Essentielle Schriften

Essentielle Schriften – Sophronius Eusebius Hieronmyus

Eusebius Sophronius Hieronymus war ein lateinischer Priester, Beichtvater, Theologe und Historiker, der allgemein als Heiliger Hieronymus bekannt ist. Die Liste seiner Schriften ist umfangreich, und neben seinen biblischen Schriften verfasste er auch polemische und historische Abhandlungen, immer aus der Sicht eines Theologen. Hieronymus war bekannt für seine Lehren über das christliche Sittenleben, die vor allem für diejenigen gedacht waren, die in kosmopolitischen Zentren wie Rom lebten. In vielen Fällen richtete er seine Aufmerksamkeit auf das Leben von Frauen und zeigte auf, wie eine Frau, die sich Jesus hingibt, ihr Leben führen sollte. Dieser Schwerpunkt ergab sich aus seinen engen Beziehungen zu mehreren prominenten weiblichen Asketen, die Mitglieder wohlhabender senatorischer Familien waren. Dank seines Beitrags zum Christentum wird Hieronymus von der katholischen Kirche, der östlich-orthodoxen Kirche, der lutherischen Kirche und der anglikanischen Gemeinschaft als Heiliger und Doktor der Kirche anerkannt. Sein Festtag ist der 30. September. Dieser Band beinhaltet neben vielen anderen Schriften auch seinen “Dialog gegen die Pelagianer.”

Essentielle Schriften

Essentielle Schriften.

Format: eBook/Taschenbuch

Essentielle Schriften

ISBN eBook: 9783849660451

ISBN Taschenbuch: 9783849667900

 

Auszug aus dem Text:

Leben des hl. Paulus, des ersten Einsiedlers (Vita Pauli)

1.

Für viele ist es noch nicht ausgemacht, wer sich vor allen anderen in der Wüste niedergelassen und ein Mönchsleben geführt hat. Einige, die in allzu frühe Zeiten zurückgreifen, wollen mit Elias und Johannes beginnen. Freilich scheint Elias mehr als ein Mönch gewesen zu sein, und Johannes war ein Prophet schon vor seiner Geburt. Nach anderen — und sie vertreten die landläufige Meinung — hat Antonius als erster diesen Lebensstand ergriffen, was aber nur zum Teil seine Richtigkeit hat. Er ist nämlich nicht selbst der erste von allen gewesen, wohl aber sind die anderen durch ihn zu ihrem Eifer angeregt worden. Amathas und Macarius1, zwei Schüler des Antonius2 , von welchen der erstere den Leichnam des Meisters begraben hat, behaupten noch heute, daß, wenn auch nicht der Name, so doch die Sache sich zurückführe auf einen gewissen Paulus aus Theben. Auch wir folgen dieser Angabe. Einige vertreten nun bezüglich seiner Persönlichkeit in schrankenloser Willkür bald diese bald jene Ansicht. Er sei ein bis zur Ferse behaarter Mensch gewesen, der sich in einer unterirdischen Höhle aufgehalten habe, und was dergleichen müßige und unglaubliche Dinge noch mehr sind. Da uns hier die Unwahrheit allzu kraß entgegentritt, wäre eine Widerlegung überflüssige Arbeit. Über Antonius liegen in griechischer wie in lateinischer Sprache hinreichende Mitteilungen vor. Deshalb habe ich mich entschlossen, weniger im Vertrauen auf meine Fähigkeit als vielmehr aus dem Grunde, weil das Thema ohne Bearbeitung geblieben ist, einiges über die ersten und letzten Tage des Paulus niederzuschreiben. Wie er in der dazwischen liegenden Zeit gelebt, welche Nachstellungen ihm Satan bereitet hat, das hat kein Mensch erfahren.

 

3.

Einen standhaften Bekenner des Glaubens, dem Folter und glühende Eisenplatten nichts anhaben konnten, ließ er mit Honig bestreichen und im sengenden Sonnenbrand, die Hände auf den Rücken gebunden, niederlegen. Nachdem er dem glühenden Roste getrotzt hatte, sollte er den Stichen der Mücken erliegen. Einen anderen, einen in der Blüte der Jahre stehenden Jüngling, ließ er in einen herrlichen Garten führen. Dort wurde er zwischen weißen Lilien und roten Rosen rücklings auf ein mit Flaumfedern gefülltes Bett gelegt. In der Nähe schlängelte sich sanft plätschernd ein Bach dahin, und der Wind strich mit leisem Säuseln durch die Blätter der Bäume. Damit der Jüngling sich nicht befreien konnte, wurde er mit einem Geflecht aus reizenden Blumengewinden festgebunden. Als sich alle entfernt hatten, kam eine schöne Buhlerin und fing an, in zärtlichen Umarmungen ihm um den Hals zu fallen; ja, kaum darf man es sagen, sie scheute sich nicht, ihn unehrerbietig zu betasten, um seine Leidenschaft zu erregen und als schamlose Sünderin den Sieg davonzutragen. Was sollte der Streiter Christi tun, wohin sich wenden? Er wußte es nicht. Bereits schien die Sinnlichkeit ihn zu übermannen, nachdem er der Marterwerkzeuge gespottet hatte. Doch auf eine himmlische Erleuchtung hin biß er ein Stück der Zunge ab und spie es in das Gesicht der ihn Liebkosenden. So wurde das Lustgefühl unterdrückt durch den an seine Stelle tretenden großen Schmerz.

