Briefe

Briefe – Coelestin I.

Papst Coelestin I. lebte von ca. 376 bis 1. August 432 und war vom 10. September 422 bis zu seinem Tod Bischof von Rom. Coelestin verbrachte seine Amtszeit vor allem mit der Bekämpfung verschiedener als häretisch geltender Ideologien. Er unterstützte die Mission der gallischen Bischöfe, die 429 Germanus von Auxerre nach Britannien schickten, um den Pelagianismus zu bekämpfen, und beauftragte später Palladius als Bischof für die Schotten in Irland und Nordbritannien. Im Jahr 430 hielt er eine Synode in Rom ab, die die offensichtlichen Ansichten des Nestorius verurteilte. Dieser Band beinhaltete seine wichtigsten Briefe.

Briefe

Briefe.

Format: eBook/Taschenbuch

Briefe

ISBN eBook: 9783849660284

ISBN Taschenbuch: 9783849668167

 

Auszug aus dem Text:

 

1. Schreiben des Augustinus, Bischofs von Hippo, an den Papst Cölestinus. [iii]

 

Einleitung und Inhalt.

Dasselbe betrifft die schon beim P. Bonifacius anhängig gemachte Angelegenheit des Bischofs Antonius von Fussala. Bonifacius hatte, wie wir oben [iv] sahen, den Antonius freigesprochen, unter der Bedingung, daß der ihm gesandte Bericht wahr sei; inzwischen war P. Bonifacius gestorben; die Bischöfe Numidiens aber versammelten sich nun nach der Ankunft des päpstlichen Schreibens unter ihrem Primas Valentinus zahlreicher zur erneuerten Untersuchung der gegen Antonius erhobenen Anklagen; Valentinus, nunmehr von der Wahrheit derselben überzeugt, änderte das ihm von Antonius erschlichene Urtheil  und berichtete den wahren Sachverhalt an den P. Cölestinus. Zu gleicher Zeit machten die Fussalenser dem heil. Augustinus bittere Vorwürfe, daß er ihnen einen so jungen, unbewährten Mann zum Bischofe gegeben, und baten P. Cölestinus dringend, sie von diesem ihrem Ruhestörer zu befreien. Augustinus fand ihre Klagen und Vorwürfe so gerecht, daß er ihre Bitten an den Papst durch die seinigen unterstützte und diesen, nachdem er den ganzen Hergang mit Antonius dargestellt, gleichfalls inständig um die Aufrechterhaltung des ganz gerechten Urtheils gegen Antonius anflehte. Ohne Zweifel wurden diese drei genannten Schreiben, des Primas Valentinus nemlich, die Klage und Bittschrift der Fustalenser und des hl. Augustinus zugleich an den Papst gesandt; aus dem Anfange des letzteren ist zu ersehen, daß sie gleich, nachdem sich die Nachricht von der Wahl des Papstes Cölestinus in Africa verbreitete, also Anfangs des J. 423 abgefaßt sind.

Text.

Dem heiligsten Herrn und in schuldiger Liebe vrehrungswürdigen heiligen Papste Cölestinus (entbietet) Augustinus Gruß im Herrn.

1. Zuerst wünsche ich dir Glück wegen deiner Verdienste, weil der Herr unser Gott, ohne alle Spaltung seines Volkes, [v] wie wir hörten, dich auf jenen Stuhl setzte. Hernach lege ich deiner Heiligkeit unsere Angelegenheiten an’s Herz, damit du uns nicht bloß durch Gebet, sondern auch durch Rath und Hilfe beistehest. Denn in großer Betrübniß richte ich dieses Schreiben an deine Heiligkeit, da ich bei dem  Willen, einigen Gliedern Christi in unserer Nachbarschaft zu nützen, ihnen durch Sorglosigkeit und Unvorsichtigkeit ein großes Unheil verursacht habe.

