Die Geschichte des Eisens, Band 8: Das 19. Jahrhundert von 1801 bis 1860, Teil 2

Die Geschichte des Eisens, Band 8: Das 19. Jahrhundert von 1801 bis 1860, Teil 2 – Ludwig Beck

Während nur zu viele Bücher erscheinen, die das nicht wirklich bieten, was der Titel erwarten lässt, haben wir es hier mit einem Werke zu tun, welches unendlich viel mehr gibt, als sein Name verspricht. Wird auch aus der “Geschichte des Eisens ” keine allgemeine Kulturgeschichte, so veranlasst doch die Bedeutung und vielseitige Verwendung dieses Metalls den Verfasser zu einer Darstellung, die alle Teile der materiellen Kultur umfasst oder wenigstens berührt. Der allgemeine Wert des Gesamtwerkes ist vielleicht noch viel mehr ein historischer als ein technischer. Der Verfasser ist zwar von Hause aus Techniker und weist in seiner Einleitung mit Bescheidenheit darauf hin, dass man von ihm nicht das erwarten dürfe, was der Geschichtsforscher leiste, er zeigt aber bald darauf durch eine treffliche Bemerkung, dass ihm zum Historiker nichts fehlt, als vielleicht die akademische Qualifikation, und dass viele Männer vom Fach von ihm noch lernen können. Einen bedeutungsvollen Satz, den Beck durch das ganze Werk hindurch mit seltener Belesenheit, großem Fleiß und geschickter Kombinationsgabe befolgt und durchführt, kann man hier wörtlich anführen: “Es will uns vielmehr bedünken, als ob bei unserer Geschichtsschreibung dem biographischen Element gemeiniglich eine zu große Bedeutung eingeräumt würde, während die mechanischen Bedingungen der menschlichen Entwicklung, unter denen die Fortschritte der Technik, vor allem die der Eisentechnik eine hervorragende Rolle einnehmen, zu wenig Berücksichtigung fänden. ” Dieser Gedanke wird sich ja wohl bei der wachsenden kulturgeschichtlichen Forschung immer mehr Bahnbrechen, und Beck hat jedenfalls das Verdienst, in seiner Geschichte des Eisens gezeigt zu haben, wie dankbar und erfolgreich das Betreten dieses Weges ist, wenn sich mit sachlicher, hier technischer, Kenntnis historischer Sinn und fleißiges Quellenstudium vereinigen. Die Schwierigkeiten, die sich einer solchen ersten Arbeit, denn eine Geschichte des Eisens hat es bis jetzt nicht gegeben, entgegenstellen, hat Beck in überraschender Weise überwunden. Die zerstreuten Quellen historischen, philologischen, archäologischen, auch poetischen Charakters, sind mit staunenswertem Fleiß gesammelt und gut verwertet. Dies ist Band acht von zehn und behandelt das 19. Jahrhundert bis 1860 (Teil 2). Der Band ist durchgängig illustriert und wurde so überarbeitet, dass die wichtigsten Begriffe und Wörter der heutigen Rechtschreibung entsprechen.

Die Geschichte des Eisens, Band 8: Das 19. Jahrhundert von 1801 bis 1860, Teil 2

Die Geschichte des Eisens, Band 8: Das 19. Jahrhundert von 1801 bis 1860, Teil 2.

Format: Paperback, eBook

Die Geschichte des Eisens, Band 8: Das 19. Jahrhundert von 1801 bis 1860, Teil 2.

ISBN: 9783849665982 (Paperback)
ISBN: 9783849662004  (eBook)

 

Auszug aus dem Text:

Die Eisengießerei 1831 bis 1850.

In der Eisengießerei wurden ebenfalls viele Verbesserungen in dieser Periode eingeführt. Bei dem Gießen aus dem Hochofen kamen die Stich- und Schöpfherde in Gebrauch. Dieselben gestatteten das Gießen zu beliebigen Zeiten. Zur Verminderung des Graphits im Gusseisen wendete man häufig das S. 242 beschriebene „Füttern“ mit reinen Erzstücken an.

Die Emanzipation der Eisengießerei von dem Hochofenbetriebe nahm aber von Jahr zu Jahr um so mehr zu, je bequemer und vorteilhafter sich das Umschmelzen des Roheisens in Kupolöfen erwies.

Bei den Kupolöfen ging man, wie bei den Hochöfen, zum Betriebe mit heißem Winde über, der überall da von Vorteil war, wo man seither mit zu starker Pressung geblasen hatte. Dies war aber anfangs der 30er Jahre in fast allen Gießereien der Fall, weil man sich allgemein der Zylinder- oder Kastengebläse, wie bei den Hochöfen, bediente. Die Winderhitzung spielte deshalb bei dem Gießereibetriebe damals eine ebenso große Rolle als beim Hochofenbetriebe. Da die Flamme der Kupolöfen eine sehr starke war, so hatte es keine Schwierigkeit, die Erwärmung des Windes dadurch zu erreichen, dass man die Winderhitzungsapparate unmittelbar über die Gicht stellte.

