Ausgewählte Briefe, Band 1

Ausgewählte Briefe, Band 1 – Sophronius Eusebius Hieronmyus

Eusebius Sophronius Hieronymus war ein lateinischer Priester, Beichtvater, Theologe und Historiker, der allgemein als Heiliger Hieronymus bekannt ist. Die Liste seiner Schriften ist umfangreich, und neben seinen biblischen Schriften verfasste er auch polemische und historische Abhandlungen, immer aus der Sicht eines Theologen. Hieronymus war bekannt für seine Lehren über das christliche Sittenleben, die vor allem für diejenigen gedacht waren, die in kosmopolitischen Zentren wie Rom lebten. In vielen Fällen richtete er seine Aufmerksamkeit auf das Leben von Frauen und zeigte auf, wie eine Frau, die sich Jesus hingibt, ihr Leben führen sollte. Dieser Schwerpunkt ergab sich aus seinen engen Beziehungen zu mehreren prominenten weiblichen Asketen, die Mitglieder wohlhabender senatorischer Familien waren. Dank seines Beitrags zum Christentum wird Hieronymus von der katholischen Kirche, der östlich-orthodoxen Kirche, der lutherischen Kirche und der anglikanischen Gemeinschaft als Heiliger und Doktor der Kirche anerkannt. Sein Festtag ist der 30. September. Dieser erste von zwei Bänden beinhaltet eine Auswahl seiner wichtigsten Briefe.

Ausgewählte Briefe, Band 1

Ausgewählte Briefe, Band 1.

Format: eBook/Taschenbuch

Ausgewählte Briefe, Band 1

ISBN eBook: 9783849660475

ISBN Taschenbuch: 9783849667924

 

Auszug aus dem Text:

I. Briefe familiären Charakters

2. An Theodosius und die übrigen Mönche seines Klosters

[Vorwort]

 * Nachdem Hieronymus an den „halbbarbarischen Ufern des Rheins“ den Entschluß gefaßt hatte, Mönch zu werden, verließ er 373 in Begleitung einer Reihe gleichgesinnter Freunde seine Vaterstadt Stridon. Unter Führung des antiochenischen Presbyters Evagrius durchwanderte die Reisegesellschaft ganz Kleinasien. Der Weg führte wohl über das Kloster Rhossos in Kilikien, dessen von Theodoref 1 in seiner Mönchsgeschichte erwähnter Abt Theodosius allgemein als Empfänger dieses Briefes gilt. Was Hieronymus bei den Mönchen erlebte, bekräftigte ihn in seinem Entschluß. Freilich hatte er noch nicht alle seelischen Hemmungen überwunden, die durch den Tod und die Rückkehr mehrerer Reisegefährten sowie durch schwere Krankheit als Folge der Reisestrapazen ungünstig beeinflußt wurden. Aus dieser Lage heraus ist der Brief geschrieben. Er wurde abgefaßt im Jahre 374 zu Antiochia, wahrscheinlich auf dem seinem gastlichen Wirt und Pfleger Evagrius gehörenden Landgute Maronia, wo Hieronymus zur Herstellung seiner zerrütteten Gesundheit weilte. Er bittet die Mönche, ihn durch ihr Gebet zu unterstützen, damit sein Plan endlich zur Ausführung komme. *

[Brief]

Wie gerne, o wie gerne möchte ich zur Stunde in Eurem Kreise weilen! Mit welchem Jubel möchte ich Eure bewundernswerte Gemeinschaft in meine Arme  schließen, mögen auch meine Augen nicht würdig sein, Euch zu schauen! Sehen würde ich da eine Einöde zwar, aber eine Gemeinde, lieblicher als irgendeine; sehen würde ich eine Stätte, zwar von ihren Einwohnern verlassen, aber wie das Paradies von Heiligenchören bevölkert. An meinen Sünden jedoch Hegt es, daß mein schuldbeladenes Haupt sich Eurem seligen Kreise nicht eingliedern darf. Deshalb beschwöre ich Euch: rettet mich durch Euer Gebet aus der Finsternis dieser Welt! Ich bin sicher, daß Ihr es könnt. Als ich bei Euch war, habe ich es Euch schon gesagt, und ich wiederhole es in diesem Briefe: mein Wunsch ist es, daß mein Herz von leidenschaftlichem Verlangen ergriffen wird nach Eurem Streben, Nun liegt es an Euch, daß auf den Wunsch die Tat folge. Das Wollen ist meine Sache, von Eurem Gebete aber hängt es ab, daß ich den Willen ins Werk umsetzen kann. Ich komme mir nämlich vor wie ein sieches Schaf, das von der Herde abgeirrt ist. Wenn der gute Hirte mich nicht auf seinen Schultern in die Hürde zurückträgt, 2 dann geraten meine Schritte ins Wanken, dann breche ich beim ersten Versuche, mich zu erheben, zusammen. Ich bin jener verschwenderische Sohn, der ich den ganzen vom Vater mir anvertrauten Anteil verpraßt habe. 3 Und noch habe ich nicht angefangen, die Lockungen des früheren Wohllebens von mir zu weisen, 4 noch bin ich meinem Vater nicht zu Füßen gefallen. Und da ich von meinen Sünden noch nicht in dem Maße abgelassen habe, wie das mein Vorsatz war, legt mir der Teufel schon wieder neue Fallstricke, stellt mir schon wieder neue Hindernisse vor und umgibt mich gleichsam ringsum mit Wasser, ringsum mit Meer, 5 und schon will ich, von allen Seiten von diesem Element umschlossen, nicht  mehr zurück, komme aber auch nicht vorwärts. So bleibt nur noch übrig, daß auf Euer Gebet hin der Hauch des Heiligen Geistes mich voran trägt und hinführt zum Hafen am ersehnten Gestade.

