Sieben Gespräche über die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit

Sieben Gespräche über die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit – Kyrill von Alexandria

Kyrill von Alexandria lebte von ca. 376 bis 444 und war von 412 bis zu seinem Tode Patriarch von Alexandria. Er wurde inthronisiert, als die Stadt auf dem Höhepunkt ihres Einflusses und ihrer Macht innerhalb des Römischen Reiches stand. Kyrill schrieb viel und war ein führender Protagonist in den christologischen Kontroversen des späten 4. und 5. Jahrhunderts. Er war eine zentrale Figur auf dem Konzil von Ephesus im Jahr 431, das zur Absetzung von Nestorius als Patriarch von Konstantinopel führte. Kyrill wird zu den Kirchenvätern gezählt, und sein Ansehen innerhalb der christlichen Welt führte zu seinem Titel “Säule des Glaubens.” Der römische Kaiser Theodosius II. verurteilte ihn jedoch, weil er sich wie ein “stolzer Pharao” verhielt, und die nestorianischen Bischöfe erklärten ihn auf ihrer Synode auf dem Konzil von Ephesus zum Ketzer und bezeichneten ihn als ein “Ungeheuer, geboren und aufgewachsen zur Zerstörung der Kirche.” Dieses Werk gehört zu seinen wichtigsten Abhandlungen.

Sieben Gespräche über die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit

Sieben Gespräche über die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit .

Format: eBook/Taschenbuch

Sieben Gespräche über die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit

ISBN eBook: 9783849660307

ISBN Taschenbuch: 9783849668181

 

Auszug aus dem Text:

 

Erstes Gespräch. Daß der Sohn Gott dem Vater wesensgleich und gleichewig ist.

1.

 A. Unseren ehrwürdigen3 Hermias konnten wir gestern und vorgestern nicht sehen, da es ihm weder öffentlich aufzutreten beliebte, wie mir scheint, noch überhaupt auszugehen; aber dich scheuchte gewiß das stürmische Wetter zu Hause. Ein solches Verhalten war ja auch ganz natürlich. Jetzt aber hat dich kaum das herrliche, schöne Wetter sichtbar gemacht.

B. Du sprichst wahr. Das Alter ist ja immer unaufgelegt und zum Ausgehen höchst langsam, besonders wenn es regnet.

A. Witzig also und gerade heraus redend könnte man dich, wenn man wollte, den Fischen im Meere vergleichen, welche, wenn ein wilder und tosender Wind den Wogenandrang aufrührt und sausend niederstürzt, einzeln sowohl als schaarenweise in die Schlupfwinkel in der Tiefe sich ergießen und, wie in einen Wald oder dichtes Gebüsch sich  bergend, ihre Sicherheit suchen; wenn aber der Schimmer des Sonnenstrahles auf den Wellen schwimmt und sie bereits wieder das ganze Meer gleichsam lachen sehen, herauf kommen und herauf schwimmen und auf den oberen Wellen springen mit Ablegung der Furcht sowohl als der Trägheit.

B. Du sollst wissen, mein Lieber, daß es sich mit mir in der That nicht anders als so verhält.

A. Von der Menge aber und von Geschäften bist du indessen weit entfernt und am Herde ist das Gemüth dir ruhig, wie ich glaube.

B. Und was ergibt sich daraus?

A. Ein gar großer und für Fromme sich geziemender Nutzen. Oder werden wir nicht auch der Ruhe etwas Gutes zuschreiben?

B. O ja, gewiß.

A. Das durch göttliche Eingebung zur psallirenden Leier gesungene Lied wird ja in der That diese Ansicht als vollkommen wahr erweisen.

