Die Psalmen Salomos

Die Psalmen Salomos

Die Sammlung von 18 Liedern, welche unter dem Namen “Psalmen Salomos” in den altchristlichen Kanonverzeichnissen bald unter den Apokryphen, bald unter den Antilegomena aufgeführt werden, war lange Zeit verschollen. Erst am Anfange des 17. Jahrhunderts geriet der Augsburger Bibliothekar David Hoeschel wieder auf ihre Spur, und nach Hoeschels Tode hat der Jesuit de la Cereda sie 1626 erstmals veröffentlicht. Dass die Psalmen nicht von Salomo herrühren, überhaupt mit ihm nichts zu tun haben, lehrt schon ein oberflächlicher Blick in ihren Inhalt. Man ist sich darüber im Klaren, dass wir es mit einem Stück pseudepigraphischer Literatur zu tun haben, und die Frage an sich ist nur, ob die Lieder in der Tat aus Salomo oder aus seinem Geiste heraus gedichtet, oder ob sie etwa nur von späteren Sammlern oder Bearbeitern nachträglich Salomo zugeschrieben wurden. Das Letztere ist nach dem Inhalt der Lieder das Wahrscheinlichere, denn im Text selbst tritt nirgends eine Beziehung zu Salomo zu Tage.

Die Psalmen Salomos

Die Psalmen Salomos.

Format: eBook/Taschenbuch

Die Psalmen Salomos

ISBN eBook: 9783849659523

ISBN Taschenbuch: 9783849668761

 

Auszug aus dem Text:

 

Psalm 1

 

Die bittere Frucht des Makkabäerkriegs.

1

1 Ich schrie zum Herrn in meiner äußersten Drangsal,

zu Gott, als Sünder [mir] zusetzten[1].

2 Plötzlich drang mir Kriegsgeschrei in die Ohren;

’ich sprach‘: Er hört mich[2], weil ich voll Gerechtigkeit bin.

3 Ich bildete mir ein, ich sei voll Gerechtigkeit,

weil ich Glück hatte und reich an Kindern ward[3].

4 Ihr[4] Reichtum erfüllte alle Welt,

und ihr Ruhm [drang] bis ans Ende der Erde.

5 Sie stiegen hinauf bis zu den Sternen,

dachten, sie könnten nicht zu Falle kommen.

6 Sie wurden übermütig in ihrem Glück

und konnten es nicht ertragen.

7 Ihre Sünden [geschahen] im Verborgenen,

und ich wußte es nicht.

8 Ihre Greuel [gingen] über die Heiden vor ihnen[5];

sie haben das Heiligtum des Herrn schändlich entweiht.

1 Die Drangsal ist die Not, in die die jüdische Gemeinde durch den Angriff der syrischen Könige auf ihre Religion gebracht wird. Die „Sünder“ sind somit die heidnischen (vgl. z. B. 2,1. 2, auch Gal. 2, 15) Syrer, und der Krieg von V. 2 ist nichts anderes als der makkabäische Aufstand. Das redende Subjekt ist die fromme Gemeinde, bezw. die pharisäische Partei im Namen der Gemeinde.

2 ἐπακούσεται. Lies dafür mit M. Schmidt: εἶπα ἀκ. oder besser mit v. Gebhardt: εἶπα ἐπακ.

3 Das V. 2b Gemeinte stellt sich nachträglich als bloße Einbildung heraus: dem Glücke des Siegs folgt die bitterste Enttäuschung der Frommen. Die Hasmonäer, das durch die makkabäische Erhebung emporgebrachte WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt Herrschergeschlecht, und ihr (sadduzäischer) Anhang sind zwar Juden und konnten deshalb die Frommen lange über ihr wahres Wesen täuschen (V. 7), aber in der That sind sie voll heidnischer Sitten und treiben es schlimmer als die Heiden selbst (V. 8). In Wahrheit sind sie somit eine Gefahr für die Gemeinde. Vgl. auch 8,1-6.

4 Gemeint sind hier und im Folgenden die „Kinder“ Judas von V. 3 — natürlich nicht die Gesamtgemeinde, wohl aber eine starke und vielfach maßgebende Richtung in ihr.

5 Dieses πρὸ αὐτῶν kann nur zeitlich gemeint sein, nicht = neben ihnen, um sie (ἐνώπιον). Es liefert damit den endgiltigen Beweis, daß der Ps. auf Herrscher oder Gewalthaber jüdischen Geschlechts geht, die es schlimmer treiben als die Heiden (Seleuciden), die früher die Gewalt innehatten.

Psalm 2

Jerusalems Schmach und Pompejus’ Untergang.

Ein Psalm Salomos über Jerusalem[1].

 

2

1 In seinem Übermut stürzte der Sünder mit dem Widder[2] feste Mauern,

und du hindertest es nicht.

2 Fremde Heiden bestiegen deinen Altar,

betraten [ihn] übermütig in ihren Schuhen,

3 dafür, daß die Söhne Jerusalems das Heiligtum des Herrn entweihten,

die Opfer Gottes in Gottlosigkeit schändeten.

4 Darum sprach er: Thut sie weit weg von mir,

ich habe kein Gefallen an ihnen!

5 Ihre[3] herrliche Schönheit war nichts vor Gott,

entehrt aufs Äußerste.

6 Die Söhne und Töchter in schimpflicher Gefangenschaft,

im Verschluß[4] ihr Hals, bloßgestellt[5] unter den Heiden.

7 Nach ihren Sünden hat er ihnen gethan,

daß er sie preisgab in der Sieger Hände

8 (denn mitleidslos hat er sein Antlitz von ihnen abgewandt)

jung und alt und ihre Kinder zumal,

weil sie zumal Böses gethan und nicht hören wollten.

9 So ward denn der Himmel unwillig, und das Land spie sie aus;

denn kein Mensch that darin, was sie thaten.

10 Und das Land erkannte[6] alle deine gerechten Gerichte, o Gott!

11 Sie machten Jerusalems Söhne zum Gespött wegen der ’Hurerei‘[7] in ihr

jeder, der des Weges zog, konnte hinein am lichten Tag.

12 Sie trieben Scherz mit ihrer Gottlosigkeit;

so, wie sie selbst gethan hatten am lichten Tag,

so stellte man[8] ihre Frevel zur Schau.

13 Und Jerusalems Töchter wurden entehrt nach deinem Richterspruch,

dafür, daß sie sich selbst befleckt hatten in greulicher Unzucht —

14 im tiefsten Innern thut es mir weh!

————

 

15 Ich gebe[9] dir recht, o Gott, mit aufrichtigem Herzen;

denn in deinen Gerichten waltet deine Gerechtigkeit, o Gott!

16 Denn du hast den Sündern[10] nach ihren Thaten vergolten

und nach ihren gar üblen Sünden,

17 hast ihre Sünden an den Tag gebracht, damit dein Gericht offenbar werde,

hast ausgelöscht ihr Andenken von der Erde.

18 Gott ist ein gerechter Richter und huldigt[11] keiner Person[12].

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