Man mauerte dabei in der Regel die Röhren nicht besonders ein, sondern brachte entweder einen Kranz von senkrecht stehenden Röhren, welche oben und unten durch ringförmige Rohre oder Kasten, Fig. 176, verbunden waren, direkt um die Gicht an, oder konstruierte ein System gewundener Röhren in solcher Entfernung über der Gichtöffnung, dass das Einwerfen der Chargen nicht behindert war. So war die in Fig. 177 (a. f. S.) dargestellte Winderhitzung der Kupolöfen zu Gleiwitz eingerichtet.

Ebelman hat die Gase eines Kupolofens, die er 1 m unter der Gicht abfing, untersucht. Sie enthielten

Kohlensäure             12,11

Kohlenoxid              11,98

Wasserstoff       0,95

Stickstoff                 74,96.

Danach wird in den Kupolöfen die aufsteigende Kohlensäure nur zum Teil reduziert.

Nach Karstens Angabe hatten sich die Resultate des Kupolofenbetriebes seit der Einführung des erhitzten Windes sehr vorteilhaft geändert. Indem die Kohlen bei heißem Winde beträchtlich mehr Eisen trugen, als früher bei kaltem Winde, war auch die Leistung der Öfen hinsichtlich der in einer bestimmten Zeit durchzuschmelzenden Roheisenmenge um mehr als den dritten Teil, fast um die Hälfte, gestiegen. Eine stärkere Erhitzung als auf 180°, höchstens 250° C., war aber nicht vorteilhaft.

Die Brennmaterialersparnis durch die Winderhitzung betrug beim Betriebe mit Holzkohlen ein Drittel. Für den Betrieb mit Koks macht Karsten folgende Angaben.

Die Kupolöfen der Eisengießerei zu Gleiwitz wurden 1832 und 1833 mit kaltem Winde betrieben, und wurden in diesen beiden Jahren 75662 Ztr. Roheisen mit 14970 Tonnen Koks umgeschmolzen. 1834 und 1835 fand der Betrieb teils bei kaltem, teils bei warmem Winde statt. Aber in den Jahren 1836, 1837 und 1838 wurde nur heißer Wind angewendet. In diesen drei Jahren waren 142082 Ztr. Roheisen mit 13112 Tonnen Koks geschmolzen worden. Im ersten Falle wurden auf 100 Pfd. Roheisen 46 Pfd. Koks, im zweiten Falle dagegen nur 22⅔ Pfd., also nur die Hälfte verbraucht.

Diesem Vorteile standen aber auch Nachteile gegenüber. Zum Durchpressen der expandierten Luft durch das lange und enge Rohrnetz des Winderhitzers war ein beträchtlicher Kraftaufwand erforderlich oder ein größeres Luftvolumen. Dadurch kam es, dass die Ventilatoren, die ebenfalls anfangs der 30er Jahre in Anwendung zu kommen begannen und die durch ihre Windmenge die Schmelzung günstig beeinflussten, nach und nach den Sieg davontrugen und die teuren Kolbengebläse und Winderhitzungsapparate bei dem Kupolofenbetrieb aus dem Felde schlugen. Die Ventilatoren lieferten zwar nur eine geringe Pressung, aber sie erforderten wenig Kraft und erzeugten so viel und so gleichmäßigen Wind, dass hierdurch die Schmelzung im Kupolofen viel besser von statten ging.

Versuche und Mitteilungen über Ventilatoren machten in Frankreich St. Léger 1835, M. Cadiat 1842 und E. Dollfuß 1843; in Deutschland Redtenbacher und Tunner 1846, in England Buckle 1847. Der von Saint-Léger 1835 beschriebene Ventilator der Herren James Martin & Söhne zu Rouen (Seine-Inférieure) hatte vier schwach gekrümmte Flügel, die gewöhnlich 600 Umdrehungen in der Minute machten. Sie wurden durch einen Göpel mit drei Pferden bewegt und schmolzen in einem Kupolofen von 2,60 m Höhe 1200 bis 1500 kg gegen 600 bis 800 kg in der Stunde mit etwa 290 kg Koks bei dem alten Gebläse, was einer Ersparnis von 20 Proz. gegen früher entsprach.

Schon vordem hatte man bei den Kupolöfen verschiedene Windformen übereinander angebracht, um je nach Bedarf kleinere oder größere Mengen von geschmolzenem Eisen im Ofen halten zu können. Karsten hat hierfür mehrere Beispiele angeführt. In der Eisengießerei von Maudslay in London befand sich ein 7 Fuß (2,185 m) hoher und 3 Fuß (0,915 m) im Schacht weiter Kupolofen, welcher mit vier übereinanderliegenden Formen versehen war, so dass man in diesem Ofen, wenn das flüssige Eisen die Höhe der vierten Form erreicht hatte, 3½ Tonnen Eisen halten und entsprechend große Gussstücke gießen konnte.

Zu Rouen waren Kupolöfen mit sechs vertikalen Formenreihen im Gebrauch, bei denen die Formöffnungen nicht nur mit Ton, sondern auch noch mit eisernen Schiebern geschlossen werden konnten.

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