Die preußische Expedition nach Ostasien, Band 3

Die preußische Expedition nach Ostasien, Band 3 – Albert Berg

Die preußische Ostasien-Expedition, auch als “Eulenburg-Expedition” bekannt, war eine diplomatische Mission, die Friedrich Albrecht zu Eulenburg im Auftrag Preußens und des Deutschen Zollvereins in den Jahren 1859-1862 durchführte. Ihr Ziel war es, diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen zu China, Japan und dem damaligen Siam aufzubauen. Die wichtigsten Teilnehmer der Expedition waren Friedrich Albrecht zu Eulenburg, Lucius von Ballhausen (Arzt), Max von Brandt (Attaché), Wilhelm Heine (Maler), Albert Berg (Künstler), Karl Eduard Heusner, Fritz von Hollmann, Werner von Reinhold, Ferdinand von Richthofen und Gustav Spiess. Der Expedition standen drei Kriegsschiffe des preußischen Ostasiengeschwaders zur Verfügung, die SMS Arcona, die SMS Thetis und die SMS Frauenlob. Dies ist Band drei von vier der Aufzeichnungen zu dieser Expedition. Der Text folgt den Originalausgaben, die zwischen 1864 und 1873 erschienen, wurde aber in wichtigen Wörtern und Begriffen der heute aktuellen Rechtschreibung angepasst.

Die preußische Expedition nach Ostasien, Band 3

Die preußische Expedition nach Ostasien, Band 3.

Format: Paperback, eBook

Die preußische Expedition nach Ostasien, Band 3.

ISBN: 9783849665777 (Paperback)
ISBN: 9783849662288 (eBook)

 

Auszug aus dem Text:

 

CHINAS BEZIEHUNGEN ZUM WESTEN BIS 1860.

I. DIE ÄLTEREN BERÜHRUNGEN UND DIE HANDELSBEZIEHUNGEN BIS ZUM ERLÖSCHEN DES MONOPOLS DER ENGLISCH-OSTINDISCHEN KOMPANIE 1834.

Chinas Berührungen mit der antiken Welt waren weder unmittelbare noch folgenreiche; die Nachrichten darüber sind dürftig und kaum der Aufzählung wert. Arrian spricht von Thinae oder Sinae, die aus dem fernsten Asien Seide gebracht hätten. Nach chinesischen Berichten schickte Ho-ti, ein Kaiser der Han-Dynastie, 94 n. Chr. Gesandte nach dem Westen, und unter Trajan soll ein chinesisches Heer, Tartaren verfolgend, bis an das kaspische Meer gelangt sein. — Der zunehmende Gebrauch von Seide im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung lässt auf Handelsverkehr zwischen dem römischen Reiche und China schließen, der aber wohl kaum direkt betrieben wurde. Marcus Antoninus schickte 161 eine Gesandtschaft nach China, über deren Schicksale man keine Nachrichten hat. — Konstatiert ist eine frühe hebräische Einwanderung in das chinesische Reich; die jüdische Gemeinde von Kae-fun-fu wurde im 17. und 18. Jahrhundert von Europäern besucht und bestand noch vor wenigen Jahren 1).

Erst die Araber brachten einige Kenntnis von China nach dem Westen. Renaudot hat die Berichte zweier arabischen Reisenden aus den Jahren 850 und 877 übersetzt, welche nicht nur zu denen des Marco Polo, sondern in vielen Stücken auch auf die heutigen Zustände passen. Ihr »Kan-fu« ist wahrscheinlich Kanton, wo noch jetzt eine sehr alte Moschee steht. »Die Stadt liegt an einem großen Fluss, einige Tagereisen von seiner Mündung, so dass das Wasser dort süß ist.« Die Erzählungen von häufigen Feuersbrünsten, von Verzögerungen im Schiffsverkehr, von der unredlichen Behandlung der fremden Kaufleute und Schiffseigner, die, weil das Übel einmal eingerissen ist, jede Unbilde und Bedrückung leiden müssen, erinnern lebhaft an jüngst vergangene Zeiten. Die Mündung des Perl-Flusses nennen die Araber das »Tor von China«, wahrscheinlich eine Übersetzung von Hu-men, das die Portugiesen mit Bocca Tigris wiedergaben. — Die Reisenden erwähnen auch die Ernährung des Volkes aus öffentlichen Speichern bei Hungersnot, die Salzsteuer, welche noch heute besteht, den Bambus als Prügelwerkzeug; sie beschreiben den Gebrauch des Tees, das chinesische Kupfergeld, Porzellan, den Reisbranntwein, die Anstellung öffentlicher Lehrer, den buddhistischen Götzendienst und die Unwissenheit der Chinesen in der Astronomie, in welcher die Araber ihre ersten Lehrer wurden.

