Badisches Sagenbuch, Band 2: Von der Ortenau bis zum Maintal

Badisches Sagenbuch, Band 2: Von der Ortenau bis zum Maintal – August Schnezler

In zwei Bänden, auf über 950 Seiten, hat August Schnezler eine Sammlung der schönsten Sagen, Geschichten, Märchen und Legenden des Badnerlandes aus Schrifturkunden, dem Mund des Volkes und der Dichter zusammengetragen. Das Ganze wurde versehen mit sehr vielen Fußnoten als historische und erklärende Anmerkungen und ergibt so ein für an Mythologie und Geschichte interessierten Lesern kaum mehr wegzudenkendes Referenzwerk – wobei sich das Land Baden an den Mitte des 19. Jahrhunderts gültigen Grenzen definiert. Insofern geht die märchenhaftes Reise vom Bodensee über Linzgau und Hegau, Rheintal, Albgau und die Waldstädte ins Breisgau und Kinzigtal, (Band 1) und von dort durch die Ortenau, das Renchtal, das Achertal, den Mummelsee, Bühl, Baden-Baden, das Murgtal, Karlsruhe, Mannheim und Heidelberg bis ins Neckar- und Maintal nach Wertheim (Band 2). Entdecken Sie viele, viele Hundert bezaubernde Sagen und Geschichten, die dieses wunderschöne “Ländchen in Gottes Hand” ausmachen.

Badisches Sagenbuch, Band 2: Von der Ortenau bis zum Maintal

Badisches Sagenbuch, Band 2: Von der Ortenau bis zum Maintal.

Format: eBook/Taschenbuch.

Badisches Sagenbuch, Band 2: Von der Ortenau bis zum Maintal.

ISBN eBook: 9783849662387

ISBN Taschenbuch: 9783849665876

 

Die erlöste Schlange.

Einer hochschwangeren Frau von Kippenheim, die mittags in den dortigen Weinbergen schlief, kroch eine Schlange in den offenen Mund. Ihr Töchterlein, welches neben ihr saß und dies bemerkte, wollte die Schlange noch am Schwanze packen und zurückziehen; es war aber zu spät, sie schlüpfte der Frau ganz die Kehle hinunter in den Leib, wo sie sich ruhig verhielt und der Schwangeren keine weitere Beschwerde verursachte. Als aber die Frau bald darauf ein Kindlein gebar, hatte sich ihm die Schlange so fest um den Hals gewickelt, dass man sie nur durch ein Milchbad davon losbrachte. Sie wich aber nicht von des Kindes Seite, lag stets bei demselben im Bett und fraß aus seiner Schüssel. Weil sie dem Kinde dabei nichts zu leide tat und von ihm sehr geliebt wurde, ließen die Eltern beide ungestört beisammen. Sechs Jahre waren so verflossen, als einst die Schlange die allzu großen Brotstücke in einer Milchsuppe nicht fressen wollte und dadurch das Kind so böse machte, dass es ihr den Löffel auf den Kopf schlug mit den Worten: „Friss auch Mocken, (Brocken) nicht lauter Schlappes!“ (Brühe.) Von diesem Augenblick an wurde die Schlange ganz traurig und verschwand nach einiger Zeit ganz aus dem Hause. Man suchte sie überall von Dach bis zu Keller, endlich in dem großen Steinhaufen, der seit dem Schwedenkrieg unerforscht im Hofe gelegen. Darin fand man unten einen Kessel voll Goldstücke und daneben die Schlange tot liegen. Auf einmal war sie weg und an ihrer Stelle stand ein schneeweißer Mann und sprach: „Ich war die Schlange, und das Kind zu meiner Erlösung bestimmt; nun habt ihr das Geld und seid reich, ich aber gehe ein in die ewige Freude.“ – Nach diesen Worten war er verschwunden.

(Nach mündlicher Überlieferung mitgeteilt v. Bernhard Baader in Mones Anzeiger für teutsche Vorzeit. Jahrg. 1839.)

