Passionspredigten

Passionspredigten – Johann Arnd

In diesem Buch finden sich neunundzwanzig Passionspredigten des deutschen evangelischen Theologen Johann Arnd. Diese Schriften führen nicht so tief in die Empfindungen beim heiligen Leiden Christi ein, sie sind weniger Gefühlsergüsse wie manche andere, auch aus jener alten Zeit. Dafür liegt aber ein reicher Schatz gesunder und erbaulicher Lehre darin, welcher in ein schon gläubiges Herz nur aufgenommen zu werden braucht, um darin fruchtbar aufzugehen. Auch ist es dem Erbauung suchenden Herzen doch nicht gleichgültig, von dem Prediger, der uns erbauen will, noch etwas mehr zu wissen, als was wir aus seinen Predigten lesen und über ihn entnehmen können. Arnd ein solcher Prediger, von dem wir es wissen, dass er in derjenigen Schule vom Herrn erzogen worden ist, aus welcher die gesegnetsten unter seinen Predigern hervorgegangen sind, in der Kreuzschule. Wenn irgendeiner von unsern Passionspredigern, so ist er es gewesen, der dem Herrn sein Kreuz nachgetragen, der mit der Leidenstaufe seines Herrn getauft worden ist. Und das fühlt man seinen Predigten an.

Passionspredigten

Passionspredigten.

Format: Paperback, eBook

Passionspredigten.

ISBN: 9783849666231 (Paperback)
ISBN: 9783849661809  (eBook)

 

Auszug aus dem Text:

Eine Predigt von der Kraft des Blutes Christi.

1. Joh. 1. Das Blut Jesu Christi machet uns rein von allen unsern Sünden.

Gleichwie die köstlichen und heilsamen Balsambäumlein ihre edlen Balsamtröpflein ausfließen lassen, wenn man dieselben versehret und verwundet, denn auf diese Weise pflegt man den Balsam zu sammeln, welcher die Kraft hat die Wunden zu heilen, die Gestalt des Menschen schön zu machen, Psalm 104, und mit seinem Geruch den Menschen zu erfreuen und zu erquicken: also hat sich der zarte Baum des Lebens, unser Herr Jesus Christus, um unsertwillen verwunden lassen, auf dass seine edlen, zarten, allerheiligsten Blutströpflein mildiglich herausliefen und flossen, unsere Seelenwunden zu heilen, und vor Gott dem Herrn schön zu schmücken als die edelsten Perlen und Rubin, und unsere matten Herzen zu erquicken. Diese allerteuersten Blutströpflein des ewigen Sohnes Gottes sollen wir in das weiße seidene Tüchlein unsers Glaubens einfassen, sie in das Kästlein unsers Herzens legen, darin einschließen, und wohl verwahren. Die werden unsrer Seele einen lieblichen Geruch des ewigen Lebens geben, sie werden uns sein eine köstliche Herzstärkung in unsrer Seelenangst, eine heilsame Arznei wider unsre Sündenwunden, ein kräftiger Geruch des Lebens wider den Tod, und ein Sieg und Überwindung aller Anfechtung in Sterbensnot. Darum ist das ein selig Herz, welches damit gezeichnet und besprenget ist, nicht besser rann es versorget werden, beide im Leben und Tode, nicht besser kann es geschmücket sein vor Gott und allen heiligen Engeln.

Wiewohl nun die edle Kraft des hochteuren Blutes Christi nicht genugsam auszudenken, viel weniger mit Worten auszureden ist, so wollen wir doch ein wenig, so viel wir durch Gottes Gnade vermögen, davon reden, nämlich:

Von der edlen Kraft des allerköstlichen, teuren Blutes Jesu Christi.

Ob auch wohl dasselbe edle teure Blut Jesu Christi unzählbare Kraft und Frucht hat, so kann man doch dieselbe in vier Hauptpunkte fassen:

1.       Hat es die Kraft von Sünden zu reinigen.

2.       Ist’s das Lösegeld, damit unsre Sünde vollkömmlich bezahlt ist.

3.       Ist’s eine Versöhnung mit Gott.

4.       Ist’s unsere Gerechtigkeit und ewiges Leben.

Jetzt wollen wir in dieser Predigt handeln von der ersten Kraft, nämlich von der Reinigung unsrer Sünde. Dasselbe heilige Blut wolle uns auch Kraft und Vermögen dazu geben, um dessen willen, der es für uns vergossen hat. Amen.

