Teppiche, Band 2

Teppiche, Band 2 – Clemens von Alexandria

Die “Stromata” (deutsch: Teppiche”) sind das dritte einer Trilogie von Werken über das christliche Leben. Die beiden anderen sind “Paidagogos” und “Protrepticus.” Die ältesten erhaltenen Manuskripte stammen aus dem elften Jahrhundert. Das Werk trägt den Titel “Stromata” (“Flickwerk”), weil es eine Vielfalt von Themen behandelt. Es geht dabei weiter als seine beiden Vorgänger und zielt auf die Vervollkommnung des christlichen Lebens durch Einweihung in das vollständige Wissen. Es versucht, auf der Grundlage von Schrift und Tradition eine solche Darstellung des christlichen Glaubens zu geben, die allen Ansprüchen gelehrter Männer gerecht wird und den Schüler in die innersten Wahrheiten seines Glaubens führt. Der Platz des Werkes in der Trilogie ist umstritten – ursprünglich wollte Clemens den “Didascalus” schreiben, ein Werk, das die praktische Anleitung des Pädagogen durch eine eher intellektuelle Schulung in Theologie ergänzen sollte. Die “Stromata” ist weniger systematisch und geordnet als Clemens’ andere Werke, und André Méhat hat die Theorie aufgestellt, dass sie für eine begrenzte, esoterische Leserschaft gedacht war. Dieser Band enthält die Bücher vier und fünf des Gesamtwerkes.

Teppiche, Band 2

Teppiche, Band 2.

Format: eBook/Taschenbuch

Teppiche, Band 2

ISBN eBook: 9783849661618

ISBN Taschenbuch: 9783849666477

 

Auszug aus dem Text:

 

Viertes Buch

I. Kapitel

1.

  1. Nunmehr halte ich es für angemessen, von dem Märtyrertum zu handeln und davon, wer der Vollkommene ist (dabei wird das, was sich daran anschließt, je nachdem es der zu behandelnde Stoff erfordert, mithereingenommen werden) und davon, daß jeder in gleicher Weise nach Weisheit streben muß, mag er Knecht oder Freier und dem Geschlecht nach Mann oder Weib sein.
  2. Wenn wir dann den folgenden Abschnitt über den Glauben und über die Forschung vollständig abgeschlossen haben, werden wir die auf Sinnbildern beruhende Darstellungsform vorführen, um dann, wenn wir in flüchtiger Übersicht die Sittenlehre zu Ende geführt haben, in kurzer Zusammenfassung des Wichtigsten zu zeigen, welchen Nutzen die Griechen aus der nichtgriechischen Philosophie gewonnen haben.
  3. Nach dieser gedrängten Darstellung soll in Kürze die gegen die Griechen und die gegen die Juden gerichtete Auslegung der Heiligen Schrift und alles das vorgetragen werden, was wir in den bisherigen Büchern der „Teppiche“ unter dem dringenden Zwang der Fülle des Stoffes zu bewältigen nicht vermochten, während wir beim Eingang zu unserem Vorwort die Absicht ausgesprochen hatten, alles in einem einzigen Buch zu Ende zu bringen.

2.

  1. Hierauf müssen wir später, wenn wir die Abhandlung entsprechend dem von uns vorgelegten Plan so gut wie möglich vollendet haben, erforschen, was von den Griechen und andererseits von den Barbaren, soweit deren Anschauungen zu uns gelangt sind, über das Wesen der Urgründe gelehrt worden ist, und müssen dann den wichtigsten Gedanken der Philosophen entgegentreten.
  2. Daran schließt sich nach einem kurzen Abriß der Gotteslehre die Behandlung der die Weissagung betreffenden  Überlieferung.2215Darauf können wir bei der Heiligen Schrift, auf der unser Glauben beruht, auf Grund ihrer verbürgten Herkunft von dem Allmächtigen nachweisen, daß sie unbedingten Glauben verdient, und ihre Bücher der Reihe nach durchgehen und aus ihnen all den Irrlehren gegenüber beweisen, daß es ein Gott und allmächtiger Herr ist, der durch das Gesetz und die Propheten und dazu auch durch das selige Evangelium verkündigt worden ist.
  3. In großer Menge warten dann unser noch die Einwendungen, die wir gegen die Irrlehrer vorbringen müssen, wenn wir versuchen wollen, die von ihnen vorgebrachten Lehren schriftlich zu entkräften und sie selbst auch gegen ihren Willen zu überzeugen, indem wir sie durch die Heilige Schrift selbst widerlegen.