 

4.

Um dieselbe Zeit, als diese Ereignisse sich in der unteren Thebais abspielten, starben des Paulus Eltern und ließen ihn im Alter von ungefähr sechzehn Jahren mit seiner bereits verheirateten Schwester in glücklichen Vermögensverhältnissen zurück. Paulus war sowohl in der griechischen wie in der ägyptischen Literatur vorzüglich bewandert, von sanftem Charakter und äußerst gottesfürchtig. Als der Sturm der Verfolgung losbrach, zog er sich auf ein entlegenes Landgut zurück. Doch wozu treibt nicht der verwünschte Hunger nach Gold3 das Menschenherz? Der Schwester Gatte, der ihn hätte verbergen sollen, ging mit dem Gedanken um, ihn zu verraten. Weder die Tränen der Gattin, noch die Blutsverwandtschaft, noch der Gedanke an Gott, der von oben her alles überschaut, schreckten ihn von der Ausführung des Verbrechens ab. Er machte sich an ihn heran und stand ihm zur Seite, aber seine Liebe war Grausamkeit4 .

 

5.

Sobald der geweckte Jüngling darüber Klarheit gewonnen hatte, floh er in die Gebirgseinöden, wo er das Ende der Verfolgung abwarten wollte. Allmählich machte er aus der Not eine Tugend, zog immer weiter und verweilte dann wieder längere Zeit an einem anderen Orte. Endlich, nachdem dieser Wechsel sich wiederholt vollzogen hatte, fand er einen felsigen Berg, an dessen Fuß eine nicht allzu große Höhle mit einem Steine verschlossen war. Er entfernte ihn und setzte seine Nachforschungen mit großem Eifer fort, was bei der Vorliebe des Menschen, Geheimnisvolles zu untersuchen, weiter nicht wundernimmt. Im Innern stieß er auf eine geräumige Halle. Da sich über ihr der Himmel öffnete, bemerkte man eine klare Quelle, obwohl eine alte Palme ihre breiten Äste darüber ausgebreitet hatte. Freilich sie sprudelte kaum ans Tageslicht, da sog dieselbe Erde die Wasser, welchen sie eben das Leben gegeben hatte, durch einen schmalen Spalt wieder auf. Außerdem erblickte man in dem ausgehöhlten Berge eine ganze Reihe von Wohnstätten, in welchen sich bereits verrostete Ambosse und Hämmer vorfanden, wie sie zur Münzprägung dienen, Nach ägyptischen Mitteilungen soll hier eine geheime Falschmünzerwerkstätte gewesen sein zu der Zeit, in welcher Cleopatra mit Antonius verbündet war.

 

6.

Paulus gewann diese Wohnstätte, da sie ihm ja gleichsam Gott selbst angeboten hatte, sehr lieb und brachte dort in Gebet und Einsamkeit sein ganzes Leben zu. Speise und Kleidung bot ihm die Palme. Sollte dies jemandem unglaublich klingen, Jesum und seine heiligen Engel rufe ich zu Zeugen an, daß ich in jenem Teil der Wüste, welcher zwischen Syrien und dem Gebiete der Sarazenen liegt, einen Mönch gekannt habe und noch kenne, welcher sich dreißig Jahre lang einschloß und nur von Gerstenbrot und trübem Wasser lebte. Ein anderer nährte sich in einer alten Gubba5 , wie die Syrer in ihrer heimatlichen Sprache eine Zisterne nennen, von fünf getrockneten Feigen, die er täglich genoß. Solche werden allerdings ungläubig diesen Mitteilungen lauschen, welche nicht zugeben wollen, daß den Gläubigen alles möglich ist6 .

 

7.