B. Was für eines meinst du?

A. „Ruhet und erkennet, daß ich Gott bin!“4 Denn das körperliche Auge, wenn es von Staub und Rauch und Allem, was sonst es trüben kann, frei ist, gewährt Dem, was ihm aufzustoßen pflegt, eine leichte und ungehinderte Wirksamkeit; wenn aber irgend ein Leiden es beschädigt, wird es weniger, als es soll, seinen Gegenständen sich zuwenden, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß es bisweilen auch seiner Schärfe ermangeln wird. Auch der menschliche Geist, wenn er ruhig ist und gesetzt und von eitler und schmutziger Phantasie sich fern zu halten gewohnt, sieht scharf und klar und gewinnt eine irrthumsfreie Erkenntniß des Seienden (Wirklichen); wenn er aber durch irgend ein Gebrechen stumpf wird, wird er selbst die göttliche Schönheit nicht sehen, sondern gleichsam auf das  Irdische sich hinsetzen wie die naßgewordenen Spatzen, die durch die Gebundenheit am Flug in die Höhe gehindert sind.

B. Du hast Recht.

A. Du meinst also doch, o Hermias, während du müssig zu Hause weiltest, daß es sich geziemte, dieses göttlichen Ausspruches eingedenk zu sein? Auch sind dir so zu sagen seit gestern und vordem heilige Bücher in Händen und ein sehr großer Lerneifer ist deinem Geiste eingepflanzt, der wie einen feinnasigen Spürhund dich treibt zur Jagd nach Dem, was zu wissen sich ziemt. Oder vielleicht auch werden wir die Ursachen der Unlust an einer derartigen Arbeit dem über die Jugend des Leibes bereits hinausgehenden Alter zuschreiben, oder wirst du wenigstens etwas Anderes sagen, auch wenn es nicht wahr ist? Ich aber möchte dich auf’s freundlichste5 schelten und etwa sagen, ein alter Mensch lüge gern und verlange noch dazu, daß man Das, was er will und sagt, höchst bereitwillig gläubig annehme.

B. Viel zwar hätte ich zu klagen über die Schwäche des Leibes; denn wir sind bereits an der Neige des Lebens angekommen; aber Solches jetzt bei Seite lassend will ich also das Nothwendige sagen. Wißbegierig nämlich ist mein Geist zwar gewissermaßen immer, und er trachtet vielleicht nach Nichts als nach Dem allein; aber wie ein edles und schnellläufiges Füllen, obwohl es die Kraft der Füße zeigen will, durch die Unebenheiten der Felder auch wider Willen genöthigt wird, den Erweis seiner Stärke für abgeschnitten zu halten: auf dieselbe Weise, meine ich, hindern auch mich, der ich von einer warmen und unhemmbaren Neigung eingenommen bin, mich eifrig mit den heiligen Schriften zu beschäftigen, die unzugänglichen und unwegsamen Stellen, die nicht, wie man vermuthen möchte, einen  einfachen und gut gebahnten Zugang haben, der Denen, die ihn nehmen wollen, offen stünde. So scheucht also gleichsam das schwierige Terrain den Geist bisweilen zur Trägheit herab; vor allen anderen aber scheue ich am allermeisten noch die Untersuchung über den Glauben, obwohl er die Grundlage unserer Hoffnung ist.

A. Nun ja denn, ich will dir ja beistimmen, wenn du Recht hast. Indeß ist doch Jedem klar, daß man sich den Besitz eines der von oben kommenden und von Gott geschenkten Güter nicht wohl ohne Schweiß, meine ich, verschaffen kann. Denn was ganz übernatürlich ist und eine hochragende Herrlichkeit hat, ist nicht Allen zugänglich, sondern nicht leicht zu erreichen, schwer hineinzukommen und steil und mit allerlei Schwierigkeit und Mühe verbunden.

B. Was sollen dann Diejenigen thun, die ein Verlangen und eine Neigung haben nach diesen herrlichen und schönen Dingen, die aber zu erringen so schwierig ist?

 

2.

