Der Buddhismus

Der Buddhismus – Ludwig Albrecht

Die Heimat des Buddhismus ist Indien, das in ganz besonderem Sinne ein Land der Religion ist. Leben heißt für den Inder seine Religion betätigen. In Dichtung, Kunst und Wissenschaft, überall spiegelt sich das religiöse Empfinden wider. Aber trotz dieses gewaltigen Einflusses der Religion hat es in Indien niemals eine Staatsreligion im eigentlichen Sinne des Wortes gegeben. Die Religion ist Privatsache, und die Duldsamkeit gegen Andersgläubige ist kaum irgendwo so groß wie gerade in Indien. In diesem, erstmals 1919 erschienenen kleine Buch, betrachtet der 1931 verstorbene Theologe Buddhas Leben, seine Lehre und seine Gemeinde. Dann vergleicht er Buddhismus und Christentum und gibt einen kurzen Überblick über die allmähliche Verbreitung des Buddhismus.

Der Buddhismus

Der Buddhismus.

Format: Paperback, eBook

Der Buddhismus.

ISBN: 9783849666651 (Paperback)
ISBN: 9783849661373  (eBook)

 

Auszug aus dem Text:

 

Buddhas Leben

Buddha wurde um das Jahr 560 v. Chr. als der Sohn eines reichen Landedelmanns geboren. Der Stammsitz seiner Familie lag nordwestlich von der Stadt Benares an den südlichen Ausläufen des Himalayagebirges. Seine Eltern gehörten beide dem berühmten Geschlecht der Sakya (d.h. der Gewaltige) an. Daher wird Buddha auch Sakyamuni (der Weise aus dem Sakyageschlechte) genannt, Sein Familienname war Gautama. Seine Angehörigen nannten ihn auch wohl Siddhartha. Über Buddhas Jugend ist nichts Sicheres bekannt. Wir wissen nur, dass er sich sehr früh vermählte und dass ihm nach etwa zehnjähriger Ehe ein Sohn geboren wurde, der den Namen Rahula erhielt.

Schon vor Rahulas Geburt empfand Gautama trotz allen äußern Glücks und Glanzes, worin er lebte, eine tiefe innere Leere. Das weltliche Treiben war ihm zuwider, und er sehnte sich hinaus in die Einsamkeit, um dort als Samana oder Büßer den wahren Herzensfrieden zu finden. Darum stimmte ihn auch die Geburt seines Sohnes nicht freudig, sondern traurig; denn er sah darin nur eine neue, starke Fessel, die ihn an die Welt binde und die er zu brechen haben werde. Aber sein Entschluss war gefasst: 29 Jahre alt, verließ er, nur von seinem treuen Wagenlenker begleitet, heimlich zur Nachtzeit Weib und Kind, um ein bettelarmer, heimatloser Büßer zu werden. Ein altes Lied lässt ihn, während er davonzieht, begeistert ausrufen:

„Leid ist in Lust, Glück nur im Entsagen. Also erkennend will ich hingehen, mich selber bemühen. Darinnen frohlocke ich!“

Um die höhere Erleuchtung zu erlangen, stellte sich Gautama zunächst unter die Leitung zweier brahmanischer Lehrer, die er aber bald wieder verließ, weil sie ihn nicht befriedigten. Dann zog er sich nach mannigfachen Wanderungen in die Waldeseinsamkeit zurück und widmete sich sechs Jahre lang den strengsten Bußübungen, die seine Kraft verzehrten, ohne ihn zu der heiß ersehnten Erleuchtung zu führen. Schon fürchtete er, nie sein Ziel zu erreichen, als sich ihm eines Nachts, während er in stiller Betrachtung unter einem Baume saß, „das Wesen aller Dinge“ enthüllte, und er nun ein Sambuddha, „ein vollkommen Erleuchteter“ wurde. Die Irrwege der in die Seelenwanderung verschlungenen Geister taten sich seinem Auge auf, und er erkannte die Quellen, woraus das Leiden dieser Welt fließt, sowie den Weg, der zur Vernichtung alles Leidens führt. Der Pappelfeigenbaum, unter dem Gautama seine Weihe zum Buddha empfing, heißt seitdem der Baum der Erkenntnis, und jene Nacht, die für Gautama nach schwerem Seelenkampfe die große Erleuchtung brachte, ist die Heilige Nacht der buddhistischen Welt. 4 mal 7 Tage blieb Buddha noch an verschiedenen Stätten in der Nähe des Baumes der Erkenntnis, „die Seligkeit der Erlösung genießend“. Anfangs war er geneigt, die errungene Erleuchtung für sich zu behalten. Aber das Mitleid mit der Welt siegte in ihm, und er beschloss, alle Empfänglichen zu belehren.

