Acht Bücher gegen Celsus, Band 2

Acht Bücher gegen Celsus, Band 2 – Origenes

“Gegen Celsus” (lateinisch: Contra Celsum) ist ein bedeutendes apologetisches Werk des Kirchenvaters Origenes von Alexandria, das um 248 n. Chr. verfasst wurde und sich gegen die Schriften von Celsus wendet, einem heidnischen Philosophen und Polemiker, der in seinem Traktat Logos Alethes (“Das wahre Wort”) einen vernichtenden Angriff auf das Christentum geschrieben hatte. Neben einer Vielzahl anderer Anschuldigungen hatte Celsus viele christliche Lehren als irrational bezeichnet und die Christen selbst als ungebildet, verblendet, unpatriotisch, der Vernunft gegenüber engstirnig und zu annehmend gegenüber Sündern kritisiert. Er beschuldigte Jesus, seine Wunder nicht mit göttlichen Kräften, sondern mit schwarzer Magie vollbracht zu haben und seine Lehren von Plato abgekupfert zu haben. Celsus hatte davor gewarnt, dass das Christentum selbst die Menschen von der traditionellen Religion abziehe und behauptete, dass sein Wachstum zu einem Zusammenbruch der traditionellen, konservativen Werte führen würde. Origenes schrieb “Contra Celsum” auf Bitten seines Gönners, eines wohlhabenden Christen namens Ambrosius, der darauf bestand, dass ein Christ eine Antwort auf Celsus schreiben sollte. In der Abhandlung selbst, die sich an ein Publikum richtete, das sich für das Christentum interessierte, sich aber noch nicht endgültig dazu entschieden hatte, antwortet Origenes auf die Argumente des Celsus Punkt für Punkt aus der Perspektive eines platonischen Philosophen. Nachdem er die Glaubwürdigkeit des Celsus in Frage gestellt hat, geht Origenes auf dessen Kritik an der Rolle des Glaubens im Christentum, der Identität Jesu Christi, der allegorischen Auslegung der Bibel und dem Verhältnis zwischen Christentum und traditioneller griechischer Religion ein. Dies ist Band zwei von zwei und beinhaltet die Bücher fünf bis acht.

Acht Bücher gegen Celsus, Band 2

Acht Bücher gegen Celsus, Band 2.

Format: eBook/Taschenbuch

Acht Bücher gegen Celsus, Band 2.

ISBN eBook: 9783849660765

ISBN Taschenbuch: 9783849667481

 

Auszug aus dem Text:

Fünftes Buch

 

1.

 

 Nicht um der verpönten Geschwätzigkeit, bei der man „der Sünde“ nicht entfliehen kann1264 , zu dienen, beginnen wir, frommer Ambrosius, bereits das fünfte Buch unserer Entgegnung auf die Schrift des Celsus, sondern um nach Kräften zu versuchen, nichts von seinen Behauptungen, vor allem das nicht ungeprüft zu übergehen, worin er gegen Christen oder Juden nach der Ansicht mancher Leute verständige Anklage erhoben haben soll. Und wenn es uns möglich wäre, mit unseren Worten in die Einsicht eines jeden beliebigen Lesers der Schrift des Celsus einzudringen, und ein jedes Geschoß herauszuziehen, das den nicht ganz mit der „Waffenrüstung“ Gottes1265 geschützten Leser verwundet, und ein geistiges Heilmittel aufzulegen1266 , um die von Celsus geschlagene Wunde zu heilen, die nicht zuläßt, dass die Leute, die auf seine Worte hören, „den gesunden Glauben“ bewahren1267 , – so hätten wir dies gewiß getan. Aber es ist Gottes Werk, nach seinem Geiste mit dem Geiste Christi unsichtbar bei denen Wohnung zu nehmen, die er dessen für bedürftig hält; uns dagegen liegt es ob, wenn wir mit Wort und Schrift die Menschen gläubig machen wollen, alles aufzubieten, um uns „als Arbeiter“ zu erweisen, die „keine Scheu kennen und das Wort der Wahrheit scharf und richtig darbieten“1268 . Eine von allen diesen Aufgaben scheint uns aber zu sein, auch die Scheingründe des Celsus in treuer Ausführung deines Auftrags nach Möglichkeit zu entkräften.

