Die Regel des Heiligen Benedikt

Die Regel des Heiligen Benedikt

Die Regel des Heiligen Benedikt (lateinisch: Regula Sancti Benedicti) ist ein Buch mit Vorschriften, das 516 von Benedikt von Nursia (ca. 480-550 n. Chr.) für Mönche geschrieben wurde, die unter der Führung eines Abtes in Gemeinschaft leben. Der Geist der Regel des Heiligen Benedikt ist im Motto der Benediktinischen Konföderation zusammengefasst: pax (“Frieden”) und das traditionelle ora et labora (“Bete und Arbeite”). Im Vergleich zu anderen Regeln bietet die Regel einen gemäßigten Weg zwischen individuellem Eifer und formellem Institutionalismus; wegen dieses Mittelweges war sie weithin beliebt. Die Regel des Heiligen Benedikt wird von den Benediktinern seit 15 Jahrhunderten angewendet, und so wird der heilige Benedikt, aufgrund der Reform, die seine Regeln auf die gegenwärtige katholische Hierarchie hatten, manchmal als der Gründer des westlichen Mönchtums angesehen.

Die Regel des Heiligen Benedikt

Die Regel des Heiligen Benedikt.

Format: eBook/Taschenbuch

Die Regel des Heiligen Benedikt

ISBN eBook: 9783849659882

ISBN Taschenbuch: 9783849668242

 

Auszug aus dem Text:

 

Es hebt an der Prolog1 der Mönchsregel.

Lausche, mein Sohn, den Lehren des Meisters, neige das Ohr deines Herzens2 , nimm willig hin die Mahnung deines liebreichen Vaters und erfüll’ sie im Werke, damit du in der Mühsal des Gehorsams heimkehrest zu dem, den du in der Trägheit des Ungehorsams verlassen hattest.

An dich richtet sich also jetzt mein Wort3 , der du dem Eigenwillen entsagst, und die herrlichen Heldenwaffen4 des Gehorsams ergreifst, um für Christus den Herrn, den wahren König, zu streiten.

Zuerst: beginnst du irgendein gutes Werk, so erflehe von ihm in inständigem Gebet, er mög’ es vollbringen; sonst könnte er sich ob unserer bösen Werke einmal betrüben müssen, er, der uns in Huld schon in die Zahl der Söhne aufgenommen hat. Denn wegen der uns verliehenen Gaben müssen wir ihm jederzeit so gehorchen, daß er weder als erzürnter Vater seine Kinder jemals enterbe, noch als gestrenger Herr ergrimmt ob unserer Sünden und als nichtswürdige Knechte die der ewigen Pein überliefere, die ihm zur Herrlichkeit nicht folgen wollten.

Drum wollen wir uns endlich einmal erheben; denn die Schrift weckt uns auf mit den Worten: „Schon ist die Stunde da, vom Schlafe aufzustehen“5 . Öffnen wir also unser Auge dem göttlichen Licht und vernehmen wir mit aufmerksamem Ohr, was Gottes Stimme täglich uns mahnend zuruft: „Heute, wenn ihr seine Stimme höret, verhärtet eure Herzen nicht“6 , und wiederum: „Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist zu den Gemeinden spricht“7 . Und was sagt er? „Kommet Kinder, höret mich, die Furcht des Herrn will ich euch lehren“8 . „Lauft, solang ihr das Licht des Lebens habt, damit die Finsternisse des Todes euch nicht überraschen“9 .

In der Menge des Volkes, dem der Herr diese Worte zuruft, sucht er nun seinen Arbeiter und spricht deshalb abermals: „Wer ist der Mann, so Lust am Leben hat und gerne gute Tage sieht?“10 Vernimmst du diese Frage und gibst du zur Antwort: Ich bin es, so spricht Gott zu dir: „Willst du wahres und ewiges Leben besitzen, dann bewahr vor Bösem deine Zunge und deine Lippen vor trugvoller Rede. Kehr dich ab vom Bösen und tu Gutes, trachte nach Frieden und jag ihm nach“11 . Und habt ihr also gehandelt, dann sind meine Augen über euch und meine Ohren eurem Flehen nah12 . Noch eh’ ihr mich anruft, will ich zu euch sprechen: „Seht, hier bin ich“13 . Geliebteste Brüder, was gäbe es Lieblicheres für uns als diese Stimme, mit der uns der Herr einlädt? Seht, in seiner väterlichen Liebe zeigt uns der Herr den Weg des Lebens14 .