St. Landolins Bad.

Aus Schottland kam der Missionair Landolin in diese Gegend. Damals standen bloß einige Hütten daselbst und in einer derselben wohnte ein redlicher Mann, Edulf genannt, mit Weib und Kindern. Der gab dem Pilgrim ein Obdach, bis er ausgerastet hatte. Nachdem Landolin ihm dafür mit Erteilung seines Segens gedankt, zog er weiter hinauf und suchte ein abgelegenes Plätzchen zu seiner Niederlassung. Ein solches fand er in dem friedlichen Waldtale, wo der Lautenbach und die Unditz sich vereinigen und baute sich daselbst eine Klause. Selbst das Wild des umliegenden Forstes schien von der Sanftmut und Frömmigkeit des Einsiedlers bezaubert, kam oft vertraulich aus seiner Hand zu essen, und rettete sich in seine Hütte, als in die sicherste Freistätte vor den Verfolgungen der Jäger. In geringer Entfernung von der Stelle, wo Landolin wohnte, hatte sich ein Häuptling der Gegend, namens Gisok, auf den Trümmern eines Römerkastells eine Burg erbaut, deren Reste noch heutzutage die Gisenburg heißen.[1] Ein Jäger Gisoks traf den frommen Mann, als er eben ein Fleckchen Feld bei seiner Klause urbar machte und erschlug ihn, teils aus Grimm, dass so vieles Wild sich in dessen Freistätte flüchtete, teils bloß von roher Mordlust getrieben. Da entsprangen aus dem Boden, den das Blut des Märtyrers überströmt hatte, fünf Heilquellen, die jetzt St. Landolins Bad heißen und noch häufig besucht werden. Edulf und die Seinigen ahnten nichts Gutes, als sie so lange Zeit ihren alten Gast nicht mehr im Tale sahen. Sie gingen aus, ihn aufzusuchen und fanden seinen blutigen Leichnam, den sie unter heißen Tränen und unter Verwünschungen des Mörders begruben. Auf dieser Stelle bauten sich nachher Mönche ein Kloster und der Ort erhielt den Namen Mönchszell.

1.         Im achten Jahrhundert wurde sie zerstört und die Steine später zum Bau des Klosters Ettenheimmünster verwendet; den Platz, wo das Schloss stand, deckt nun Wald, man nennt aber die Stätte noch jetzt Heidenkeller.

Das Kruzifix von Wittenweier.

Nachdem die Bewohner des Dorfes Wittenweier zum Luthertum übergetreten waren, schafften sie von ihrem Kirchhofe das steinerne Kruzifix weg, fanden es jedoch am nächsten Morgen wieder am selben Platze aufgerichtet. Noch zweimal taten sie es hinweg, allein es kehrte jedes Mal in der Nacht dahin zurück, während die Wachen, die man auf dem Gottesacker aufgestellt hatte, in unbezwingbarem Schlafe lagen. Hierauf warfen die Wittenweierer das Kreuz in dem Rhein, und aus dem kam es nie wieder heraus. Seitdem aber riss der Rhein, der vorher dort ganz friedlich floss, das diesseitige Ufer stückweise weg, so dass Wittenweier schon dreimal musste zurückgebaut werden.[1]

(S. Mones Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit. Jahrg. 1839.)

1.         Diese und ähnliche Sagen gehen auf die Bilderstürmerei des 16. Jahrhunderts zurück.

Lahrs Ursprung.