Aus diesen und anderen Berichten geht deutlich hervor, dass die Araber lange vor der mongolisch-tartarischen Eroberung Seehandel nach China trieben. Ibn Batuta, welcher bald nach derselben das Reich der Mitte besuchte, gedenkt u. a. des von den Mongolen eingeführten Papiergeldes und seiner Entwertung durch übermäßige Ausgabe, aus welcher die Regierung unredlichen Gewinn gezogen habe. Chinesische Dschunken segelten damals bis Kalkutta. — Der Islam fand besonders im 13. Jahrhundert in China starke Verbreitung; seine Bekenner haben dort ohne wesentliche Störung bis auf den heutigen Tag freie Religionsübung genossen, und wurden häufig zu wichtigen Staatsämtern befördert; in den nordwestlichen Provinzen bilden sie einen starken Bruchteil der Bevölkerung.

Als erster christlicher Gesandter kam 1246 der Mönch Giovanni Carpini, von Papst Innozenz IV. abgeschickt, nach China. Er begab sich durch Russland zunächst zu Baatu-Khan, der an der Wolga lagerte, und wurde von da nach dem Hofe des Groß-Khans der Mongolen geführt, welcher ihn gütig aufnahm und mit einem huldreichen Schreiben an den Papst entließ. Carpini beschreibt die ungeheure Anhäufung von Schätzen bei den Mongolenfürsten; er freut sich über die Ähnlichkeit des buddhistischen mit dem römischen Ritus, und zieht daraus den Schluss, dass jene Asiaten entweder schon Christen seien, oder bald werden müssten — Nestorianische Gemeinden scheinen damals über weite Strecken des nord-östlichen Asien verbreitet gewesen zu sein 2). Der Mönch Rubruquis, den Ludwig der Heilige 1253, während seines Kreuzzuges, zu dem Mongolen-Khan sandte 3), spricht von einem nestorianischen Bischof in Sin-gan und zehn Kirchen in verschiedenen Städten. Auch er nahm den Weg über Russland und fand auf der ganzen Reise viele Europäer als Sklaven und Handwerker unter den Mongolen. Die auffallende Übereinstimmung des buddhistischen Lama-Cultus mit den Gebräuchen der römischen Kirche ließ Rubruquis vermuten, dass ersterer aus einem entstellten christlichen Gottesdienst, vielleicht dem nestorianischen, abgeleitet sei. — Um dieselbe Zeit ging der armenische König Haïton nach China, um sein Reich dem Mongolen-Khan zu übergeben; er berichtet gleichfalls von zahlreichen Christen, die er auf der Reise traf. Marco Polo fand nestorianische Gemeinden in Šen-si, damals einer der blühendsten Provinzen von China, und in einer Stadt am Jangtsekiang, wo ein nestorianischer Christ, vom Kaiser auf drei Jahre mit der Regierung betraut, 1274 mehrere Kirchen gebaut hatte.

Die Geschichte des Marco Polo ist bekannt. Zwei venezianische Edle, Matthias und Nicolas Polo, gelangten an den Hof des Kublai-Khan, der sie freundlich aufnahm und bei ihrer Abreise zu baldiger Rückkehr nach China aufforderte. Schon 1274 erschienen sie dort, begleitet vom jungen Marco, mit einem Schreiben Papst Gregor X. an den Mongolen-Kaiser. Marco gewann des Herrschers Gunst, blieb siebzehn Jahre in dessen Dienst und erhielt nur schwer die Erlaubnis zur Heimkehr. Was er von den Schätzen des großen Reiches und der Pracht des Mongolenhofes berichtet, trug ihm bei den Venetianern den Namen Messer Marco Millione ein. Neuere Erfahrungen haben die Glaubwürdigkeit seiner Erzählung in besseres Licht gestellt.

Dem Aufenthalt des Marco Polo folgte unmittelbar der des Giovanni de Corvino, welcher, von Rom gesandt, 1288 in Peking erschien und gütig aufgenommen wurde. Trotz allen Widerstandes der Nestorianer durfte er eine Kirche bauen, und soll einige Tausend Chinesen getauft, auch viele Kinder in der lateinischen Sprache und den Glaubenslehren unterrichtet haben. Clemens V. machte ihn zum Bischof von Kam-ba-lu, — so hieß Peking bei den Tartaren, — und sandte ihm einige Priester zur Unterstützung. Einen würdigen Nachfolger hat er nicht gefunden; nach seinem Tode ging die Mission ein oder geriet in Vergessenheit.

Das 14. und 15. Jahrhundert bilden, soweit die Kenntnis des Verfassers reicht, in den Beziehungen des Westens zum chinesischen Reich eine Lücke; es ist, als wäre China durch die Portugiesen erst wieder entdeckt worden. Die Nachrichten über deren erstes Auftreten und über das der Niederländer und Engländer sind dunkel und verworren; die Abenteurer mochten weder den Wunsch noch die Ehrlichkeit haben, die Wahrheit zu sagen. Sehr bezeichnend ist die Tatsache, dass, — während in früheren Zeitaltern die Chinesen durchaus keinen Widerwillen gegen Fremde bewiesen und den Bekehrungsversuchen christlicher Missionare kaum Hindernisse bereiteten, während ihre klassischen Schriften die Wohltaten des Handels und den Nutzen preisen, welcher den Völkern aus dem Austausch ihrer Ideen und Erzeugnisse erwachse, — seit dem Erscheinen der seefahrenden Nationen eine ausgesprochene Abneigung, ja Feindschaft und Verachtung gegen dieselben hervortrat. Sie steigerte sich erheblich seit der Invasion der Mandschu, deren Unsicherheit auf dem chinesischen Thron ihren Argwohn gegen die Fremden genährt haben mag; begründet war sie aber wesentlich im Charakter und Auftreten der Seefahrer und der Missionare. Erstere gehörten großenteils zum Auswurf ihrer Heimat; selbst die besseren scheinen wilde Abenteurer gewesen zu sein, denen der Ruhm tollkühner Anschläge weit mehr galt als Unbescholtenheit; die Menge der Ankömmlinge aber zeigte sich knechtisch und kriechend gegen überlegene Macht, zu jedem Opfer der Ehre bereit, wo es ihr Vorteil erheischte; brutal, gewaltsam, treulos und jeden Verbrechens fähig, wo sie als die Stärkeren dadurch Gewinn erzielen konnten. Kein Wunder, wenn die Chinesen sie als feige Banditen ansahen und behandelten.

