Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie Mereau

Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie Mereau – Clemens Brentano

Nach seiner Heirat mit der Schriftstellerin Sophie Mereau zog Brentano 1804 nach Heidelberg, wo er mit Arnim die Zeitung für Einsiedler und die Volksliedsammlung “Des Knaben Wunderhorn” herausgab. Seine Frau starb 1806 bei der Geburt des dritten Kindes; auch die beiden ersten Kinder – Achim und Joachime – sind nur wenige Wochen alt geworden. Zudem erlitt Sophie eine Fehlgeburt. Seine Briefe an seine baldige Frau zählen zu den Meisterwerken romantischer Prosa.

Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie Mereau

Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie Mereau.

Format: eBook.

Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie Mereau.

ISBN eBook: 9783849654771

 

 

Auszug aus der Einleitung:

Im Mai des Jahres 1798 bezog der neunzehnjährige Clemens Brentano die Universität Jena, um Medizin zu studieren. Die Wahl dieser Bildungsstätte, wo so bedeutende Professoren wie Schiller, die Philosophen Fichte und Schelling, der Physiker Ritter lehrten, wurde entscheidend für die ganze Richtung seines ferneren Lebens und Dichtens; denn hier trat er in enge Beziehungen zu der jungen, aufblühenden romantischen Schule, deren Führer sich in Jena zusammenfanden und einen Kreis von höchst talentvollen Schülern um sich sammelten. In schwärmerischer Verehrung schloß auch Clemens sich den Aposteln der neuen Lehre an, die zunächst nicht erkannten, welch hoher, wirklich schöpferischer Dichtergeist sich ihnen unterwarf. Aber auch trotz ihres wenig ermutigenden Verhaltens überließ sich der reiche Frankfurter Kaufmannssohn willig und vollständig ihrem Einfluß.

Der Salon Karoline Schlegels war der gesellige Mittelpunkt des romantischen Kreises, hier war es wohl auch, wo Clemens der Dichterin Sophie Mereau zum erstenmal entgegentrat. Die achtundzwanzigjährige schöne und hochgebildete Frau lebte in unglücklicher Ehe mit dem Professor der Jurisprudenz Friedrich Ernst Carl Mereau. Als Tochter des gräflichen Sekretarius, später herzoglich sächsischen Obersteuerbuchhalters Gotthelf Schubart, den Sophie in ihrem Erstlingswerk ›Das Blütenalter der Empfindung‹ liebevoll zeichnete, und seiner Frau Johanna Sophie Friederike geb. Gabler war sie am 28. März 1770 in Altenburg geboren und hatte mit ihrer älteren Schwester Henriette eine vorzügliche Ausbildung in den modernen Sprachen, im Zeichnen und in der Musik erhalten. Früh auch entwickelte sich ihr Talent zur Dichtkunst; schon 1791 nahm Schiller ein Gedicht von ihr ›Die Zukunft‹ mit der Unterschrift Demoiselle S–t in die ›Thalia‹ auf. 1794 erschien dann anonym ihr erstes größeres Werk ›Das Blütenalter der Empfindung‹.

Der reizenden, geistvollen Frau gelang es mühelos, nach ihrem Eintritt in die Jenaer Gesellschaft die Herzen aller, die mit ihr in Berührung kamen, für sich zu gewinnen. Die akademische Jugend huldigte mit Begeisterung der von Schiller ausgezeichneten Dichterin, viele von Studenten an sie gerichtete schwärmerische Gedichte sind in ihrem Nachlaß erhalten. Herder, Matthisson, Jean Paul, Kotzebue, Böttiger, Knebel und die Professoren der Universität sah sie ebenso wie die Brüder Schlegel und Tieck oft als Gäste in ihrem Hause. Mit mancher der dem Hofe nahestehenden Damen stand sie in engem Verkehr. Schiller nahm sich ihrer tätig an; kein Wunder, daß sie sich in ihren Dichtungen seiner Leitung willig ergab.