Ihren Namen soll die Stadt von den Gewerben haben, die auch jetzt noch in ihr blühen: von den Lohgerbern. Man nannte nämlich den Ort Anfangs „In der Loh“ wegen den Lohmühlen und Gerbehäusern an der Schutter, aus welchen wahrscheinlich nach und nach sich eine Dorfgemeinde bildete, woraus zuerst der Flecken Lohr und später das Städtchen Lahr entstand. Die Grafen von Geroldseck erbauten sich hier ein Schloss und eine Linie nannte sich von Geroldseck-Lahr. Ein Unglück war es für die Stadt, dass diese Grafen ausstarben und die Herrschaft unter weit entfernte Gebieter kam: die Grafen von Mörs und später an die von Nassau. Im dreißigjährigen, ferner im französischen Raubmordkriege unter Ludwig XIV., litt auch Lahr sehr viel und brannte im Jahr 1677 ganz ab. Es lebten damals zweiunddreißig adelige Familien dort, die sich von dieser Zeit an alle hinwegzogen. Später, unter Nassauischer Herrschaft in den glücklichen Zeiten des Friedens, fing die Stadt wieder an aufzublühen und der Haupt-Marktplatz für das Schuttertal und das Ried zu werden. Gerberei, Weberei, Garn- und Leinwandhandel, Krämerei aller Art bildeten die vorherrschendsten Gewerbe. Die Leute vom Land fanden hier ihre Bedürfnisse und eine Menge kleiner Krämer ihren Unterhalt. Und

Klein auf Klein

Baut sein Nest das Vögelein

Aus den Krämern wurden endlich wohlhabende, ja reiche Kaufleute und Fabrikbesitzer In der Zeit des französischen Revolutionskrieges, in den neunziger Jahren, wo der Rhein und Straßburg gesperrt waren, zogen die betriebsamen Lahrer den Speditionshandel von Straßburg und Kehl größtenteils in ihre Stadt. Seitdem blieb ihr Flor immer in steigender Zunahme und jetzt ist sie nach Mannheim die bedeutendste Handelsstadt des Großherzogtums.

D. F.

Ursprung von Hohengeroldseck.

Links ab von der schönen Straße, welche von Lahr in das Kinzigtal führt, nicht weit von Biberach, liegen auf einer Anhöhe die Trümmer des einst für unüberwindlich gehaltenen Schlosses Hohengeroldseck. An Alter und Wechsel der Schicksale übertrifft vielleicht kein edles Haus auf dem weiten Gebirge den Stamm der Geroldsecker, und in Zeiten, in welchen wir gewohnt sind, unsre Sagenkreise zu finden, lebte hier schon eine ältere Sagenwelt in dem Munde der Edlen. Als Pippin der Kurze – so erzählen sie – der König der mächtigen Franken, all’ seine Mannen aufbot, um jenseits der Alpen die stolzen Langobarden und ihren König Astolf zu bändigen, folgte ihm auch Marsilius, ein Herzog vom Schwabenlande. Seine treuen Dienste machten ihn bald zum Liebling des Frankenkönigs, und als ihm Regarda, die Tochter Hildebrands von Andechs, des Grafen über Bayern, einen Sohn gebar, gab er ihm, nach einer Straße in Rom, den Namen Geroldseck. („De platea in Roma Geroltzeck, ibi dicta stirps est progressa;“ dies soll die Umschrift eines alten Steines in der Empfinger Kirche gewesen sein.) Dieser Gerold war folglich der Bruder der Hildegarde, der Gemahlin Karls des Großen. Ihm übertrug deswegen dieser Kaiser die herzogliche Würde in Bayern, das Markgrafentum in Österreich und die Grafschaft in der Reichenau. Dem Heerbann leistete Gerold jederzeit treulich Folge; in den Sachsenkriegen erschlug er mit eigener Hand den weitgefürchteten Wittekind und gegen die Allesverheerenden Hunnen schützte ein herrlicher Sieg seine Markgrafschaft. Allein er verfolgte den Feind mit allzu großem Eifer; die Heiden wandten sich plötzlich gegen ihn, denn er war nur noch von weniger Mannschaft begleitet, und erschlugen den Tapferen. Seine Leiche wurde nach der Reichenau geführt und im Chor des Münsters auf der rechten Seite des Hochaltares begraben. Der Märtyrertag Gerolds ist der zweite Oktober des Jahres 799.[1]

(S. Max von Rings „Malerische Ansichten der Ritterburgen Teutschlands.“ Sektion Baden. 1tes Heft der 2ten Abteilung.)

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