Bayrische G’schichten – Lena Christ
Dieser Band enthält folgende Kurzgeschichten der beliebten bayerischen Autorin: “Die Freier”, “Die Scheidung”, “Die blaue Krugel”, “Die Hochzeiterinnen”, “Der Guldensack”, “Der Schatz des Toten”, “Henn um Henn – Hahn um Hahn”, u.v.a.
Format: eBook/Taschenbuch
Bayrische G’schichten.
ISBN eBook: 9783849654948
ISBN Taschenbuch: 9783849669430
Auszug aus “Die Freier”:
Der Moserbauer von Kreuth galt schon von jeher als ein wohlhabender Mann, und man schätzte ihn leichtlich auf hunderttausend Mark.
Aber – was sind hunderttausend Mark, wenn man sie durch sechs teilt? Nimmer viel. Grad noch eine von den bekannten Fliegen, die der Teufel in der Not frißt. Nun waren aber auch beim Moserbauern ihrer sechs Kinder. Und sie waren so verteilt, daß immer auf ein Maidl zwei Buben folgten. Also vier Buben und zwei Dirndln.
Alle sechs gesund, nicht uneben von Gestalt und im besten Alter – so zwischen Zwanzig und Dreißig. Und sie hätten wohl sicherlich längst alle gut verheiratet sein können, wenn eben nicht diese Sechsteilung gewesen wäre. Mangel an Überfluß schreckt jeden Freier und macht jeden unwert, je nachdem.
Also die Moserkinder waren noch ledig, da kam der Krieg. Und die Buben mußten hinaus – alle vier.
Und da es endlich hieß: »Friede wird! Parole Heimat!«, da war von den Moserbuben kein einziger mehr dabei, der mit einmarschierte in das kleine Dorf.
Alle vier liegen draußen im fremden Land – zur guten Ruh gebettet. –
So sind nun aus den sechsen zwei geworden und gelten plötzlich als gute Partie. Denn hundert Tausender geteilt durch zwei gibt ein gerechtes Häuflein, nicht zu verachten als Morgengabe für einen Freier! –
Besonders dem Schweigerlenz von Lindach wär’s nicht ungelegen, wenn ihm einer von den Mosergeldsäcken in den Schoß fiele! Und drüben in Au ist auch einer, der so denkt: der Schneithubermichel.
Darum sagt der eines Morgens zu seinem Alten: »Du, Voda, was moanst?«
Und der alte Schneithuber erwidert: »Was soll i moana?«
Darauf erklärt der Sohn: »No, zwegn der Heiraterei. I wisset mir oane.«
»Ja so«, sagt da der Alte; »heiratn sagst. Ja no. Dees wirst scho selm wissen, wer, wie und was.«
»Woaßt, fuchzgtausad March und gar net schiach!« erklärt der Michel weiter.
Jetzt horcht er aber auf, der Schneithuber.
»Fuchzgtausad sagst? Mei Liaber, nachher is’s koane von Au! Nachher muaß i s’ scho wo anders suacha.« Er überlegt eine Weile. »Da is amal d’ Rauthalerlies von Seeon; aber die hat grad dreißgtausad. – Und d’ Nackmoarsusann von Berg … naa – die hat ja an Buckel und schiergelt auf oan Aug. Und du sagst, daß s’ net schiach is. – Ja mei – was kunnts nachher leicht für oane sein? Da wüßt i koane als wie eppa oane von dee zwoa Moserdirndln von Kreuth!…«
Sein Sohn, der Michel, hat eine Endsfreud. »Derraten hast es, Voda!« schreit er; »akrat derraten!« Und er schlägt sich lachend auf die Knie.
Aber sein Vater hat Bedenken.
»Moanst, daß von dene oane Schneithuaberin werdn möcht?«
Doch sein Bub lacht noch mehr. »Was moanst? Net mögn, moanst? Mi, den Schneithuabermichel von Au? O mei, Voda! Da bist gstimmt! Bis zum Sunnta bin i Hochzeiter, da wett i! Oane von dee Moserdirndln wird Schneithuaberin – so gwiß, wie zwoa und zwoa vier is!«
So denkt und spricht der Schneithubermichel von Au.
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