Wir wollen also anführen, was auf die soeben bekämpften Worte des Celsus weiter folgt – ob  wir sie wirklich widerlegt haben, wird der Leser entscheiden -, und dann angeben, was wir darauf zu erwidern haben. Gott aber möge geben, dass wir nicht mit einem der Göttlichkeit ganz baren Sinn und Wort an unser Vorhaben herantreten; damit „der Glaube“ derer, denen wir zu nützen wünschen, „nicht stehe auf Menschenweisheit“1269 , sondern dass wir „den Geist Christi“1270 von seinem Vater, der ihn allein verleihen kann, empfangen und zur Teilnahme an dem Worte Gottes unterstützt, „alle Überhebung, die sich wider die Erkenntnis Gottes erhebt“1271 , und ebenso den Wahn des Celsus, der sich wider uns und unsern Jesus und dann auch wider Moses und die Propheten erhebt, niederschlagen, damit in den Herzen aller, die unser Buch lesen, ein Glaube, gegründet im Wort und in der Kraft Gottes, geweckt werde, wenn der, welcher „das Wort den Verkündigern der frohen Botschaft mit großer Kraft“ verleiht1272 , auch uns dies gewährt und „die große Kraft“ schenkt.

2.

 

Wir haben also jetzt die Aufgabe, die Worte des Celsus zurückzuweisen, die so lauten: „ Ein Gott und ein Sohn Gottes, ihr Juden und Christen, ist niemals auf die Erde herabgekommen, noch dürfte er herabkommen. Wenn ihr aber von einige Engeln sprecht, wofür haltet ihr sie, für Götter oder für irgendein anderes Geschlecht? Für ein anderes Geschlecht, wie es scheint, für Dämonen1273 .“ Celsus wiederholt sich hier selbst, er hat diesen Einwurf oben bereits mehrmals vorgebracht; es ist daher nicht nötig, ausführlicher mit ihm darüber zu reden; denn was wir früher darauf entgegnet haben,  wird genügen. Nur einige wenige Bemerkungen, die mit den früher gemachten nach unserer Meinung übereinstimmen, ohne jedoch ganz dasselbe zu besagen, wollen wir aus vielen1274 herausgreifen und vortragen. Wir werden hier darlegen, dass er mit seiner allgemeinen Behauptung, „kein Gott oder Sohn Gottes sei zu den Menschen herabgekommen“, auch die von der Mehrzahl der Menschen geteilte Ansicht von den Erscheinungen Gottes verwirft. Seine Behauptung ist auch mit der Meinung nicht vereinbar, die er selbst an früheren Stellen seines Buches vorgetragen hat. Denn wenn die allgemein gehaltene Behauptung des Celsus: „Ein Gott und ein Sohn Gottes ist niemals auf die Erde herabgekommen, noch dürfte er herabkommen“ wahr ist, so wird dadurch natürlich die Annahme unmöglich gemacht, dass es Götter auf Erden gibt, die vom Himmel herabgekommen sind, und entweder den Menschen die Zukunft zu enthüllen oder durch Orakelsprüche Kranke zu heilen.

Dann wäre wohl weder der pythische Apollo noch Asklepios noch ein anderer von denen, welchen der Glaube solche Dinge zuschreibt, „ein Gott“, der vom Himmel herabgestiegen ist; oder er wäre zwar ein Gott, hätte aber das Los gezogen, für immer die Erde zu bewohnen, und wäre gewissermaßen aus der Wohnung der Götter verbannt; oder er wäre einer von denen, die keine Erlaubnis hätten, mit den dort weilenden Gottheiten zusammen zu sein; oder Apollo und Asklepios und alle die, von denen man glaubt, dass sie auf Erden irgendeine Wirksamkeit ausüben, wären keine Götter, sondern gewisse Dämonen, viel geringer als jene Weisen unter den Menschen, die wegen ihrer Tugend bis zum Himmelsgewölbe emporsteigen.

3.