A. Was Anderes meinst du, daß sie thun sollen, als den Reden der Heiligen gehorchen, welche recht sehr (uns) zurufen:6 „Wenn Einer von euch an Weisheit Mangel hat, erbitte er sie von Gott, der Allen ohne weiters gibt und es nicht vorrückt, und sie wird ihm gegeben werden“? Denn von dem göttlichen und geistigen Lichte wird doch gewiß erleuchtet, was des Lichtes entbehrt, und fürwahr, auch die Weisheit macht weise, was der Einsicht und Weisheit ermangelt. Als Licht aber und Weisheit ist Christus zu denken, „der unsere Herzen erleuchtet hat, um seine Erkenntniß leuchten zu lassen“.7 Denn Gott, der Vater, „hat uns errettet,“ wie der heilige Paulus sagt,8 „aus der Gewalt der Finsterniß und uns versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe,“ im Lichte. Und fürwahr, auch „Tagesanbruch“ hat ihn einer der Heiligen genannt und  Morgenstern überdieß. Denn er sagt:9 „Bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in eueren Herzen,“ indem er Tagesanbruch und aufgehenden Morgenstern nannte, wie ich meine, die Erleuchtung durch Christus im Geiste.

B. Allerdings, daß Christus Licht sei und in der That auch Tag und Glanz10 und Morgenstern Derer, die einmal zu den im Glauben Berufenen gehören, wird wohl Niemand bezweifeln. Wenn wir nun aber bitten würden, würdest du uns wohl in ganz übersichtlicher Weise die unverfälschte und irrthumslose Lehre des Glaubens darlegen, oder wirst du dich weigern, zu reden, und die mir zur Gewohnheit gewordene Bedenklichkeit ebenfalls in Ehren halten? Denn tausendfältig sind die Faseleien von Vielen, welche die richtige Lehre der Wahrheit trügerisch auf schlaue Weise verkehren nach ihrem Gutdünken und wilden Wespen gleich Städte und Landstriche durchfliegend gewaltigen Lärm machen, indem sie Dinge reden, die aus ihrem eigenen Herzen kommen und nicht aus dem Munde des Herrn, wie geschrieben steht.11

A. Wie bewundere ich dich, o Guter, wegen deiner unvergleichlichen Gottesliebe und bitte ich dich, niemals abzulassen von der so richtigen und höchst lobenswerthen Gesinnung! Indeß, o Freund, kannst du ganz ohne Mühe und in umfassender Weise Das erlangen, was du liebst, und ich behaupte nicht den geistigen Sinn ausgeforscht zu haben, als verspräche ich etwas Besseres als unsere Vorfahren zu sagen und zu lehren. Denn hinreichend, hinreichend sind die Schriften der heiligen Väter hierüber, und wenn Einer mit diesen sich verständig beschäftigen und aufmerksam abgeben wollte, so möchte er wohl alsbald den  eigenen Geist mit dem göttlichen Lichte erfüllen. Denn nicht sie selbst waren es, die in ihnen redeten.12 „Jede von Gott eingegebene Schrift aber ist auch nützlich.“13 Oder nicht?

B. Ja, auch Das ist wahr. Aber wenn du selbst zögern und gar nicht mithelfen, sondern gleichsam die Zunge inner den Zähnen verschließend rathen wirst, Nichts zu thun, indem du Das, daß über dergleichen Dinge die Väter uns hinreichend und zur Genüge gesprochen haben, als unumstößlichen und unbestreitbaren Vorwand Denen entgegenzustellen suchst, welche hierüber gern Etwas hören möchten, so werde ich wohl dieses Verhalten nicht loben und bitte, mir auf meine Frage zu antworten.

A. Was willst du denn von mir erfragen? Verhöhne doch nicht meinen geringen Verstand, o Trefflicher!

B. Höhnen ist meine Absicht nicht, daran fehlt viel; antworte aber und halte mich nicht auf schlaue Weise ab von der Jagd nach Dem, was ich von dir zu erfragen wünsche.

A. Aber frage doch einmal, wenn es dir beliebt.

B. Wenn es Einem der Unsrigen gefiele, etwa die Feldschafe oder Ziegen zu hüten, meinst du nicht, er brauche einen Krummstab und Hunde, damit er selbst es vertreibe, wenn etwa eines der wilden Thiere heranspränge, diese aber durch ihr Gebell zum voraus Schrecken einjagend die Keckheit des Angriffes verhindern und die Heerde unverletzt bewahren?

