Essentielle Schriften

Essentielle Schriften – Kyrill von Alexandria

Kyrill von Alexandria lebte von ca. 376 bis 444 und war von 412 bis zu seinem Tode Patriarch von Alexandria. Er wurde inthronisiert, als die Stadt auf dem Höhepunkt ihres Einflusses und ihrer Macht innerhalb des Römischen Reiches stand. Kyrill schrieb viel und war ein führender Protagonist in den christologischen Kontroversen des späten 4. und 5. Jahrhunderts. Er war eine zentrale Figur auf dem Konzil von Ephesus im Jahr 431, das zur Absetzung von Nestorius als Patriarch von Konstantinopel führte. Kyrill wird zu den Kirchenvätern gezählt, und sein Ansehen innerhalb der christlichen Welt führte zu seinem Titel “Säule des Glaubens.” Der römische Kaiser Theodosius II. verurteilte ihn jedoch, weil er sich wie ein “stolzer Pharao” verhielt, und die nestorianischen Bischöfe erklärten ihn auf ihrer Synode auf dem Konzil von Ephesus zum Ketzer und bezeichneten ihn als ein “Ungeheuer, geboren und aufgewachsen zur Zerstörung der Kirche.” Dieser Band beinhaltet eine große Auswahl seiner wichtigsten Schriften.

Essentielle Schriften

Essentielle Schriften.

Format: eBook/Taschenbuch

Essentielle Schriften

ISBN eBook: 9783849660291

ISBN Taschenbuch: 9783849668174

 

Auszug aus dem Text:

 

Erklärung des nizänischen Glaubensbekenntnisses

1.

 

 Die Erklärung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses dürfte um 438 verfaßt worden sein; zu Eingang [c. 5] wird des Konzils zu Ephesus vom Jahre 431 gedacht; gegen Ende [c. 29] wird ein, wie es scheint, nicht mehr erhaltenes Schreiben des Patriarchen Proklus von Konstantinopel, 434—446, angezogen. In der Gesamtausgabe hat diese Erklärung unter den Briefen als Ep. 55 eine Stelle gefunden [Migne 77, 289—320]. Eine neue Rezension bei Schwartz a. a. O. I 1, pars 4,49—61.

Den geliebten und hochgeschätzten Presbytern Anastasius, Alexander, Martinianus, Johannes, Paregorius, dem Diakon Maximus und den übrigen orthodoxen Vätern der Mönche sowie allen, die mit euch ein Mönchsleben führen und im Glauben an Gott feststehen, sagt Cyrillus Gruß im Herrn.

Auch heute muß ich die Wißbegier und den Eifer eurer Liebe lebhaft anerkennen und allen Ruhmes wert erklären. Denn wer sollte das Interesse für die göttlichen Wissenschaften und das Streben nach richtigem Verständnis der heiligen Glaubenslehren nicht freudig begrüßen? Führt es doch dem ewigen und seligen Leben entgegen und sind diese Mühen ihres Lohnes sicher. Denn unser Herr Jesus Christus sagt einmal zu dem Vater und Gott im Himmel: „Das aber ist das ewige Leben, daß sie dich erkennen, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus.”1

 

2.

Der rechte und unanfechtbare Glaube, der begleitet ist von dem Glanze guter Werke, bereichert uns ja mit allem Guten und beweist, daß wir ausgezeichnete Herrlichkeit erlangt haben. Entbehrt jedoch die Vortrefflichkeit des Tuns der rechten Lehranschauungen und des  untadeligen Glaubens, so kann sie der Seele des Menschen, wie ich glaube, keinerlei Nutzen bringen. Denn wie „der Glaube ohne die Werke tot ist“,2so ist, behaupten wir, auch das Umgekehrte wahr. In Verbindung mit dem Ruhme eines guten Lebens soll also auch die Makellosigkeit im Glauben ihre Strahlen aussenden. So erst werden wir allen Anforderungen entsprechen gemäß dem Gesetze des allweisen Moses; „Denn du sollst vollkommen sein”, sagt er, „vor dem Herrn deinem Gott.“3Diejenigen aber, welche die Regeln eines lobenswerten Wandels innehalten, aus Unwissenheit jedoch auf den Besitz des rechten Glaubens wenig Gewicht legen, gleichen gewissermaßen den Leuten, die ein ansprechendes Äußere haben, jedoch einen irren und wirren Blick der Augen, so daß auf sie das Wort Anwendung findet, welches Gott durch den Mund des Jeremias an die Mutter der Juden, ich meine an Jerusalem, richtete: „Siehe, deine Augen und dein Herz sind nicht schön.”4

 

3.

Ihr müßt also vor allem einen gesunden Geist in euch haben und der Heiligen Schrift eingedenk sein, die da spricht und mahnt: „Deine Augen sollen das Rechte schauen.“5Einen geraden Blick der im Innern verborgenen Augen haben aber heißt scharf und, soweit es möglich ist, durchdringend die Lehren würdigen können, wie sie etwa über Gott vorgetragen werden. Wir „sehen ja durch einen Spiegel und in rätselhafter Weise und erkennen nur stückweise“,6der aber, „der aus der Finsternis Geheimnisvolles entschleiert„,7gießt das Licht der Wahrheit denen ein, die recht über ihn unterrichtet sein wollen. Wir müssen uns daher vor Gott niederwerfen und sprechen: „Erleuchte meine Augen, daß ich nicht etwa entschlafe zum Tode!“8Denn des rechten Verständnisses der heiligen Glaubenslehren verlustig gehen, würde nichts anderes sein als ein offenbares Entschlafen  zum Tode. Wir verlieren aber das rechte Verständnis, wenn wir uns, statt den gotteingegebenen Schriften zu folgen, von tadelnswerten Mutmaßungen leiten oder durch den Anschluß an gewisse Leute, welche einen falschen Weg in Glaubenssachen wandeln, das Urteil unseres Verstandes beeinflussen und damit vor allem unsere Seele zu Schaden kommen lassen.