I. Wovon uns Christi Blut reinige.

Die erste Kraft des allerheiligsten Blutes Christi ist, dass es uns reinigt von unsern Sünden. Diese Kraft ist so viel köstlicher und mächtiger, so viel gräulicher und abscheulicher unsere Sünden vor Gott sind. Der Prophet Jesaias am 1. beschreibet unsre Sünde und nennt es Striemen, Wunden und Eiterbeulen, die nicht gebunden, noch geheftet, noch mit Öl gelindert sind. Wir sind alle in unsern Sünden wie ein Mensch, der voller Wunden geschlagen, an dem nichts Gesundes vom Haupt bis auf die Fußsohlen. Und im 38. Psalm: Meine Wunden stinken und eitern vor meiner Torheit. Und im 51. Psalm sagt David: seine Sünde sei so abscheulich, dass er sich schäme, dass sie Gott solle ansehen, und spricht: Verbirg dein Antlitz vor meinen Sünden, und tilge alle meine Missetat.

Nicht allein aber sind unsere Sünden abscheulich, schrecklich, hässlicher und unsauberer als kein Aussatz, und wenn ein Mensch vor uns bloß stünde, welchem sein Haupt und Angesicht, und seine Hände und der ganze Leib mit dickem Aussah überzogen wäre, so ist doch unsere Sünde vor Gott noch gräulicher und abscheulicher: sondern ihr sind auch viel wie Sand am Meer, nicht allein unzählig viel, wie der Sand, den niemand zählen kann am Meer, sondern unsere Sünden haben auch einen solchen großen Nachdruck, und sind so schwer, dass der Sünden Last unträglich ist allen Menschen. Darüber David klagt im 38. Psalm: Meine Sünden gehen über mein Haupt, und wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer worden. Denn es hänget an der Sünde Gottes Zorn, der ewige Fluch und Vermaledeiung, der ewige Tod, Gewalt des Teufels, Hölle und ewige Verdammnis. Diese Last hat kein Mensch ertragen können, darum muss Gottes Sohn kommen und diese Last auf sich nehmen: Fürwahr er trug unsere Krankheit, und lud auf sich unsere Schmerzen. Summa: wer wissen will, was die Sünde für ein Gräuel ist, welch eine große Last die Sünde sei, der sehe an unsern Herrn Jesus Christus in seinem Leiden, wie er getrauert, gezittert, gezaget, mit dem Tode gerungen, blutigen Schweiß geschwitzet, verspottet, gegeißelt, voller Striemen und Wunden geschlagen, sein Haupt mit einer Dornenkrone zerrissen, an Händen und Füßen angenagelt, wie er gerufen: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, und wie er endlich mit großem Geschrei verschieden. Da hast du einen Spiegel deiner Sünden.

Il. Dass kein anderes Mittel sei uns von Sünden zu reinigen denn das heilige Blut Christi.

Wider diesen großen abscheulichen Gräuel der Sünden, wider die große Menge der Sünden der ganzen Welt, wider die schwere Last der Sünden, wir er die Kraft und Macht der Sünden, Fluch, Tod, Hölle und Verdammnis ist kein anderes Mittel zu finden gewesen, denn das teure allerkräftigste Blut Jesu Christi. Gott hat auch kein anderes Mittel nach seiner ewigen Weisheit dazu verordnet, denn das Blut seines lieben Sohnes, denn das hat eine allmächtige, ewige, unüberwindliche Kraft von Sünden zu reinigen.

Darum sagt St. Johannes: das Blut Jesu Christi des Sohnes Gottes. Wenn er nicht Gottes Sohn wäre, so könnte sein Blut solche göttliche Kraft nimmermehr haben, dieweil er aber Gottes Sohn ist, so hat sein Blut eine göttliche, unendliche, ewige Kraft dasselbe zu verrichten dazu es von Gott verordnet ist. Der allein weise Gott hat wider den unendlichen Schaden unsrer Missetat keine kraftlose falsche Arznei verordnet, sondern die mächtig und kräftig genug ist alle Sünde hinwegzunehmen, und die Strafe der Sünden.

