Bühnenwerke

Bühnenwerke – Georg Engel

Dieser Band beinhaltet die folgenden Bühnenwerke des Berliner Schriftstellers, dessen größter kommerzieller Erfolg der Schlüsselroman “Der Taifun” war: “Der Schweinepriester”, “Der Frauenmut”, “Ueberteufel.”

Bühnenwerke

Bühnenwerke.

Format: eBook

Bühnenwerke.

ISBN eBook: 9783849655266

 

 

Auszug aus “Der Schweinepriester”:

Erster Aufzug

Personen

Der Pfarrer von Miesbach

Hella

Michel

Büttel

Kirchenpfleger

Schullehrer

Ein Schüler

Kirchgänger

 

Szene: Der Pfarrhof.

Links stehen Scheune und Schweinestall. Zwischen beiden führt ein enger Gang in den Pfarrgarten, dessen Bäume über den Schweinestall heraussehen. Rechts steht das Pfarrhaus, mit ein paar Stufen vor der Haustüre und einer Gartenlaube an der Seite des Hauses vorn an der Rampe; die Laube ist ganz offen, darin Tisch und Bank. Hinten schließt ein Zaun den Hof ab, doch ist aus demselben ein breites Feld in der Mitte ständig ausgehoben. Durch den Zaun hinaus getreten, steht man auf der Dorfstraße, die an der Kirchenmauer entlang führt. Durch die Kirchenmauer führt eine kleine Pforte. Die Kirche selbst steht inmitten der Ummauerung. Was hinten und seitlich noch offen ist, decken die Häuser des Dorfes.

Es ist Sonntags vormittags vor der Kirchzeit. Der Pfarrer, im geschlossenen schwarzen Rock mit weißem Stehkragen, geht zwischen Schweinestall und Wohnhaus hin und her und lernt seine Predigt. Er hält ein weißes, kleines Manuskript in den auf dem Rücken gekreuzten Händen. – – Er bleibt stehen, nimmt die Predigt vor sich und liest laut.

Pfarrer. Da ihr Kinder der Welt seid – – (Er hört allmählich auf und schielt nach dem Schweinestall, worin Mischa grunzt, geht dann wieder zwei Schritte, sieht in das Manuskript, wiederholt laut.) Da ihr Kinder der Welt seid, so verstrickt ihr euch in allerlei ungöttlich Werk und Wesen – – (Er sieht wieder nach dem Schweinestall und redet dem Schwein gemütlich zu.) Mischa! Sei stille! – – – Da ihr Kinder der Welt seid, so verstrickt ihr euch – Mischa! – (Er ruft.) Hella!

Hella (in dem Hause). Herr Pfarrer!

Pfarrer. Hella, sieh einmal nach, was die Mischa hat, sie nottelt in einem fort an der Stalltüre.

Hella (kommt aus dem Hause, werktäglich, im engärmeligen Kattunkleid, blauweiß gesternt, die Haare hängen ihr halb unten; sie spricht im Hingehen zum Stall mit Mischa). Aber, »man« muß doch die Predigt lernen, Mischa! (Sie öffnet die Stalltüre weit.) Was ist denn?

Mischa (hockt mit hochgeworfenem Kopf auf den Hinterbeinen und äugelt sie an).

Pfarrer (grinsend, mit tausend Fältchen um die Dickaugen). Ich möchte wetten, sie weiß, daß ich die Predigt lernen will.

Hella. Jaa, Mischa, du mußt ruhig sein, der Herr Pfarrer will lernen, oder fehlt dir etwas?

Mischa (wirft die Ohren, bäumt rückwärts). Nee.

Pfarrer. Haha. Sie ist wahrhaftig gescheit wie ein Mensch. Ein drolliges Vieh. Glaubst du, daß sie dich versteht?

Hella. Mischa, verstehst du mich?

Mischa (in derselben Weise). Nee.

Beide (lachen).

Pfarrer (seine Lippen lassen die lachenden großen Zähne vortreten, droht mit dem Finger). Mischa, das kann ich dir sagen, wenn du jetzt nicht ruhig bist, komme ich mit dem Stecken und du kriegst keine Rüben heute.

Hella (wirft die Stalltüre zu).

Mischa (stößt zornig dagegen).

Pfarrer. Na, da hör einmal, wie sie stößt! Jetzt hat sie eine Wut. Mischa! Mischa!

Mischa (wird horchend stille).

Hella. Die Mischa mag keinen Sonntag, der macht sie ärgerlich.

Pfarrer. Kein Wunder, man kümmert sich viel weniger um sie, als am Werktag. Sie muß den ganzen Vormittag im Stall sitzen, das macht kein Vergnügen.

Hella. So ist es eben, warum hat sie sich einen Pfarrer zum Herrn ausgewählt.

Pfarrer. Du, du! Mache mir keinen Vorwurf.

Hella (sieht halb lachend, schalkhaft weg).

Pfarrer. Weißt du, meine Predigt die kann ich, ich lasse die Mischa ein bißchen heraus.

…..

 

 

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