2. Fussala heißt ein dem Gebiete von Hippo naheliegendes Castell. Früher war dort nie ein Bischof, sondern es gehörte mit seiner Umgebung zur Paröcie der hipponensischen Kirche. Jener Landstrich hatte wenig Katholiken, die übrigen dort unter einer großen Menschenmenge befindlichen Gemeinden beherrschte zu ihrem Unglücke die Irrlehre der Donatisten, so daß in jenem Castell gar kein Katholik lebte. Man trachtete im (Vertrauen auf) Gottes Barmherzigkeit, alle jene Orte der Einheit der Kirche einzuverleiben, mit welchen Anstrengungen und Gefahren von unserer Seite, wäre zu weitläufig zu erklären; so daß daselbst die Priester, welche zuerst zu deren Wiedervereinigung von uns beauftragt waren, ausgeraubt, geschlagen, verstümmelt, geblendet, gemordet wurden; doch waren ihre Leiden nicht nutzlos und unfruchtbar, da die Einheit vollkommen gesichert wurde. Da aber genanntes Castell von Hippo vierzig Meilen entfernt ist und ich sah, daß ich mit der Leitung derselben und mit der Sammlung der noch wenigen Übrigen, welche in beiden Geschlechtern noch dem Irrthume anhiengen, jedoch nicht mehr drohten, sondern flohen, zu weit abgezogen werde, auch die hier so nothwendige Sorgfalt nicht aufbringen könne, so ließ ich daselbst einen Bischof ordiniren und bestellen.

3. Zu diesem Zwecke suchte ich nach einem für jenen Ort geeigneten und entsprechenden Manne, der auch der punischen Sprache mächtig wäre. Ich hatte auch einen mit den gedachten Eigenschaften ausgerüsteten Priester, zu dessen Ordination ich den heiligen Greise, welcher damals den Primat über Numidien hatte, brieflich bat, die weite Reise hieher zu machen. Als dieser schon zugegen war und Alle wegen der so wichtigen Angelegenheit in banger Erwartung waren, ließ uns der mir geeignet Scheinende zur Stunde  in Stich, indem er auf alle Weise sich widersetzte. Ich aber, da ich vielmehr, wie es der Ausgang zeigte, eine so gefährliche Angelegenheit hätte hinausschieben sollen als übereilen, weil ich nicht wollte, daß der ehrwürdigste und heiligste Greis, welcher sich bis zu uns bemühte, ohne Erreichung des Zweckes, zu dem er so weit hergekommen war, nach Haus zurückkehre, schlug ihnen, ohne daß sie es begehrten, einen jungen Mann, Namens Antonius, vor, welcher damals mit mir war, allerdings von Kindheit an im Kloster von uns auferzogen worden, aber ausser des Lectoramtes durch keine Stufen und Arbeiten des Klerikates bekannt war. Jene Unglücklichen aber, weil sie die Zukunft nicht kannten, schenkten meinem Vorschlag im vollsten Gehorsam ihr Vertrauen. Was solI ich noch weiter sagen ? Es war geschehen, er wurde ihr Bischof.

4. Was soll ich nun thun? Ich will bei deiner Ehrwürdigkeit den nicht anklagen, welchen ich zur Pflege aufgenommen; ich will die nicht verlassen, welche ich, indem ich sie sammelte, unter Furcht und Schmerzen geboren; wie ich aber Beides thun könnte, weiß ich nicht. Die Sache gedieh zu solch’ einem Argerniß, daß Die gegen ihn hier bei uns Klagen vorbrachten, welche uns mit der Annahme seines Episkopates, als ob sie gut berathen wären, Folge geleistet hatten. Da unter diesen Klagepuncten das Hauptverbrechen der Nothzucht, welches ihm nicht von denen, deren Bischof er war, sondern von gewissen Anderen vorgeworfen wurde, durchaus nicht nachgewiesen werden konnte und er auch von dem, was aus übergroßer Mißgunst vorgebracht wurde, frei zu sein schien, so bemitleideten wir und Andere ihn derart, daß, was immer von den Bewohnern des Castells und den Leuten jener Gegend über seine unerträgliche Herrschsucht, über Beraubungen, verschiedenartige Bedrückungen und Erpressungen geklagt wurde, wir für keinen genügenden Grunde hielten, ihn deßhalb oder wegen alles Dieses zusammen des Bischofsamtes zu entsetzen, sondern ihn nur zum Ersatze des nachweisbaren Schadens (verpflichteten).

