Ermahnung zum Martyrium

Ermahnung zum Martyrium – Origenes

“Über das Martyrium” oder die “Ermahnung zum Martyrium”, eine Schrift, die vollständig auf Griechisch erhalten ist, wurde einige Zeit nach dem Beginn der Verfolgung des Maximinus in der ersten Hälfte des Jahres 235 verfasst. Darin warnt Origenes vor jeder Verharmlosung des Götzendienstes und betont die Pflicht, das Martyrium mannhaft zu erleiden, während er im zweiten Teil die Bedeutung des Martyriums erläutert.

Ermahnung zum Martyrium

Ermahnung zum Martyrium.

Format: eBook/Taschenbuch

Ermahnung zum Martyrium.

ISBN eBook: 9783849660796

ISBN Taschenbuch: 9783849667511

 

Auszug aus dem Text:

Einleitung

1.

 Nach dem Zeugnis des Eusebius (Kirchengesch. VI 28) hat Origenes die Schrift vom Martyrium während der von dem Kaiser Maximinus Thrax veranlaßten Christenverfolgung verfaßt und seinen beiden Freunden Ambrosius und Protoktetus gewidmet. Danach ist die Schrift im Jahre 235 entstanden. Der Ort der Abfassung wird zwar nicht ausdrücklich genannt, doch scheint kein Grund vorzuliegen, weshalb man an einen andern Abfassungsort als Cäsarea Palästina denken müßte; vgl. die allgemeine Einleitung S. LIV f. Der Presbyter Protoktetus und der Diakon Ambrosius gehörten beide der christlichen Gemeinde dieser Stadt an und sind ihres Amtes wegen damals verfolgt worden, da der Kaiser Maximinus bekanntlich die Vorsteher der christlichen Gemeinden zu vernichten suchte. Der Zweck des Sendschreibens des Origenes an die beiden Geistlichen ist offenbar der, sie zum Ausharren und zum Erwerben der Märtyrerkrone aufzufordern. Ambrosius und Protoktetus haben sich auch nach dem Berichte des Eusebius damals als treue Bekenner bewahrt. Da nun in den Kapiteln 45 und 46 gewisse freiere, damals in christlichen Kreisen herrschende Anschauungen über den Dämonendienst erwähnt und scharf getadelt werden, so mag wohl Origenes seine Schrift nebenbei auch für solche schwankende und unklare Christen jener Zeit mitbestimmt haben. Denn daß es sich nicht nur um ein Privatschreiben an die beiden Freunde, sondern auch um eine an die Gesamtheit der damaligen Christen gerichtete Kundgebung jenes glaubensstarken und das Martyrium schon damals erstrebenden Vorkämpfers der christlichen Wahrheit gehandelt hat, dürfte sich wohl schon aus der umfassenden Art der Behandlung des Themas ergeben.

2.

Man kann in der nicht streng disponierten und wohl schnell entworfenen Gelegenheitsschrift etwa sieben, ziemlich locker aneinander gereihte Teile  unterscheiden. Der erste Teil (cap. 1—5) enthält auf Grund einer Auslegung von Is. 28, 9—11 die dringende Aufforderung zum Martyrium, der zweite Teil (cap. 6—10) die nachdrückliche Warnung vor Abfall und Götzendienst, der dritte Teil (cap. 11—21) die Aufforderung zur Standhaftigkeit während der Verfolgung. Nachdem dann Origenes im vierten Teil (cap. 22—27) auf Eleazaros und die sieben Märtyrer und deren Mutter im II. Makkabäerbuch als die leuchtenden Vorbilder für alle zum Martyrium Berufenen hingewiesen hat, handelt er im fünften Teil (cap. 28–44) ausführlich von der Notwendigkeit, dem Wesen und der Art des Martyriums Gott und Christus gegenüber. Es folgt im sechsten Teil (cap. 45, 46) ein Exkurs über die Verwerflichkeit der Dämonenverehrung, an den sich im letzten, siebenten Teile (cap. 47—50) nochmalige Mahnungen zum mutigen Ausharren in den Drangsalen der Verfolgung anschließen. Mit einem kurzen Schlußwort (cap. 51) endigt die Schrift.

3.

Aus der Not der damaligen Zeit entstanden, führt uns dieses Sendschreiben in die Stimmungen, Befürchtungen und Hoffnungen der christlichen Kreise des dritten Jahrhunderts vortrefflich ein und bildet zugleich eine wichtige Geschichtsquelle für das Jahr 235. Es legt aber auch in seiner ganz persönlichen Färbung Zeugnis von dem Glaubensmut und der Bekenntnistreue des großen Alexandriners ab, der nicht nur zu belehren, sondern auch zu begeistern und die heilige Glut der eigenen Überzeugung andern mitzuteilen wußte. Daß uns diese Gelegenheitsschrift vollständig erhalten geblieben ist, läßt sich nur daraus erklären, daß man sie auch nach 235 ah wertvollen Bestandteil der christlichen Literatur angesehen und hochgeschätzt hat.