 

3. An Rufinus

[Vorwort]

Es ist, als ob ein Ahnen die Seele unseres Heiligen durchzieht, wenn er am Schlüsse dieses Briefes mit bangen Worten von der Freundschaft spricht, die auf’ hören kann. Ist doch dieser Brief das erste literarische Denkmal, in dem er des Mannes gedenkt, mit dem er im späteren Leben so manches Mal in bitterster Fehde die Waffen kreuzen sollte. Es ist der Presbyter Rufin, mit dem ihn einst zu Rom innige Studienfreundschaft verband, der auch zum trauten Freundeskreise in Aquileja gehörte. Ein „plötzlicher Sturm“, unter dem wir uns nichts Bestimmtes vorstellen können, trennte die beiden Freunde im Jahre 373.6 Rufinus, der Mönch geworden war, unternahm mit der älteren Melania, einer frommen und vornehmen römischen Dame, eine Wallfahrt zu den Mönchssiedlungen in der nitrischen Wüste, um sich dann in Palästina niederzulassen. Hieronymus gibt seiner großen Freude über das Interesse des Freundes für das Eremitentum Ausdruck. Anschließend schildert er seine Erlebnisse seit den Tagen ihrer Trennung. Es folgt eine begeisterte Lobrede auf den gemeinsamen Freund Bonosus, der das gemeinsame Ideal auf einer öden dalmatinischen Insel bereits verwirklicht hat. Der Brief endet mit der Bitte, die alte Freundschaft weiter zu pflegen. Er dürfte im Hochsommer 374 zu Antiochia geschrieben sein, kurz bevor sich Hieronymus in der Wüste Chalkis niederließ.

1.

Daß Gott mehr gibt, als wir von ihm erbitten, daß er des öfteren schenkt, was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, keines Menschen Herz erfahren hat, 7 war mir bereits aus den heiligen und geheimnisvollen  Schriften bekannt. Nun aber, mein lieber Rufinus, habe ich es an mir selbst erlebt. Ich hielt es nämlich schon für einen reichlich kühnen Wunsch, durch den brieflichen Wechselverkehr uns gegenseitig ein Zusammensein vorzutäuschen, und nun höre ich, daß Du in Ägyptens Einöden vordringst, die Klöster der Mönche besuchst und Deinen Rundgang machst bei den himmlischen Gemeinschaften auf Erden. O wenn mir doch der Herr Jesus Christus einen plötzlichen Ortswechsel ermöglichen möchte, wie wir ihn in den Berichten von Philippus und dem Eunuchen 8, von Habakuk und Daniel lesen. 9 Wie wollte ich mich an Deinen Hals werfen und Dich aufs innigste umarmen! Wie wollte ich den Mund, der einst mit mir irrte, aber auch mit mir zur Weisheit kam, mit den zärtlichsten Küssen bedecken! Doch weil ich ein solches Wunder nicht verdiene und häufige Krankheiten meinen erbärmlichen Leib, der krank ist, auch wenn er gesund ist, zermürbt haben, schicke ich diesen Brief, damit er an meiner Stelle mit Dir zusammentreffe und Dich mit den Banden der Liebe gefesselt zu mir geleite.

2.

Die erste frohe Botschaft dieses unvermuteten Glückes verdanke ich dem Bruder Heliodor. 10 Was ich gerne wahr sah, glaubte ich nicht für wahr halten zu dürfen, da Heliodor sich auf einen anderen als Gewährsmann berief und die Überraschung meinen Glauben an die Nachricht beeinträchtigte. Aber meinen Zweifeln und meinem Schwanken machte ein Mönch aus Alexandria, den schon vor längerer Zeit das Volk in seiner treuen Anhänglichkeit zu den ägyptischen Bekennern, die ihrem Wollen nach Märtyrer sind, 11 gesandt hatte, durch  seine einwandfreie Bestätigung ein Ende. Immerhin gestehe ich, daß auch da noch mein Glaube nicht ganz fest war. Trotzdem schien dieser Mönch, wenn er auch Deine Heimat und Deinen Namen nicht kannte, schon deshalb ein zuverlässiger Bote zu sein, weil er wiederholte, was Heliodor bereits berichtet hatte. Schließlich brach sich die Wahrheit mit voller Wucht Bahn. Rufinus ist in der nitrischen Wüste, er hat den seligen Makarius 12 an besucht; so lautete der Bericht der vielen, die hier ein und aus gingen. Nun ließ ich meiner Zuversicht die Zügel schießen; aber gerade da, es schmerzt mich wahrhaft, war ich krank. Wenn mich nicht die schwachen Kräfte meines heruntergekommenen Körpers einer Fessel gleich gehindert hätten, würde mich weder die Gluthitze des Hochsommers noch die Unsicherheit einer Seereise davon abgehalten haben, mit der Eile des Freundes Dich aufzusuchen. Du kannst mir glauben, geliebter Bruder; verlangender kann nicht nach dem Hafen ausschauen der Schiffer, vom Sturm umhergetrieben, gieriger können nicht die ausgetrockneten Fluren nach Regen schmachten, mit größerer Sehnsucht kann nicht die Mutter ihren Sohn erwarten, in Sorge am gekrümmten Gestade 13 sitzend.

 …

Dieser Beitrag wurde unter Die Schriften der Kirchenväter veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.