5. Schließlich milderten wir unser Urtheil dahin, daß unter Wahrung seiner Bischofswürde, doch nicht gänzlich ungestraft bleibe, was weder er selbst nicht wiederholen durfte noch Andere nachahmen. Die Würde also ließen wir dem jungen Manne ungeschmälert, damit er sich bessere; zu seiner Strafe aber schmälerten wir seine Gewalt, so daß er fernerhin Jenen nicht vorstehen durfte, gegen die er so gehandelt hatte, daß sie im gerechten Schmerze ihn nicht weiter als ihren Bischof ertragen konnten, da sie auch einen solch´ ungestümen Schmerz zur Schau trugen, daß man für ihn und sie fürchten mußte, er könne in irgend ein Verbrechen ausarten. Diese ihre Stimmung zeigte sich auch damals ganz deutlich, als die Bischöfe mit ihnen über Jenen verhandelten, da doch der ansehnliche [vi] Celer, [vii] über dessen ihn allzusehr drückende Verwaltung er klagte, weder in Africa noch sonstwo irgend ein Amt bekleidet.

6. Allein wozu bin ich so weitläufig? Hilf uns, ich beschwöre dich, durch deine Frömmigkeit, ehrwürdiger, heiligster Herr und in schuldiger Liebe verehrungswürdiger heiliger Papst, und laß dir Alles vorlesen, was dir geschickt wurde. Sieh’, wie er sein Bischofsamt verwaltete, wie er unserem Urtheile, daß er der Gemeinschaft so lange beraubt sei, bis den Fussalensern Alles ersetzt würde, soweit zustimmte, daß er nachher nach Abschluß der Verhandlung für die abgeschätzten Gegenstände Geld hinterlegte, damit er wieder in die Gemeinschaft aufgenommen werde; mit welch’ verschmitzter Rede er den heiligen Greis, unseren Primas, einen so bedächtigen Mann hintergangen, daß er ihm Alles glaubte und ihn als in jeder Hinsicht Schuldlosen dem verehrungswürdigen Papste Bonifacius empfahl; wozu soll ich noch  das Übrige wiederholen, da der erwähnte heilige Greis deiner Heiligkeit Alles berichtete?

7. Bei allen den mannigfaltigen Acten, in welchen unser Urtheil über Jenen enthalten ist, müßte ich noch mehr besorgen, daß wir als viel zu wenig strenge Richter erscheinen, als es sein durfte, wenn ich nicht wüßte, daß ihr so zur Barmherzigkeit geneigt seid, daß ihr nicht nur uns, die wir mit Jenem Schonung hatten, sondern auch ihn selbst schonen zu müssen glaubt. Jener aber sucht, was von uns aus Güte oder Nachlässigkeit geschehen, spitzfindig zu verdrehen und für sich auszunützen. Er schreit und klagt: Entweder mußte ich auf meinem Bischofsstuhle sitzen bleiben, oder ich durfte nicht Bischof sein; als ob er jetzt anderswo säße als auf seinem (Bischofsstuhle). Deßhalb wurden ihm ja jene Orte angewiesen und belassen, damit es nicht heisse, er sei gegen die Anordnungen der Väter [viii] unerlaubt auf einen fremden Bischofsstuhl übersetzt worden. Oder soll man etwa, sei es Strenge oder Milde, soweit treiben, daß man gegen Solche, welche nicht der Bischofswürde entsetzt zu werden verdienen, gar keine Strafe gebrauche oder Solche, welche etwas Strafwürdiges begangen, (gleich, ihres Bischofsamtes beraube?

8. Es giebt Beispiele, wo der apostolische Stuhl selbst das Urtheil fällte oder die Urtheile Anderer bestätigte, daß Gewisse wegen gewisser Vergehen weder der Bischofswürde verlustig wurden noch ganz ungestraft ausgiengen. Um auf entfernte Zeiten nicht zurückzugreifen, will ich Neues erwähnen. Es beschwere sich Priscus, Bischof der cäsariensischen Provinz: Entweder mußte, wie den Übrigen, so auch  mir der Primat offen stehen, oder es durfte mir das Bischofsamt (überhaupt) nicht bleiben. Es beschwere sich Victor, ein anderer Bischof derselben Provinz, mit welchem, da er dieselbe Strafe wie Priscus erhielt, kein Bischof ausser in seiner Diözese Gemeinschaft hält, er beschwere sich, sage ich: Entweder darf ich allenthalb Gemeinschaft haben, oder ich darf auch in meinen Orten keine Gemeinschaft haben. [ix] Es beschwere sich auch ein dritter Bischof derselben Provinz, Laurentius, auf ganz ähnliche Weise: Entweder sollte ich auf dem Bischofsstuhle, für den ich ordinirt wurde, sitzen bleiben, oder ich durfte (gar) nicht Bischof sein. Wer aber möchte Dieß tadeln, der nur einigermassen bedenkt, daß weder Alles ungestraft bleiben noch Alles auf dieselbe Weise geahndet werden dürfe!