A. Du hast Recht.

B. Wenn es sich nun im Zeitverlauf zutrüge, daß einige der Hunde sterben und der Hirt andere einführte, ist dann bei den zweiten das Bellen und die Wachsamkeit überflüssig, da doch die früheren hiedurch in Ansehen zu stehen schienen?

 A. Und wie sollte man, was nützlich ist, für überflüssig halten oder erklären?

B. Wirst dann du selber ohne Vorwurf schweigen, der du uns nur auf die Schriften der Väter anweisest, indem du sagst, ihren vortrefflichen Arbeiten gleichkommen zu wollen sei eine vergebliche Sache, da indessen die ungeschlachten Häretiker mit thür- und thorlosem Munde die Seelen der Einfältigen aufzehren?

A. Nun, da mich ein heftiges Verlangen erfaßte (denn nicht wenig ermuntert und hinreichend aufgefordert zur Übernahme der Mühe bin ich durch deine Worte, mein Bester), wohlan denn, wollen wir also die genau und sorgfältig gefaßten Beschlüsse der heiligen und allberühmten Synode, die seiner Zeit in der Stadt Nicäa versammelt war, vornehmen und sehen, wenn es beliebt, was den Häretikern nicht tadellos zu sein scheint. Denn wenn Jemand den von jener heiligen und großen Synode auf’s Beste und mit Gott festgestellten und ausgelegten Glauben für die feste und unerschütterliche Grundlage und Stütze unserer Seelen erklären will, so wird er ganz Recht haben und wird Lob erlangen bei Christus und als treuester und wahrer Anbeter leuchten. Wörtlich aber sei uns aufgeschrieben das göttliche und höchst ehrwürdige Orakel jener heiligen Synode, das heißt das durch die sorgfältigsten Erwägungen geglättete und ausgearbeitete Symbolum des Glaubens, damit Denen, die gern über unsere Geschwätzigkeit schmähen, durchaus kein Anlaß bleibe, als haschten wir nach fremden Lehren und unterließen es, den königlichen Weg zu gehen, beugten aber ab nach der anderen Seite, bloß nach dem eigenen Gutdünken. Denn Das möchte wohl auch ich selbst für eine unbehandelbare Geisteskrankheit erklären. Denn „die ungeprüfte Weisheit irrt“, wie geschrieben steht.14 Die Auslegung des Glaubens aber lautet also: Wir glauben an einen Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer alles  Sichtbaren und Unsichtbaren; und an einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, geboren als Eingeborener aus dem Vater, das heißt aus der Wesenheit desselben, Gott von Gott, Licht vom Lichte, wahren Gott vom wahren Gott; gezeugt, nicht gemacht, wesensgleich mit dem Vater, durch welchen Alles geworden ist, sowohl was im Himmel als was auf Erden ist; der wegen uns Menschen und wegen unseres Heiles herabkam und Fleisch annahm und Mensch wurde, der litt und begraben wurde und auferstand am dritten Tage; der zu Himmel fuhr und kommen wird zu richten Lebendige und Todte; und an den heiligen Geist. Die aber sagen: „Es war einmal, da er nicht war,“ oder: „Er war nicht, bevor er geboren wurde,“ oder: „Aus dem Nichtsein ist er geworden,“ oder die sagen, der Sohn Gottes sei aus einer anderen Hypostase oder Substanz oder geschaffen oder wandelbar oder veränderlich, Solche belegt die katholische und apostolische Kirche mit dem Banne.

B. Ah, der lauteren und bis zur höchsten Vollendung gekommenen Nüchternheit! Boanerges, das heißt Donnerssohn, wird, meine ich, Jeder von Denen genannt werden, die Dieses festgestellt haben. Denn etwas Ausserordentliches und Übernatürliches haben sie ausgesprochen.

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