Der steinerne Mann von Hasle

Der steinerne Mann von Hasle – Heinrich Hansjakob

In diesem historischen Roman aus dem Mittelalter beschreibt Hansjakob die tragische Romanze der Tochter eines Edelmanns aus dem Kinzigtal, das immer wieder Schauplatz seiner vielen Erzählungen war.

Der steinerne Mann von Hasle

Der steinerne Mann von Hasle.

Format: eBook

Der steinerne Mann von Hasle.

ISBN eBook: 9783849655808.

 

 

Auszug aus dem Text:

 

Der Schwarzwald läuft nach Südosten in den großen alemannischen Gau aus, der die Bar genannt wird. Seine waldigen Berge umfangen noch diese rauhe Hochebene. Auf einem Bergkegel derselben, unweit der Quellen der Donau, erhob sich das ganze Mittelalter herauf die gewaltige Burg und Feste Fürstenberg, weithin leuchtend wie ein riesiger Adlerhorst. Sie war so groß, daß in ihren Mauern noch eine kleine Stadt gleichen Namens Schutz fand.

In dieser Burg saßen im Hochsommer des Jahres 1286 die Söhne des ersten Fürstenbergers: Friedrich, Egino, Konrad und Gebhard, um das Erbe, so der Vater ihnen zwei Jahre zuvor hinterlassen, zu teilen.

Dieser, Heinrich mit Namen, Graf von Urach und Freiburg, ein Großneffe des letzten Zähringers, hatte mit seinem Bruder Konrad die ihrem Geschlechte vom Großoheim zugefallenen zähringischen Besitzungen im Breisgau und auf dem Schwarzwald geteilt.

Konrad nahm die ersteren mit der Stadt Freiburg, Heinrich die letzteren mit den Städten Villingen und Hasela (Haslach).

Auf der Burg Fürstenberg schlug er um das Jahr 1250 seine Residenz auf, nannte sich Graf von Urach-Fürstenberg und ward so der Stammvater der Grafen und späteren Fürsten von Fürstenberg.

Sie haben viel zu teilen, die genannten Söhne. So weit sie schauen von ihrer Felsburg herab – und sie überschauen die ganze Baar und den Schwarzwald bis hinüber zum Feldberg und hinab zum Kniebis – gehört alles ihnen: Dörfer, Burgen, Wald, Wunn und Waid. Nur Städte haben sie wenige – nur zwei namhafte, das größere Villingen und das kleinere Hasela drunten im Kinzigtal, wo noch viel Gut ihrer ist und manch ein Dienstmann von ihnen sitzt.

Und selbst diese zwei Städte hat man ihrem Geschlecht von Reichs wegen streitig gemacht, als der letzte Zähringer mit Tod abging. Erst 1283 hatte König Rudolf, der Habsburger, ihren Vater, seinen Vetter und Freund, aufs neue mit Villingen und Hasela belehnt, um aus dem Streit einen Ausweg zu finden.

Die Söhne hatten nach des Vaters Hinscheiden (1284) den Bürgern von Villingen, die es also verlangt, versprochen, innerhalb zweier Jahre einen von ihnen der Stadt zum Herrn zu setzen.

Heute sind sie nun auf dem Fürstenberg beisammen, um zu teilen und denen von Villingen gerecht zu werden. Es sind lauter junge Männer, die vier Grafen, der jüngste, Gebhard, kaum dem Knabenalter entwachsen. Den beiden älteren, Friedrich und Egino, hat vor vier Jahren erst König Rudolf zu Villingen den Ritterschlag erteilt. Konrad, dem Alter nach der dritte, ist in den geistlichen Stand getreten und bereits Domherr zu Konstanz.

Als Protokollführer und Ausfertiger der Teilungsurkunde ist auf Fürstenberg erschienen der alte Notar ihres Vaters, Meister Albert von Horb.

Um einen großen eichenen Tisch sitzen die Herren in der Ritterstube, ein Knappe trägt gefüllte Humpen auf, und die Tagfahrt beginnt.