Doch zurück zum Thema! Als der hl. Paulus schon hundertdreizehn Jahre lang ein himmlisches Leben auf Erden geführt hatte, hielt sich in einer anderen Einsiedelei der neunzigjährige Antonius auf. Wie er selbst zu sagen pflegte, kam er auf den Gedanken, ein so vollkommener Mönch wie er dürfte sich in der Wüste wohl nicht mehr aufhalten7 . Aber bei Nacht im Schlafe wurde ihm geoffenbart, daß es noch einen anderen gäbe, der viel tugendhafter als er sei; diesen solle er besuchen. Sogleich mit Tagesanbruch machte sich der ehrwürdige Greis, die schwachen Glieder auf seinen Stab gestützt, auf den Weg, ohne ein sicheres Ziel vor Augen zu haben. Schon brannte die heiße Mittagssonne, doch ließ er sich von der einmal unternommenen Reise nicht abbringen. „Ich glaube“, sprach er, „an einen Gott, der mir meinen Mitbruder zeigen wird, wie er es mir versprochen hat.“ Aber weiter kam er nicht; denn er bemerkte ein Wesen, halb Mensch, halb Pferd, welches die Dichtersprache Hippocentaurus nennt. Bei diesem Anblick wappnete er die Stirn mit dem heilbringenden Kreuzzeichen. „Wohlan“, rief er aus, „wo wohnt in dieser Gegend der Diener Gottes?“ Und jener brummte etwas Unverständliches in seinen Bart, wobei er die Worte mehr radebrechte als aussprach; doch suchte er trotz seines von Borsten starrenden Antlitzes nach einer liebenswürdigen Anrede. Mit ausgestreckter Rechten wies er den gewünschten Weg. Dann aber durcheilte er mit der Geschwindigkeit eines Vogels das offene Gelände, um bald den Blicken des überraschten Einsiedlers zu entschwinden. Ich weiß nicht, ob der Teufel ihm dies Trugbild vorgegaukelt hat, um ihn zu erschrecken, oder ob die an sonderbaren Tiergestalten so reiche Wüste auch derartige Geschöpfe hervorbringt.

 

8.

In Staunen versunken über diese Begegnung zog Antonius gedankenvoll weiter. Es dauerte nicht lange, da sah er in einem felsigen, rings von Bergen umgebenen Tal ein kleines Menschlein mit einer gekrümmten Nase und Hörnern an der Stirn; der unlere Teil des Körpers lief in Bocksfüße aus. Bei diesem Anblicke ergriff Antonius nach guter Kämpfer Brauch den Schild des Glaubens und den Panzer der Hoffnung8 . Aber genanntes Wesen bot ihm Datteln an als Wegzehrung, gleichsam ein Unterpfand des Friedens. Als Antonius dies sah, blieb er stehen und erhielt auf die Frage, wer er denn wäre, folgende Antwort: „Ich bin ein Sterblicher, einer von den Bewohnern der Wüste, welche das durch mannigfache Irrtümer getäuschte Heidentum mit den Namen Faunen, Satyrn und Inkuben verehrt9 . Ich bin von meinen Genossen gesandt. Wir ersuchen dich, für uns bei dem gemeinsamen Herrn, der, wie wir wissen, einst zur Erlösung der Welt gekommen ist, Fürsprache einzulegen. Über die ganze Welt hat sich die Kunde von ihm ausgebreitet“10 . Während dieser Unterredung floß ein reicher Tränenstrom, der Ausdruck seiner übergroßen Herzensfreude, über das Antlitz des hochbetagten Wanderers. Er freute sich nämlich über die Verherrlichung Christi und die Vernichtung des Satans. Voll Erstaunen darüber, daß er dieses Wesens Sprache verstehen konnte, stieß Antonius mit dem Stabe auf den Boden und sprach: „Weh dir Alexandria, weil du an Stelle Gottes Götzenbilder verehrst! Weh dir, buhlerische Stadt, in welcher die bösen Geister des ganzen Erdballes zusammengeströmt sind! Was wirst du nun sagen? Die Tiere sogar bekennen Christus und du verehrst an Stelle Gottes Götzen.“ Noch war er nicht zu Ende gekommen, und schon schoß das gehörnte Wesen in pfeilschnellem Lauf dahin. Gegen die Glaubwürdigkeit dieses Berichtes braucht niemand ein Bedenken geltend zu machen, wie ein Ereignis bezeugt, das sich angesichts der ganzen Welt zugetragen hat, als Constantius regierte. Ein Mensch dieser Art wurde lebendig nach Alexandria gebracht, wo er der Schaulust der Menge reichliche Nahrung bot; dann wurde sein Leichnam, nachdem er mit Salz behandelt worden war, damit er nicht unter dem Einflüsse der Sonnenhitze zergehe, nach Antiochia verbracht, um vom Kaiser in Augenschein genommen zu werden.

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