Streifzüge durch Celebes

Streifzüge durch Celebes – Ferdinand Emmerich

Emmerichs Erlebnisromane machten ihn zu einem der bekanntesten deutschen Reise- und Abenteuerautoren des beginnenden 20. Jahrhunderts. In diesem Buch ist er in der Südsee auf der Insel Celebes unterwegs.

Streifzüge durch Celebes

Streifzüge durch Celebes.

Format: eBook

Streifzüge durch Celebes.

ISBN: 9783849652968

 

Auszug aus dem ersten Kapitel:

 

Eine glühende Junisonne hing wie ein roter Ball am Firmament. Unter ihren senkrechten Feuerstrahlen kochte die See und sandte blendende Reflexe von goldrotem Metallglanz über die menschenleere Marina. Die Perle Siziliens, Messina, schlief. Was nur irgendwie von seiner täglichen Beschäftigung sich freimachen konnte, floh die um diese Stunde unerträglich heißen Straßen und suchte Kühlung in dunklem Schatten.

Seit zwei Stunden, war ich obdachlos. Meine Universitätsstudien hatten vor wenigen Tagen ihren glücklichen Abschluß gefunden, und nun lenkte ich meine Schritte wieder hinaus in das schaffende Leben. Vor der deutschen Bierhalle erwartete ich die Abfahrt des Trajektschiffes, das die Inselbewohner über die Meerenge nach Reggio di Calabria bringt. Dort verschlingt sie der martervolle Eisenbahnzug, um ihnen in achtundzwanzigstündiger Reise die Herrlichkeiten des Golfes von Neapel zugängig zu machen. Mit geheimem Schauder dachte ich an die Tantalusqualen, die meiner in den sonnedurchglühten, engen Waggons harrten.

Da tönte lautes, fröhliches Lachen durch die Stille. Aus einer Seitenstraße bogen vier kräftige Männer auf die Marina und warfen sich ächzend in die Sessel vor der Bierhalle.

»Junge, Junge, dat is man bannig warm hüt!« rief der eine in echtem Hamburger Plattdeutsch.

Ehe noch jemand darauf antworten konnte, stand ich vor ihnen und – wäre vor freudigem Erstaunen beinahe sprachlos geworden.

»Sutor! Lieber alter Freund, sehen wir uns hier wieder!« rief ich, auf den ältesten der vier zueilend und ihm herzlich die Hand schüttelnd.

Der Angeredete war einen Augenblick starr. Dann aber lief frohes Erkennen über seine Züge:

»Ist es möglich? Sie hier? Hier in Messina? Zu dieser Jahreszeit? Wie ist denn das zugegangen?«

Und nun erzählte ich. Daß ich hier meinen »Doktor gemacht« hätte, im Cholerahospital während der Epidemie praktisch tätig gewesen wäre usw., und daß jetzt mein Ziel nordwärts läge, um irgendwo am Lande eine Stellung zu suchen.

Kapitän Sutor lachte hellauf. Er wandte sich zu seinen Begleitern, die er mir als die Kapitäne Truelsen von der »Barcelona«, Dau von der »Lissabon« und Seeth von der »Palermo« vorstellte und sagte:

»Der junge Mann war mit in der Südsee. Dort hat er die tollsten Geschichten mit den Wilden aufgeführt. Nachher haben wir uns zufällig drüben in Acapulco getroffen, als er eben über Land vom Atlantischen Ozean herübergewandert war und nun…«

»Bin ich direkt von Südamerika, mit einem kleinen Umweg über die nordamerikanischen Staaten, halb Europa und die Sundainseln nach Sizilien gekommen« ergänzte ich, um…«

»Um an Land Doktor zu werden! Nee, nee, dat gleuw ik nich!« schrie Sutor, sich herzhaft auf die Knie schlagend. »Nie und nimmer tun Sie das!«

»Ja, das muß ich wohl,« antwortete ich lächelnd, »ich muß jetzt daran denken, irgendwo seßhaft zu werden und Familie zu gründen …«

»Die arme Frau!« unterbrach Sutor.

»Wieso arme Frau?« fragte ich.

»Na, weil Sie ihr doch bald wieder ausrücken. Sie können nicht an Land festkleben. Wenn Ihnen mal erst Eis und Schnee zusetzen, kommt die Sehnsucht nach der ewigen Sonne. Dann dauert es nicht mehr lange … ich kenne das!«

»Darin kann ich Sutor nur recht geben,« warf jetzt Kapitän Seeth ein. »Ich habe da ein Beispiel an meinem Bruder. Als der erst einmal Tropenluft geatmet hatte, zog es ihn immer wieder dahin. Seine schöne Stellung in Hamburg hat er aufgegeben, um Abenteuer aufzusuchen. Augenblicklich weilt er beim König Menelik von Abessinien und dressiert dort Löwen.«

Vom Hafen her dröhnte der dumpfe Laut einer Schiffssirene.

»O weh, mein Trajekt fährt ab!« rief ich, unwillig aufspringend. »Wie konnte ich aber auch ahnen, daß ich hier einen so lieben Freund finden würde? Ich hätte sicher noch einige Tage länger hier verweilt. Es tut mir leid …«

»Wer zwingt Sie denn, heute schon zu reisen?« fragte Sutor …..

 

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