 

4.

Demnach müssen wir auf solche hören, welche dem rechten Sinn des Glaubens nachforschen nach Maßgabe der heiligen Predigt, wie diejenigen sie uns durch den Heiligen Geist überliefert haben, „die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes geworden sind„.9In ihre Fußtapfen zu treten, befleißigten sich unsere berühmten Väter, die da das ehrwürdige und ökumenische Glaubenssymbol aufgestellt haben, als sie seinerzeit zu Nizäa zusammengetreten waren. Christus selbst war Teilnehmer dieser Versammlung, er, der gesagt hat: „Wo immer zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“10Wie könnte man bezweifeln, daß Christus selbst unsichtbarer Weise Vorsitzender jener heiligen und großen Versammlung war? Mit dem Bekenntnisse des lautern und unverfälschten Glaubens wurde ja für die Menschen auf dem ganzen Erdkreis gleichsam eine Basis und ein unzerstörbares und unerschütterliches Fundament gelegt. Wie soll da Christus fern gewesen sein, da er doch selbst das Fundament ist nach dem Satze des hochweisen Paulus: „Ein anderes Fundament kann niemand legen als das, was schon gelegt ist, nämlich Jesus Christus.„11Der von ihnen dargelegte und festgelegte Glaube ist denn auch unverbrüchlich gewahrt worden von den späteren heiligen Vätern und Hirten der Völker und Leuchten der Kirchen und den hervorragendsten Lehrmeistern. Auch finden wir, daß in den Bekenntnissen oder Darlegungen der Väter über den rechten und unverdorbenen Glauben  schlechterdings nichts ausgelassen oder übersehen worden ist von allem dem, was dienlich sein kann, sei es zur Überführung oder Widerlegung irgendwelcher Häresie oder gottlosen Frechheit, sei es zur Stärkung und Festigung derer, die den rechten Weg im Glauben wandeln, denen der strahlende Morgenstern aufgegangen und „der Tag angebrochen ist“, nach den Schriften,12denen die Gnade der heiligen Taufe das Licht der Wahrheit eingießt.

 

5.

Da aber eure Gottesfurcht geschrieben hat, daß gewisse Leute das Symbol zu falschen Deutungen mißbrauchen, weil sie entweder den Sinn seiner Worte nicht recht verstehen oder auch durch Einwirkung der Schriften gewisser Leute sich zu falschen Auffassungen verleiten lassen, und daß auch ich über diese Dinge zu euch reden und euch eine zutreffende Erklärung geben müsse, so habe ich geglaubt, das, was sich mir aufdrängte, in Kürze vortragen zu sollen. Allenthalben jedoch werden wir den Bekenntnissen und Lehren der heiligen Väter folgen, indem wir das von ihnen Gesagte genau und unvoreingenommen zu Rate ziehen. Es hat ja auch schon die heilige Synode, ich meine diejenige, die nach Gottes Willen zu Ephesus versammelt war und gegen die Falsch lehre des Nestorius ihr frommes und zutreffendes Urteil abgab, mit ihm zugleich alle andern, die etwa nach ihm auftreten würden oder auch schon vor ihm aufgetreten sind, wenn sie ebenso wie er zu denken und zu sprechen oder zu schreiben wagen, verurteilt und mit der gleichen Strafe belegt. Es war eben folgerichtig, wenn einmal einer wegen so verruchter Schwätzereien verdammt wurde, nicht nur gegen diesen einen einzuschreiten, sondern gegen ihre Häresie überhaupt oder gegen die Verleumdung, deren sie sich den frommen Glaubenslehren der Kirche gegenüber schuldig gemacht haben, indem sie zwei Söhne predigten und den Unteilbaren  auseinanderrissen und gegen Himmel und Erde die Anklage der Menschenanbetung schleuderten. Denn im Vereine mit uns betet die ganze heilige Schar der obern Geister den einen Herrn Jesus Christus an.

 

6.

Damit indessen der Inhalt des Symbols, welches in allen heiligen Kirchen Gottes Geltung hat und verkündet worden ist, nicht doch bei einigen unbekannt bleibe, habe ich die Lehren oder Darlegungen der heiligen Väter in die hier vorliegende Erklärung aufgenommen, damit die Leser wissen, in welcher Weise die Darlegung der heiligen Väter oder das lautere Symbol des rechten Glaubens aufzufassen ist. Ich glaube aber annehmen zu dürfen, daß auch das Buch, welches wir über eben diese Dinge verfaßt haben, zur Kenntnis eurer Liebe gekommen ist.13Nachdem ich nunmehr, wie gesagt, das Symbol selbst im Wortlaute angeführt, werde ich mich mit Gottes Hilfe den einzelnen Sätzen desselben zuwenden, um sie deutlich zu erklären. Ich weiß ja wohl, daß der allgefeierte Petrus geschrieben hat: „Immer bereit zur Verteidigung gegen jeden, der Rechenschaft von euch fordert über die in euch lebende Hoffnung.”14

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