 

Man beachte nun, dass Celsus, der in seinem ganzen Buche sich nicht als Epikureer bekennt, in seiner Absicht, unsere Lehren zu vernichten, nachweisbar zu Epikur überläuft. Wenn du nun die Worte des Celsus  liesest und seinen Aufstellungen zustimmst, so ist es nunmehr an der Zeit, entweder den Glauben an einen Gott aufzugebnen, der auf Erden Wohnung nimmt und für jeden einzelnen Menschen Sorge trägt, oder eine solche Ansicht gelten zu lassen und dann die Rede des Celsus für unwahr zu erklären. Wenn du nun eine Vorsehung ganz und gar leugnest, so wirst du seine Behauptungen, in denen er das Dasein von Göttern und von einer Vorsehung annimmt, als unwahr bezeichnen müssen, um an der Wahrheit deiner eigenen Ansicht festhalten zu können; wenn du aber nichtsdestoweniger eine Vorsehung gelten lässest, da du der Behauptung des Celsus, „es sei weder ein Gott noch ein Gottessohne jemals zu den Menschen herabgekommen oder käme herab“, nicht zustimmst; warum willst du dann nicht auf Grund dessen, was von uns über Jesus gesagt und was über ihn vorausverkündet worden ist, sorgfältig untersuchen, von welchem „Gott und Gottessohne“ man „die Herabkunft“ zu den Menschen eher annehmen muß, von Jesus, der so Großes angeordnet und vollbracht hat, oder von jenen, die durch ihre vorgeblichen Orakelsprüche und Weissagungen den sittlichen Wandel ihrer Verehrer nicht bessern, ja sie außerdem noch von der lauteren und reinen und heiligen Verehrung, die dem Schöpfer aller Dinge gebührt, abwendig machen und die Seelen derjenigen, die auf sie achten, anläßlich der Verehrung mehrerer Götter von dem einzigen und allein offenbaren und wahren Gott losreißen?

4.

 

Als ob nun Juden oder Christen über die zu den Menschen herabsteigenden Wesen geäußert hätten, dass es “Engel” seien, sagt Celsus hierauf: “Wenn ihr aber von einigen Engeln sprecht,” und stellt dann die Frage; “Wofür haltet ihr sie, für Götter oder für irgendein anderes Geschlecht?” und klagt uns dann, wie wenn wir geantwortet hätten, mit den Worten an: **” Für ein anderes Geschlecht, wie es scheint, für Dämonen1275 .“** Wir wollen auch  diese Stelle betrachten. Denn bekanntlich”sprechen wir” auch “von Engeln”, welche dienstbare Geister” sind, “abgesandt zu Diensten um derer willen, die das Heil ererben sollen”1276 , und lehren, dass sie teils aufsteigen und die Anliegen der Menschen in den reinsten himmlischen Räumen der Welt oder in den noch reineren überhimmlischen zu Gott emportragen, teils wieder von dort herabsteigen und einem jeden nach seiner Würdigkeit etwas von den Wohltaten bringen, womit Gott den Menschen zu dienen befohlen hat. Diese nun, die wir nach ihrer Tätigkeit “Engel” zu nennen gewohnt sind, diese finden wir, weil sie göttlich sind, in den heiligen Schriften auch einmal als “Götter”1277 bezeichnet, aber nicht so, dass uns vorgeschrieben würde, die dienenden1278 , die uns die Aufträge Gottes überbringen, an Stelle Gottes zu verehren und anzubeten. Denn alle “Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen”1279 müssen dem allmächtigen Gott durch den über alle Engel erhabenen Hohenpriester1280 , der lebendiges Wort und Gott ist, dargebracht werden. Wir werden aber auch das Wort selbst bitten und ihm anliegen und danksagen und zu ihm beten, wenn wir zwischen dem rechtmäßigen Gebrauch und dem Mißbrauch des Gebetes richtig zu unterscheiden vermögen.

5.

 