Als bald nach den Portugiesen die Holländer und die Engländer erschienen, machten die Fehden und die oft in Gewalttat ausartende Eifersucht dieser in Tracht und Antlitz einander so ähnlichen Europäer den schlechtesten Eindruck; alle Fremden galten für Hallunken, die keine andere Leidenschaft hätten als schrankenlose Gewinnsucht, und kein Mittel verschmähten, das zur Befriedigung ihrer Habgier führte. Die eifersüchtigen Ränke unter den verschiedenen Mönchsorden, welche in China auftraten, die leidenschaftliche Erbitterung und parteiliche Eitelkeit, mit welcher sie ihre Lehrstreitigkeiten führten, die widersprechenden Entscheidungen der Päpste und deren Eingriffe in die Hoheitsrechte der chinesischen Kaiser brachten dann auch den Christenglauben in Misskredit bei den Machthabern. Geringschätzung, Argwohn und systematische Ausschließung waren die natürlichen Folgen.

Der früheste Verkehr der seefahrenden Nationen mit China soll hier nur in allgemeinen Umrissen gezeichnet werden; eine kritische Geschichte desselben liegt außer dem Bereiche dieser Blätter. Für die späteren Perioden hat man nur mit den Resultaten dieses Abschnittes zu rechnen, die klarer zu Tage liegen als die Ereignisse.

Die ersten Seefahrten der Portugiesen nach China folgten bald auf die Gründung von Malakka. Von da sandte Alfons Albuquerque 1516 den Rafael Perestrello in einer chinesischen Dschunke ab, welche nach der Mündung des Tšu-kian 4) segelte. Perestrello scheint freundlich behandelt und nach Malakka zurückgekehrt zu sein, wo ein Geschwader von acht Schiffen ausgerüstet wurde, das unter Perez de Andrade 1517 vor dem Perl-Fluss erschien. Die portugiesischen Fahrzeuge wurden von Kriegsdschunken umringt und scharf bewacht; ihr Befehlshaber erlangte aber durch Bestechung und verständiges Betragen die Erlaubnis, mit zwei Schiffen nach Kanton hinaufzugehen, während die übrigen bei der Insel Hian-šan zurückblieben. Andrade machte in Kanton gute Geschäfte und betrug sich untadelhaft, erhielt aber plötzlich die Nachricht, dass sein Geschwader vor der Flussmündung von Piraten bedrängt sei und eilte zurück. — Der Ausgang des Unternehmens war günstig: mehrere Schiffe führten reiche Frachten nach Malakka, andere gingen mit Dschunken der Liu-kiu-Inseln nach der Küste von Mittel-China, wo Niederlassungen in Tsiuen-tsin, Nin-po und auf Tšu-san gegründet wurden. Die portugiesischen Ansiedler trieben dort eine Reihe von Jahren einträglichen Handel nach den benachbarten Küsten und nach Japan, bis die Provinzial-Regierung sie wegen schlechter Führung verbannte.

Bald nach der Reise des Perez de Andrade kam dessen Bruder Simon mit einem Geschwader nach China und landete auf der Insel Hian-šan. Er trat gewaltsam gegen die Landesbewohner auf und suchte sich auf der Insel festzusetzen, wurde aber mit Gewalt vertrieben. Die Portugiesen verlegten sich nun auf Seeraub und brachten durch wilde Grausamkeit ihr Geschlecht in den übelsten Ruf. Schlimme Folgen hatte die Ruchlosigkeit des Simon Andrade zunächst für den ersten portugiesischen Gesandten, Thomas Pirez, welcher 1520 von Kanton nach Peking reiste, um vom Kaiser die Erlaubnis zum Bau von Faktoreien zu erwirken. Bei seiner Ankunft war man dort schon von den Missetaten des Andrade unterrichtet; Pirez wurde nach vielen Demütigungen unter strenger Bewachung wieder nach Kanton geschleppt, dort misshandelt, eingekerkert und mutmaßlich hingerichtet. — Die Provinzial-Regierung scheint schon damals auf jeden direkten Verkehr der Europäer mit dem Kaiserhofe eifersüchtig gewesen zu sein.

 

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