Rist, der in seinen ›Lebenserinnerungen‹ aus dem Jenaer Kreise nur über Goethe, Herder und Sophie ausführlich spricht, schildert die Dichterin folgendermaßen: »Eine liebliche Erscheinung in jenen Zusammenkünften [des Professorenklubs, zu denen auch Goethe sich einfand] war die Professorin Mereau, eine reizende kleine Gestalt, zart bis zum Winzigen, voll Grazie und Gefühl. Beides an einen rohen Gatten gekettet und verschwendet, ließ sie später von der geraden Linie weiblicher Einfalt abschweifen … Damals war sie von Allem, was Sinn und Geschmack besaß, hoch gefeiert; wo sie erschien, drängte man sich um sie, und fast um sie allein, ein dichter Schwarm von Bewunderern, die nach einem Wort, einem Lächeln von ihr haschten; ringsumher schlossen noch die Gaffer einen undurchdringlichen Kreis, aus dem mich ein richtiges Gefühl entfernt hielt; wenn ich gleich, als an ihren Mann empfohlen, auch mitunter in ihrem Hause eingeladen war. Es ist das Schicksal schöner und geistreicher Frauen, vorzüglich auf den Universitäten, daß sie, allein stehend in ihrem Geschlecht, selten die rechte Haltung bewahren und der gefährlichen, stets erneuerten Versuchung so vieler Huldigungen zu widerstehen vermögen.«

Ihrer Ehe mit Mereau entsprossen zwei Kinder, Gustav (geb. am 27. Januar 1794, gest. am 29. Januar 1800) und Hulda (geb. am 3. September 1797), die später den Professor der Theologie Ullmann heiratete. Nicht lange blieb das Glück in der Mereauschen Familie ungetrübt: die Gatten verstanden sich nicht. Sophie hielt sich für verkannt und mißhandelt von ihrem Mann, der aber gewiß manchmal Grund zur Eifersucht hatte. Sie schrieb damals in ihr Tagebuch: »Alles kann und muß man ertragen im Gefühl des Guten, was man stiftet, nur nicht mit einem Menschen zu leben, den man nicht achten kann.« Und über ihren Seelenzustand sprach sie sich selbst mit folgenden Worten aus: »Ich bin ein resigniertes Wesen, das keine Hoffnungen mehr hat als das Grab; denn es ist nicht mehr Zeit, das, was ich erreichen wollte, ist nun zu fern von mir, das Leben reicht nicht zu, es einzuholen. Weil ich mich verweilte, die kleinen Blumen der Gegenwart zu pflücken, so führten die Wellen der Zeit die einzige Blume, die mir Lebensgenuß geben konnte, hinab, ich werde sie nimmer erreichen. Der heitre Himmel lockt mir Tränen ins Auge; ach! er beleuchtet nur die Trümmern meines Erdenglücks. Ein feindseliges Gestirn waltete bei meiner Geburt, und der Zufall schwor, mir niemals günstig zu sein. Wo hätte ich Mut hernehmen sollen, das Schicksal zu bezwingen? – ich fand in mir eine Welt, die mich beschäftigte, die ich gern in die Wirklichkeit hinstellen wollte, ein angenehmes Bild für die Zuschauenden! wo ich nur Ruhe von außen brauchte, um auszubilden, was in mir lag! – Das Schicksal gönnt mir diese Ruhe nicht. Es drängt mich in Verhältnisse, wo alles mich peinigt, wo die heitern Bilder, die in mir liegen, nur wie Blumen aus Trümmern sich hie und da hervorringen, worinnen meine Weichheit mich festhält. Meine Ruhe ist Traum, meine Freude ist das Lachen der Verzweiflung, meine Harmonien sind einzelne abgerissene Töne, die von seinen Freudensälen durch die Einöde hallen. Eine unbezwingliche Neigung, meine Kräfte harmonisch auszubilden, bewahrte mich vor jener oft glücklichen Einseitigkeit, die einzelne Seiten des Geistes hervorhebt und zu hohen Genüssen beflügelt. Was ich erreichen wollte, war mehr, aber es bedurfte des Sonnenscheins glücklicher Umstände, und ein Nebel vergiftete die Blüten meines Geistes.«

Clemens hatte bald sein leicht entzündbares Herz verloren an die zierliche Frau, deren schöne blaue Augen oft so traurig blickten. Er besuchte sie häufig, erzählte ihr »sehr interessant seine Geschichte« und las ihr »seine Schrift«, den ›Godwi‹, vor, während sie »aufwachende Neigung und Wohlgefallen an »ihm« empfand. Ein Freund, der den Scherznamen Catalog führte, erkundigte sich schon am 9. Juli 1796: »Schreibe mir doch etwas von der Geschichte Deines Herzens und von den Revolutionen, die die kleine Mereau nach und nach darin anrichtet.« Gegen Ende des Jahres wurde er täglicher Tischgast im Hause Mereau und bevorzugter Verehrer der »Poesie«, wie m An Sophie im Freundeskreise gern nannte.

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