So begann er denn im Alter von 36 Jahren seine öffentliche Wirksamkeit. In dem „Gazellenhain“, einem Gehölze bei der Stadt Benares, soll er zuerst seine Botschaft von der Erlösung verkündet haben. Fünf Mönche, die früher in seiner Nähe gelebt hatten, wurden hier seine ersten Jünger. Bald stieg die Zahl seiner Anhänger auf 60, die alle aus angesehenen Familien stammten. Diese 60 sandte er einzeln aus, um rings im Lande die neue Lehre zu predigen. „Geht denn hin“, so entließ er sie, „zum Gewinn für viele, aus Mitleid mit der Welt, zum Heile der Götter und Menschen. Predigt die Lehre, die herrlich ist am Anfang, herrlich in der Mitte und herrlich am Ende, nach dem Geiste und nach dem Buchstaben. Verkündigt ein vollkommenes und reines Leben.“

Während sich seine Jünger nach allen Himmelsgegenden zerstreuten, wandte sich Buddha zu der Stätte zurück, wo er seine Erleuchtung empfangen hatte. Auf dem Wege dorthin bekehrte er 30 reiche Jünglinge. Am Ziele seiner Wanderung angelangt, gewann er in kurzer Zeit 1000 neue Anhänger. Mit dieser Schar begab er sich dann zu der Hauptstadt des Königs von Magadha im östlichen Tale des Gangesflusses. Der König zog Buddha mit großem Gefolge entgegen und machte ihm seinen Lustgarten zum Geschenk. Bald darauf fanden zwei junge Brahmanen, deren einen, namens Sariputra, Buddha selbst später für den vorzüglichsten seiner Jünger erklärt haben soll, mit ihren Gefährten, 250 Wandermönchen, in die neue Genossenschaft Aufnahme. Auf seinen Wanderungen besuchte Buddha auch seine Heimat. Als ihn seine Gattin in seiner Mönchstracht erblickte fiel sie ihm weinend zu Füßen. Mit tiefstem Ernste lauschte sie seinen Lehren und trat als Nonne seinem Orden bei. Auch sein Sohn Rahula und seine Vettern Ananda und Dewadatta wurden seine Jünger. Ananda wurde Buddhas innigster Vertrauter, ihm lag auch die Sorge für des Meisters Person und tägliche Lebensbedürfnisse ob. Dewadatta dagegen wird als der Judas unter Buddhas Jüngern bezeichnet. Er soll, als der Meister schon im Greisenalter stand, von Ehrgeiz getrieben danach getrachtet haben, ihn zu ermorden, um die Leitung der Gemeinde an sich zu reißen. Aber zur Strafe für seine Bosheit nahm er ein trauriges Ende.

Bei seinem Wirken hat es Buddha nicht an Gegnern gefehlt. Der Brahmanismus zwar war nicht sein Feind, obwohl Buddha das Opferwesen abfällig beurteilte, die wedische Schriftgelehrsamkeit als Torheit geißelte und den Standeshochmut der Brahmanen nicht gerade gelinde behandelte. Denn schon längst stand im Volksbewusstsein ein Mönch so hoch wie der brahmanische Priester, und das Treiben mancher angesehener Brahmanen, die als hohe Staatsbeamte das Volk drückten und den König betrogen, hatten den ganzen Stand beim Volke missliebig gemacht. Mögen auch gerade diese angesehenen Brahmanen Buddha in seiner Wirksamkeit vielfach entgegengearbeitet haben, so traten dafür wieder hundert andre Brahmanen für ihn ein. Gefährlichere Gegner als unter den Brahmanen fand Buddha aber in den mit ihm wetteifernden anderen Büßern und Mönchen. Wenn sich diese verschiedenen Orden auch sonst gegenseitig duldeten, ja sich nicht selten in ihren Einsiedeleien besuchten und über Glaubensfragen friedlich miteinander redeten, so traten sie doch zu Buddha schon deshalb von vornherein in scharfen Gegensatz, weil er von ihren Kasteiungen und Selbstpeinigungen, worin sie den Weg zur Erlösung sahen, nicht das mindeste wissen wollte.

Nach dem Wandern und Predigen widmet en sich Buddha und seine Jünger alljährlich während der Regenzeit, von Juni bis Oktober, der Ruhe und Zurückgezogenheit an den Stätten, wo ihnen reiche Verehrer Land und Gebäude geschenkt hatten. Um das Jahr 480 v. Chr. ereilte Buddha nach etwa 45-jähriger Wirksamkeit der Tod. Mit vollkommener Fassung und unter Trostreden an seine Jünger, besonders an Ananda, starb er, ungefähr 80 Jahre alt, unter blühenden Bäumen am Ufer eines Flusses bei dem Orte Kusinara. Sein Leichnam wurde von den Adligen der Stadt unter königlichen Ehren verbrannt.

Buddha hat seine Lehre nicht schriftlich niedergelegt. Sie wurde von seiner Jüngergemeinde zunächst mündlich fortgepflanzt und erst etwa 300 Jahre später schriftlich aufgezeichnet.

Betrachten wir nun den Hauptinhalt der Lehre Buddhas.

 

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