Ach, warum suchen doch viel Leute andre Mittel und Arznei wider ihre Sünde? Ist ihnen nicht Christi Blut genug? Ist’s ihnen nicht kräftig und mächtig genug? Wenn gleich der allerschönste und herrlichste Engel im Himmel Fleisch und Blut hätte und wollte es für uns vergießen, so würde es uns doch nicht helfen, denn es wäre nicht Gottes Blut. Darum St. Paulus Apostelgesch. 20 sagt: Gott hat mit seinem eigenen Blut seine Gemeinde erworben. Denn das übertrifft aller Menschen Werke, aller Heiligen Verdienst, und Alles was hoch und heilig vor der Welt gehalten ist. Warum wollen wir Menschenwerke hoch achten? Lasset uns Christi Blut hoch achten und groß machen, das übertrifft alle Heiligkeit und allen Verdienst.

III. Wie uns Christi heiliges Blut von Sünden reinige.

Dies heilige Gottesblut hat diese göttliche Kraft, dass es uns von Sünden reiniget, sonst wirst du nichts finden im Himmel und auf Erden, das diese Kraft hat. Nun merket mit großem Fleiß das Wort: reinigen, im Griechischen heißts rein machen, wenn man mit großem Fleiß arbeitet, dass etwas rein und sauber werde, dass keine Unsauberkeit überbleibe. Als wenn man ein unsauber Gefäß oder Glas rein und helle macht, also hat unser lieber Herr Jesus an uns gearbeitet, wie er klagt im Propheten Jesaja am 43.: Mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und Mühe in deinen Missetaten. Und Jesaja am 53.: Darum, dass seine Seele gearbeitet hat, wird er seine Lust sehen. Diese Reinigung geschieht nun geistlich im Glauben, denn gleichwie die leibliche Reinigung des Naeman geschah, als er sich im Jordan badet, dass er von seinem Aussatz so rein ward, dass seine Haut so sauber und zart ward als eines jungen Kindes, da er denn gewisslich durch den Glauben rein ward, als er dem Worte Gottes glaubte, und seine Vernunft überwand. Also gehet dies auch geistlich zu im Glauben, welcher die Kraft des Blutes Jesu Christi ergreift und in sich zieht, sich damit vereinigt und sich zueignet. Diese Frucht und edle Kraft des Blutes Jesu Christi überwindet in uns die Kraft und Macht der Sünde, dass sie uns nicht schadet, kann uns nicht mehr verfluchen noch verdammen, auch nicht mehr dem Teufel und ewigen Tode übergeben, denn der Sünden Kraft und Macht ist durch das Blut Christi getötet. Darum, ob wir wohl noch Sünde an uns haben, und uns damit schleppen müssen bis in die Grube, so sind wir doch vor Gottes Augen und vor Gottes Gericht rein erkannt, gleich als hätten wir keine Sünde mehr, dieweil Christi Blut, welches unser Glaube anstehet, so rein ist in Gottes Augen, so heilig, so helle leuchtet, dass Gott davor keine Sünde an uns stehet. Gleich als im Alten Testament der Hohepriester ein Büschel Ysop nahm und drückte denselben in das Blut des Opfers, und sprengte es über’s Volk, und dadurch wurden sie gereinigt, wenn sie etwa eine leibliche Unreinheit begangen, einen Toten angerührt, oder ein Aas, so verschwand dieselbe Unreinheit und ward vergessen und nicht mehr gedacht. Also, wenn wir unsern Glauben eintauchen geistlich in das teure Blut Christi und unsere Seele damit besprengen, so wird sie gereinigt vor Gott, dass unsrer Sünde nicht mehr gedacht wird vor Gott. Daher der 51. Psalm sagt: Entsündige mich mit Ysop, dass ich rein werde, wasche mich, dass ich schneeweiß werde. Und Jesaja am 1.: Wenn eure Sünde gleich blutrot wäre, so soll sie schneeweiß werden.

Diese Reinigung durchs Blut Christi können wir mit unsrer Vernunft nicht begreifen, der Glaube muss die Reinigung des Blutes Christi fassen und ergreifen. Naeman konnte es auch nicht begreifen, wie er im Jordan sollte rein werden vom Aussatz, da er’s aber glaubte, da geschah dies große leibliche Wunder an ihm. Also geschieht dies große geistliche Wunder an uns durchs Blut Christi, wenn wir glauben. So kräftig ist das heilige Blut Christi in uns durch den Glauben, dass es uns vor Gott darstellt als die unschuldigen, zarten, sauber gewaschenen Kindlein, wie der liebe David sagt im 51. Psalm: Entsündige mich mit Ysop, dass ich rein werde; wasche mich, dass ich schneeweiß werde. Ich werde weißer denn Schnee.

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