Denn „Engel“ anzurufen, ohne die über Menschenkraft gehende Kenntnis von ihnen erlangt zu haben, würde der Vernunft widersprechen. Setzen wir aber auch den Fall, diese ganz wunderbare und geheimnisvolle Kenntnis wäre von uns gewonnen, so würde diese Kenntnis, die uns darlegt, wie jene Wesen beschaffen, und mit welchen Aufgaben die einzelnen betraut sind, nicht gestatten, an einen andern vertrauensvoll unsere Gebete zu richten als an den allmächtigen  Gott, der alles gewähren kann, und zwar durch unsern Heiland, den Sohn Gottes, der das Wort1281 und die Weisheit1282 und die Wahrheit1283 und alles das ist, was die Schriften der Propheten Gottes und der Apostel Jesu sonst von ihm aussagen. Dazu aber, dass die heiligen Engel Gottes uns gnädig sind und alles für uns tun, genügt1284 unser Verhalten gegen Gott, wenn wir, soweit es menschlicher Natur möglich ist, das Beispiel nachahmen, das jene uns geben, die ihrerseits Gott zum Vorbild nehmen, und1285 – soweit dies für uns erreichbar ist – die richtige Stellung zu seinem Sohn, dem Wort, wenn sie der genaueren Auffassung der heiligen Engel über ihn nicht widerspricht, sondern ihr täglich an Genauigkeit und Klarheit näher zu kommen bestrebt ist. Weil aber Celsus unsere heiligen Schriften nicht gelesen hat, so gibt er sich an unserer Stelle diese Antwort: „Ein anderes Geschlecht“ seien nach unserer Angabe „die Engel“, welche von Gott herabsteigen, um den Menschen Gutes zu erweisen, und behauptet, dass diese, „wie es schiene“, von uns als „Dämonen“ bezeichnet werden würden. Es entgeht hier unserem Gegner, dass der Name „Dämonen“ gar nicht etwas Mittleres bezeichnet, wie der Name „Mensch“, von denen einige rechtschaffen sind und andere böse, noch auch etwas Gutes, wie das der Name „Götter“ ist, der nicht bösen Dämonen oder Götterbildern oder Tieren, sondern den wahrhaft göttlichen und seligen Wesen von denen beigelegt wird, welche eine Kenntnis von dem Wesen Gottes haben. Immer aber wird der Name „Dämonen“ auf jene bösen Mächte, die keinen so groben Leib haben, angewendet, auf jene Mächte, die die Menschen in die Irre führen und1286 abwendig machen und von Gott und den überhimmlischen Dingen zu den irdischen Angelegenheiten herabziehen.

6.

 

Celsus spricht sicht hierauf über die Juden in folgender Weise aus: „ Zuerst muß man sich nun  über die Juden wundern, wenn sie zwar den Himmel und die Engel, die in diesem wohnen, verehren, dagegen die ehrwürdigsten und machtvollsten Teile des Himmels, nämlich die Sonne, den Mond und die andern Sterne, Fixsterne sowohl wie Planeten, übergehen: als ob es möglich wäre, dass das ganze ein Gott sei, seine Teile aber nicht göttlich, oder als ob es anginge, denjenigen ehrfurchtsvoll zu dienen, von denen man sagt, dass sie sich irgendwo im Dunkeln infolge von unrechtmäßiger Zauberei an Leute, die mit Blindheit geschlagen sind oder unklare Traumbilder haben, herandrängen, dagegen diese Wesen, die allen Menschen so klare und deutliche Prophezeiungen geben, unter deren Verwaltung Regen und Hitze und Wolken und der Donner, den sie anbeten, und Blitze und Früchte und alle Erzeugnisse stehen, diese Wesen, denen sie die Erkenntnis Gottes verdanken, diese offenbarsten Herolde der überirdischen Dinge, diese wahrhaft himmlischen Boten, diese für nichts zu halten.“ Wie mir scheint, ist Celsus hier ganz unklar und hat nur vom Hörensagen her Dinge, die er nicht wußte, aufgezeichnet. Denn wer die Lehren der Juden prüft und die der Christen mit jenen verbindet, dem ist es klar, dass die Juden, die dem Gesetze folgen, nichts anderes verehren als den allmächtigen Gott, der den Himmel und alle andern Dinge gemacht hat1287 .

 

Denn in diesem Gesetze spricht Gott also zu ihnen: „Du sollst keine andern Götter außer mir haben! Du sollst dir kein Bild machen noch irgendein Gleichnis von allem, was im Himmel oben und was auf der Erde unten und was unter der Erde im Wasser ist! Du sollst sie nicht anbeten noch  ihnen dienen!“1288 . Es ist aber klar, dass die nach dem Gesetze lebenden Juden, wenn sie den Schöpfer des Himmels verehren, nicht mit Gott zugleich auch „den Himmel“ verehren wollen. Aber auch „die Engel, die in dem Himmel wohnen“, wird keiner anbeten, der dem mosaischen Gesetze dient. So wenig sie „die Sonne, den Mond und die Sterne“, „den Schmuck des Himmels“, anbeten, ebensowenig „beten sie den Himmel und die Engel, die in dem Himmel wohnen“, an, dem Gesetze gehorsam, welches sagt: „Und dass du nicht, wenn du deine Augen zum Himmel erhebest und die Sonne schauest und den Mond und die Sterne, den ganzen Schmuck des Himmels, dich irrest und sie anbetest und ihnen dienest, welche der Herr, dein Gott allen Völkern zugeteilt hat“1289 .

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