3.

  1. Wenn nun so unser ganzer Plan in den Abhandlungen ausgeführt ist, mit denen wir, wenn der Geist es will, dem dringenden Bedürfnis abhelfen wollen (denn ganz unentbehrlich ist das, was vor der Darlegung der Wahrheit selbst zuvor gesagt werden muß) dann werden wir erst zu der wahrhaft gnostischen Wesenslehre kommen, nachdem wir uns vor den großen in die kleinen Mysterien haben einweihen lassen,2216damit nichts der wahrhaft göttlichen Offenbarung heiliger Geheimnisse im Wege stehe, sondern alles, was vorher erforscht und zuvor mitgeteilt werden muß, zuvor völlig erledigt und zuvor behandelt worden ist.
  2. Nun hängt aber die Wesenslehre oder richtiger gesagt Wesensschau, die dem wahrheitsgetreuen Maßstab gnostischer Überlieferung entspricht,2217von der Lehre über die Weltentstehung ab und steigt von hier aus zu dem Wissenschaftsgebiet der Lehre von Gott auf.
  3. Daher werden wir mit Recht den Anfang der Darbietung mit der von der Weissagung berichteten Schöpfung machen, wobei wir der Reihe nach auch die Ansichten der Irrlehrer vorführen und sie, soweit es uns möglich ist, zu widerlegen versuchen wollen.
  4. Aber all dies wird geschrieben werden, wenn Gott es will und wie er es eingibt; jetzt aber müssen wir an die uns zunächst vorliegende Aufgabe herantreten und den Abschnitt von der Sittenlehre zu Ende bringen.

II. Kapitel

4.

  1. Unsere Abhandlungen sollen aber, wie wir schon oft sagten,2218wegen der Leser, die hemmungslos und unvorbereitet darüber kommen, wie schon ihr Name sagt, Teppichen gleich bunt zusammengefügt sein; sie sollen in ununterbrochenem Wechsel von einem Gegenstand auf den anderen übergehen und im Laufe der Darstellung oft einen anderen Sinn in sich schließen, als die Worte zunächst kundtun.2219
  2. „Die nämlich, die nach Gold suchen“, sagt Herakleitos, „graben viel Erde auf und finden wenig“;2220diejenigen aber, die in der Tat zum „goldenen Geschlecht“2221gehören und nach dem ihnen Verwandten schürfen, werden in wenigem viel finden. Denn finden wird meine Schrift den einen Leser, der sie versteht.2222
  3. Dem also, der mit Verstand zu forschen vermag, werden die „Teppiche“ meiner Abhandlungen dazu behilflich sein, daß er sich an die Wahrheit erinnert und eine klare Vorstellung von ihr bekommt.
  4. Dazu müssen aber auch wir anderes hinzu erarbeiten und hinzu auffinden; denn auch bei denen, die einen ihnen unbekannten Weg gehen wollen, genügt es, wenn man ihnen nur zeigt, wo der Weg führt.

5.

  1. Gehen müssen sie ihn aber dann selbst und auch die Fortsetzung selbst finden. So gab auch, wie man erzählt, die Pythia einem Sklaven, der das Orakel fragte, was er tun müsse, um seinen Herrn zufriedenzustellen, den Bescheid: „Du wirst es finden, wenn du es suchst“
  2. Und in der Tat ist es, wie es scheint, schwer, etwas Gutes, wenn es verborgen ist, aufzufinden. Denn „vor die Tugend ist der Schweiß gesetzt“, „Und lang ist der Weg und geht steil in die Höhe; Auch ist er anfangs gar rauh; doch hat man die Höhe erstiegen, Dann ist es leicht, auf ihm weiterzugehen, so schwer es zuerst war.“2223
  3. Denn der Weg des Herrn ist wirklich „eng und schmal“,2224und „nur Gewalttätige können das Reich Gottes erringen“;2225 daher heißt es: „Suche, und du wirst finden“,2226 wenn du dich nämlich an den wahrhaft „königlichen Weg“2227 hältst und nicht von ihm abweichst.

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