4.

Überliefert ist „die Exhortatio” in zwei Handschiften, dem Codex Paris. Suppl. Grec Nr. 616 a. 1339 (von dem zwei Abschriften vorhanden sind) und dem Codex Venet. Marc. Nr. 45 saec. XIV. Meine Ausgabe (Origenes Werke I, Leipzig 1899, S. 1—47) beruht auf einer neuen Vergleichung dieser beiden  Handschritten und bietet ebenso wie meine hier folgende Übersetzung zum ersten Male den voll ständigen Text der Schrift. In der Einleitung zu meiner Ausgabe S. XX f. glaube ich wahrscheinlich gemacht zu haben, daß die Exhortatio zusammen mit der Dankrede des Gregorius Thaumaturgus und den acht Büchern gegen Celsus ursprünglich in demselben Codex, dem Vatic. gr. Nr. 386 saec. XIII., überliefert gewesen, jetzt aber nur noch in den beiden oben genannten Abschriften dieser Handschrift erhalten geblieben ist. Ebenda S. XVIII f. habe ich über die editio prineeps von Wettstein und die von ihr abhängigen Ausgaben von Delarue und Lommatzsch das Nötige gesagt. Dr. Jos. Kohlhofers Übersetzung (in der ersten Auflage der Bibliothek der Kirchenväter, Kempten 1874) ist von mir nachträglich verglichen worden. Als die erste Verdeutschung der Schrift vom Martyrium stellt sie eine recht anerkennenswerte Leistung dar, und ich bekenne gern, manches daraus gelernt zu haben.

Ermahnung zum Martyrium (Exhortatio ad martyrium)

1.

 „Die der Milch entwöhnt, die von der Mutterbrust genommen sind, Drangsal auf Drangsal erwarte, erwarte Hoffnung auf Hoffnung, nur noch kurze Zeit, nur noch kurze Zeit, um der Verachtung der Lippen willen, durch eine andere Zunge1.“ So habt nun auch ihr, gottesfürchtiger Ambrosius und frommer Protoktetus, als nicht mehr „fleischliche“, auch nicht „in Christus unmündige“ (Christen) in euerem geistigen „Alter zugenommen2“ und „bedürft nicht mehr der Milch, sondern fester Speise3“. Da ihr also nach Jesaja „der Milch entwöhnt und von der Mutterbrust genommen seid“, so vernehmt, wie euch als den „der Milch entwöhnten“ Kämpfern nicht einfache Drangsal, sondern „Drangsal auf Drangsal4“ verkündet wird. Wer aber die „Drangsal auf Drangsal“ nicht von sich abweist, sondern sie als wackerer Kämpfer erwartet, der erwartet sofort auch „Hoffnung auf Hoffnung“, die er bald nach „der Drangsal auf Drangsal“ genießen wird; denn solche Bedeutung hat das Wort: „nur noch kurze Zeit, nur noch kurze Zeit5.“

2.

Aber wenn uns auch diejenigen, welche der Sprache der heiligen Schriften fremd gegenüberstehen, verachten und geringschätzig als Gottlose oder Toren bezeichnen sollten, so laßt uns daran denken, dass „die Hoffnung auf Hoffnung“, die – es währt „nur noch kurze Zeit“ – uns verliehen werden wird, „um der Verachtung der Lippen willen, durch eine andere Zunge“ verliehen werden wird. Und wer möchte wohl nicht „Drangsal auf Drangsal“ erwarten, damit er sofort auch „Hoffnung auf Hoffnung6“ erwarten kann, wenn er mit  Paulus erwägt, „dass die Leiden der Gegenwart“ für die wir uns gleichsam die Seligkeit erkaufen, „nichts wert sind gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll7“ durch Gott; und besonders da „unsere augenblickliche leichte Drangsal“ – „leicht“ dem Wesen und dem Namen nach für die, welche sich durch ihre Umgebung nicht beschweren lassen -, je mehr sie alles Maß überschreitet, uns eine desto größere und reichlichere „Last ewiger Herrlichkeit erwirbt8“. Nur müssen wir, ungelegen für die, welche uns bedrängen und gleichsam unsere Seelen zusammenpressen wollen, unsere Gedanken von den Mühsalen abwenden und anstatt der bevorstehenden Mühsale, die Belohnungen im Auge haben, welche den „ordnungsmäßigen“ Christus-Streitern9 um ihrer dann bewährten Standhaftigkeit willen durch Gottes Gnade aufbewahrt sind. Denn Gott vervielfältigt seine Wohltaten und spendet über den Wert der von dem Kämpfer erduldeten Leiden hinaus so große Gaben, wie es sich für Gott ziemt, der keine Kleinigkeitskrämerei treibt, sondern große Geschenke macht und einsichtsvoll seine Wohltaten denen gegenüber vergrößert, die durch Geringachtung des „tönernen Gefäßes10“ nach Kräften ihre aus „ganzer Seele11“ dringende Liebe zu Gott bewiesen haben.

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