9. Weil also der seligste Papst Bonifacius mit wachsamer Hirtenvorsicht in seinem Schreiben, wo er vom Bischofe Antonius redet, die Worte beisetzte: „Wenn er uns den Hergang der Sache getreulich mitgetheilt hat,„ so erfahre nun den Hergang der Dinge, welchen Jener in seiner Klageschrift verschwieg, und was geschah, nachdem das Schreiben jenes Mannes seligen Andenkens in Africa gelesen worden, und komme jenen Leuten zu Hilfe, welche deinen Beistand viel ungestümer begehren als Jener, von dessen Beunruhigung befreit zu werden sie sehnlich verlangen. Denn mit Gerichten, öffentlichen Gewalten und militärischen Angriffen als Vollstreckern[x] des vom apostolischen Stuhle gefällten Urtheiles droht er oder (wenigstens) sehr häufig auftauchende Gerüchte, so daß die Unglücklichen als katholische Christen größere Übel von einem katholischen Bischofe befürchten, als sie, da sie Häretiker waren, von den Gesetzen der Kaiser[xi] besorgten. Laß das nicht geschehen, ich beschwöre dich bei dem Blute Christi, bei dem Andenken an den Apostel Petrus, welcher die Vorsteher der christlichen Völker ermahnte,[xii] daß sie nicht mit Gewalt über die Brüder herrschen mögen. Ich empfehle die Katholiken von Fussala, als meine Kinder in Christus, und den Bischof Antonius, als meinen Sohn in Christus, weil ich beide liebe, auch beide der gütigen Liebe deiner Heiligkeit. Ich zürne weder den Fussalensern, weil sie sich mit Recht über mich bei dir beklagen, daß ich sie mit einem Menschen heimgesucht, den ich nicht erprobt, der noch nicht einmal durch sein Alter gekräftigt war, von dem sie soviel zu leiden hätten. Auch will ich Diesem nicht schaden, dessen böser Lust ich desto mehr mich entgegenstelle, je aufrichtiger ich ihn liebe. Beide mögen deine Barmherzigkeit erfahren, Jene, damit sie keine Übel erleiden, Dieser, damit er keine begehe; Jene, damit sie nicht die katholische (Kirche) hassen, wenn ihnen von katholischen Bischöfen, vorzüglich vom apostolischen Stuhle selbst, gegen einen katholischen Bischof nicht Hilfe geleistet wird, Dieser aber, damit er nicht das Verbrechen auf sich lade, daß er Diejenigen, welche er gegen ihren Willen zu den Seinigen zu machen strebt, Christo entfremde.

10. Mich quält, ich muß es deiner Heiligkeit bekennen, in dieser gefährlichen Lage beider Theile eine solche Angst und Trauer, daß ich mein Bischofsamt aufzugeben gedenke und unablässig meinen Irrthum zu beweinen, wenn ich sehe, daß durch den, zu dessen Erhebung zum Bischofsamte ich aus Unklugheit gerathen, die Kirche Gottes verwüstet wird und, was Gott selbst verhüten möge, zugleich mit dem, der sie verwüstet, zu Grunde geht. Der Worte des Apostels eingedenk: [xiii] „Wenn wir selbst uns richteten, würden wir nicht vom Herrn gerichtet werden,“ will ich selbst mich richten, daß Der meiner schone, welcher die Lebenden und Verstorbenen richten wird. Wenn du aber sowohl die Glieder Christi jener Gegend von ihrer tödtlichen Furcht und Traurigkeit befreit als auch mein Greisenalter durch diese barmherzige Gerechtigkeit getröstet haben wirst, so wird dir für das gegenwärtige und zukünftige Leben Der Gutes um Gutes vergelten, welcher in dieser Trübsal durch dich uns zu Hilfe kommt und dich auf jenem Stuhle einsetzte.

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