»Teilen,« so hub Graf Friedrich, der älteste der Brüder, an, »ist kein Geschäft, das Geschlechter groß macht. Das zähringische Erbe, so unserem Hause zufiel, wurde schon einmal geteilt, als unser Vater die Herrschaft antrat, die wir heute wieder teilen sollen.«

»Aber es bleibt uns nichts anderes übrig. Die Gevatter Krämer, Tuchmacher und Schneider in den Städten Deutschlands tragen den Kopf hoch seit der kaiserlosen Zeit. So auch unsere Gevattern in Villingen. Wir haben vor zwei Jahren bei geschworenem Eide zugesagt, ihnen einen aus uns Vieren zum Herrn zu geben. Sie haben darüber Brief und Siegel von uns und unseren Freunden und Sippen: obenan Bischof Rudolf von Konstanz.«

»Also Wort halten müssen wir, ob wir wollen oder nicht, aber ohne zu teilen geht es nicht. Mich zum Herrn von Villingen zu küren und mir des Vaters ganzes Erbe zuzuteilen, verlange ich nicht und kann ich nicht verlangen, und du, Egino, würdest, so wie ich dich kenne, es auch nicht dulden.«

»Ich schlage deshalb zunächst vor, dich zum Herrn von Villingen zu machen. Du wirst eher fertig mit dem trotzigen Bürgervolk, als ich; du kannst auch trotzen und fährst wie ein Wetter drein, wenn’s nicht geht, wie du willst.«

»Auch Hasela drunten an der Kinzig und die dazu gehörige Herrschaft kannst du haben, Egino,« fuhr Friedrich fort. »Die von Hasela krakeelen und rumoren gern, und was die Villinger verlangen, wollen sie am Ende auch. Ich will meine Ruhe haben und von dieser Burg herab meine braven Fürstenberger und die Bauern der Baar und des mittleren Schwarzwalds regieren. Und eine Stadt habe ich ja auch noch, Wolfa im Kinzigtal drunten, meiner Ehefrauen Udelhilt Erbe. Die von Wolfa sind friedliche Bürger und halten was auf ihre Herren. Mit denen komm’ ich aus.«

»Du Konrad und du Gebhard, ihr kommt bei der Teilung nicht in Betracht. Ihr müßt der Hausmacht ein Opfer bringen im geistlichen Stand. Konrad, du bist schon Domherr, und den Gebhard hat unsere Mutter bei seiner Geburt der Kirche gelobt. Er soll drum mit dir in die Domschule nach Konstanz und ein Kleriker werden. Die zwei jüngeren Brüder des Vaters sind auch geistlichen Standes gewesen, Graf Gebhard Domherr in Straßburg und Graf Gottfried ein solcher in Konstanz. Es ist also schon von früher her geistlich Blut in unserem Geschlecht, und ihr zwei werdet wohl auch was davon geerbt haben.«

»Egino und ich geben jedem von euch eine Anzahl Höfe, Kirchensätze und Pfründen in unseren Herrschaften, und damit habt ihr ein Herrenleben. Auch könnt ihr, wenn ihr Glück habt, noch zu einem Bistum gelangen, und dann seid ihr viel größere Herren als Egino und ich zusammen.«

»So, das wär’ meine Meinung,« schloß Graf Friedrich.

Jetzt nahm Egino das Wort und sprach:

»Bruder Friedrich, du hast gesprochen wie ein kluger Mann. Auch ich weiß, daß das Teilen schwächt, drum soll, so weit’s, auf mich ankommt, zum letztenmal geteilt sein das Erbe, so die Uracher von den Zähringern erhalten. Aber diesmal muß ich meinen Teil haben. Du weißt, Bruder, ich bin mit dir zum Ritter geschlagen worden und habe ein Jahr darauf mit unserem König eine Heerfahrt gemacht nach Savoyen und mich bewährt als rechten Mann. Ein armer Ritter, ein Ritter ohne Land, ist aber nur ein halber Mann. Ich hab’ kein Allod, nicht einmal die alte Burg Zindelstein im Bregtal drüben, die ich jetzt bewohne, gehört mir, sie ist unserem Gebhard bestimmt. ihm vermacht vom Onkel Götz, dem Domherrn. Meine Hausfrau ist eine Hachbergerin, die mir einiges Geld, aber kein Gut brachte. Darum bin ich sehr dafür, daß wir zwei teilen.«

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