gott gibt es keine Mittelklassen, sondern nur zwei Klassen von Menschen: Gottlose und Gerechte. jene bilden drei Stufen: Gottlose im engeren Sinne, ungöttliche Menschen, die kein Leben aus Gott haben, sondern nur von der Welt sind, dann Sünder, bei denen das innere Verderben nicht mehr verborgen, sondern herausgetreten ist in mehr oder minder groben Ausbrüchen, welche bis zur Leidenschaft, bis zum Laster erreifen; sie fallen von einer offenbaren Sünde in die andere, und werden zuletzt Spötter und Verräther alles Heiligen. So geht es mit ihnen immer tiefer herunter, bis sie sterben, und die Seele dann entblößt dasteht und schnell dann dem anheimfällt, dem sie innerlich angehört. Traurige Zukunft der Gottlosen! Ihnen ist nicht wohl, wie den Gerechten, sie bestehen in keinem göttlichen Gerichte, sie haben sich selbst ausgeschieden aus der Gemeinde Gottes, und die ganze Summe ihrer Grundsätze, Wünsche, Pläne und Hoffnungen wird zuletzt in ihrer Nichtigkeit offenbar. – Wie ganz anders die Gerechten, deren Lust es ist, Gottes geoffenbartes Wort zu lesen und zu lernen, zu hören und zu verstehen! Wie sie wachsen wie Bäume in der Gnade durch die beständigen Geisteszuflüsse von oben! Wie sie Früchte des Glaubens und der Treue, der Liebe und des Gehorsams und der Hoffnung des ewigen Lebens tragen! Wie ihre Werke in lange dauerndem Segen bleiben und ihnen nachfolgen in die Ewigkeit! Wie der Herr sich zu ihnen und ihrem Wege bekennt! – Herr, bewahre meine Worte vor der Gemeinschaft, vor den Rathschlägen und Spottreden der Gottlosen, ja, vor jeder Lust an der Sünde, und gib mir Gnade, daß ich meine einzige Lust an Deinem Worte habe, darnach meinen Gang, meine Worte und Werke einrichte, täglich den einen oder andern Spruch in meinen Gedanken habe, damit aus- und eingehe, in Deiner heiligen Furcht wandle, davon gern rede und mich Deiner niemals schäme. Laß diesen ersten Psalm zeitlebens meine Lebensregel bleiben, und wenn ich davon weiche, führe mich zurück. Amen.

Psalm 2.

Die Wahrheit dieser Worte hat besonders das Osterfest bewährt. Da hast Du freilich, ewiger und mächtiger Gott, Deinen Sohn zum Könige in Deiner Kirche auf Deinem heiligen Berge Zion eingesetzt, daß Er ihr Haupt, Regent und Beschützer sein soll. Laß Ihn nun auch in mir seine köstliche Regierung aufrichten, daß Er regiere meine Gedanken, damit ich beständig mit Dir umgehe, an Dich denke, mich Deiner Liebe erfreue, wo ich aus- und eingehe, arbeite und bin, mir Deine heilige Gegenwart vorstelle; – daß Er meine Zunge und Lippen regiere, damit nichts Unreines vorgebracht werde, sondern ich sie aufthue zu Deinem Lobe, zum Nutzen des Nächsten und meinem Beruf ein Genüge zu thun; – daß Er regiere mein Leben, meine Gänge, damit ich als ein Kind Gottes auf Dein Gebot und Deinen Willen sehe. O seliges Leben, wenn Jesus mein König ist! Unter Seiner Regierung ist mir wohl. Er bewahrt mich vor schweren Rückfällen, schenkt mir seinen heiligen Geist zum Führer und Tröster, der mich heilige, Welt und Sünde mir bitter mache. Andere Könige nehmen von ihren Unterthanen Geschenke und Gaben, lassen sich Schoß und Zoll zahlen; aber mein Jesus schenkt mir herrliche, himmlische und ewige Gaben hier in der Zeit und unaussprechliche Güter in der Ewigkeit. Er kleidet mich mit seiner Gerechtigkeit, wäscht mich von Sünden mit seinem Blut, und bringt mich endlich zum völligen Genuß seines Königreichs. Indessen gibt Er mir Kraft, wider die Sünde zu streiten. Darum toben die Völker, mein Fleisch und Blut widerstrebt dieser Regierung, die Welt lacht darüber; allein ich befinde mich wohl dabei. Mein Jesu, sei und bleibe heute und allezeit mein König, Licht und Leben, ich entsage allen Dingen ab und übergebe mich Dir mit ganzem Herzen und Willen. Lösch’ alle Sünden aus in mir, mein Herz mit Lieb’ und glauben zier’, und was sonst ist von Tugend mehr, das pflanz’ in mir zu Deiner Ehr’! Amen.

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