Umgürten wir daher unsere Lenden mit Glauben und Eifer in guten Werken und wandeln wir unter der Leitung des Evangeliums15 seine Pfade, damit wir würdig werden, den zu schauen, „der uns in sein Reich berufen hat“16 . Wollen wir in diesem Königszelte wohnen: unmöglich gelangt man dorthin, außer man eilt auf dem Pfade der guten Werke. Fragen wir nun den Herrn mit dem Propheten: „Herr, wer darf wohnen in Deinem Gezelte, wer ruhen auf Deinem heiligen Berge?“17 Vernehmen wir, meine Brüder, nach dieser Frage die Antwort des Herrn, der uns den Weg zu seinem Gezelte weist mit den Worten: „Wer makellos wandelt und Gerechtigkeit übt, wer Wahrheit spricht in seinem Herzen, wer keinen Trug übt mit der Zunge, wer nicht Übles tut seinem Nächsten, wer nicht Schmähreden anhört wider den andern“18 . Wer den bösen Feind, naht er mit einer Versuchung, mitsamt seiner Einflüsterung vom Angesicht seines Herzens stößt und zunichte macht19 , wer dessen Brut, die Gedanken packt und an Christus zerschmettert20 . In der Furcht des Herrn erheben sie sich nicht ob ihres guten Wandels; was an ihnen Gutes ist, schreiben sie vielmehr nicht ihrem eigenen Vermögen, sondern dem Herrn zu und preisen Gott, der in ihnen wirksam ist, indem sie mit dem Propheten sprechen: „Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern Deinem Namen gib die Ehre“21 . So tat sich ja auch der Apostel Paulus nicht etwas auf seine Predigt zugut, sondern sagt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin“22 . Und abermals: „Wer sich rühmen will, rühme sich im Herrn“23 . Deshalb sagt auch der Herr im Evangelium: „Wer diese meine Worte hört und sie befolgt, den vergleiche ich mit einem weisen Manne, der sein Haus auf Felsen gebaut hat. Fluten wälzten sich daher, Stürme brausten und tobten gegen jenes Haus, allein es fiel nicht zusammen, auf Felsen war es ja gegründet“24 . So spricht der Herr und erwartet nun von uns, daß wir Tag für Tag diesen seinen heiligen Mahnungen mit der Tat entsprechen. Deshalb gewährt er uns zur Besserung unserer Fehler noch Gnadenfrist in diesem Leben, wie der Apostel sagt: „Weißt du nicht, daß Gottes Langmut dich zur Buße führen will?“25 Mit väterlicher Güte spricht ja der Herr: „Nicht den Tod des Sünders will ich, sondern daß er sich bekehre und lebe“26 .

Brüder, wir haben nun den Herrn darüber befragt, wer in seinem Zelte wohnen dürfe, und haben vernommen, was verlangt wird, dort zu wohnen. Ja, dort werden wir sein, aber nur wenn wir die Pflichten eines Bewohners erfüllen. Leib und Seele müssen wir deshalb dienstbereit halten zum heiligen Gehorsam gegen die Gebote. Soweit aber unsere eigene Kraft nicht ausreicht, wollen wir zum Herrn flehen, daß er uns den Beistand seiner Gnade gewähren wolle. Und wenn wir den Peinen der Hölle entkommen und zum ewigen Leben gelangen wollen, dann müssen wir jetzt eilen und so wirken, wie es uns für die Ewigkeit frommt, jetzt, solange es noch Zeit ist, solang wir im Fleische wandeln, und all das in diesem Erdenleben noch vollbringen können.

Es ist also unsere Aufgabe, eine Schule für den Dienst des Herrn27 einzurichten. Wir hoffen, dabei nicht Hartes, nicht Drückendes zu verordnen. Sollte aber doch zur Ausrottung der Fehler oder Bewahrung der Liebe die Billigkeit es erheischen, etwas mehr Strenge in Anwendung zu bringen, dann sollst du nicht gleich voll Schrecken den Weg des Heiles verlassen, der am Anfang nicht anders als eng sein kann28 . Schreitet man aber im klösterlichen Wandel und im Glauben29 voran und erweitert sich so das Herz30 , dann eilt man in unaussprechlicher Süßigkeit der Liebe den Weg der Gebote Gottes. Dann entziehen wir uns auch nie mehr seiner Leitung, verharren in seiner Lehre bis zum Tod im Kloster, haben durch Geduld Anteil am Leiden Christi und verdienen damit auch, Genossen seiner Herrschaft zu werden31 .

 

I. KAPITEL. Von den Gattungen der Mönche.

Regel heißt sie deshalb, weil sie den Wandel derer regeln soll, die sie befolgen.

Es gibt bekanntlich vier Gattungen von Mönchen32 , Die erste ist die der Zönobiten, das heißt jener, die in einem Kloster unter Regel und Abt Gott dienen33 .

Die zweite Gattung ist die der Anachoreten oder Eremiten, jener nämlich, die diesen Beruf nicht im Neulingseifer für das klösterliche Leben, sondern nach langer Bewährung im Kloster erwählt haben. Sie haben durch die Beihilfe vieler gelernt, gegen den Teufel zu streiten, treten nun wohlgerüstet aus der Reihe der Brüder zum Einzelkampfe in die Einöde hinaus und haben Kraft genug, unter Gottes Schutz, voll Zuversicht, auch ohne tröstliches Beispiel anderer, mit eigenem Arm und eigener Faust allein gegen die Verderbnis von Fleisch und Sinn zu kämpfen34 .

Eine dritte ganz schlimme Gattung von Mönchen ist die der Sarabaiten35 . Wie die Erfahrung lehrt, sind sie nicht wie Gold im Feuerofen durch das Leben nach einer Regel bewährt, sondern so weich wie Blei, und in ihrer Lebensart immer noch der Welt ergeben, belügen sie offenkundig Gott mit ihrer Tonsur. Zu zweien oder dreien, oder auch wohl allein leben sie hirtenlos dahin in der eigenen Hürde, nicht in der des Herrn. Ihr Begehren und Behagen gilt ihnen als Gesetz; denn was sie meinen und was sie wollen, das nennen sie heilig, was sie nicht mögen, das halten sie für unerlaubt36 .

Die vierte Gattung von Mönchen heißt die der Gyrovagen. Diese ziehen ihr Leben lang im Lande umher und bleiben drei oder vier Tage in den einzelnen Klöstern zu Gast, immer unbeständig37 , niemals seßhaft, Sklaven ihrer Launen und der Gaumenlust, in allweg noch schlimmer als die Sarabaiten. Allein es ist besser, von dem jämmerlichen Wandel all dieser zu schweigen als davon zu reden38 .

Lassen wir sie also und gehen wir daran39 , mit Gottes Hilfe dem starken Geschlechte der Zönobiten eine feste Ordnung zu geben.

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