Essentielle Werke der armenischen Väter

Essentielle Werke der armenischen Väter

Obwohl das armenische Land schon im Anfang des dritten Jahrhunderts Christen zählte – ein Bischof Meruzanes sah eine organisierte Kirche um sich, Tertullian weiß um Christen in Armenien – und Ende des dritten Jahrhunderts unter Trdat III. Armenien als erstes Land der Erde das Christentum zur Staatsreligion erhob, stammen die ältesten christlichen Literaturwerke aus dem fünften Jahrhundert. Im ersten Drittel desselben schenkte Mesrop, ein gelehrter Priester und nachmaliger Patriarch oder Katholikos seinem Volke eine eigene, der nationalen Sprache angepaßte Schrift Damit war der Boden für das Entstehen einer nationalen wie einer kirchlichen Literatur geebnet. Diese Ausgabe enthält die folgenden Schriften: Ausgewählte Reden aus dem Hatschachapatum, Beschreibung des Lebens und Sterbens des hl. Lehrers Mesrop, Erklärung des Vaterunsers von Elische, Homilie über die Auferweckung des Lazarus, Worte der Ermahnung über die Einsiedler.

Essentielle Werke der armenischen Väter

Essentielle Werke der armenischen Väter.

Format: eBook/Taschenbuch

Essentielle Werke der armenischen Väter

ISBN eBook: 9783849659721

ISBN Taschenbuch: 9783849668556

 

Auszug aus dem Text:

 

1. Von der heiligsten Dreifaltigkeit.

 Eine ist die Natur, die Wesenheit der allerheiligsten Dreifaltigkeit; und ihr eignet Selbstheit, nicht (Sein) von einem anderen Wesen. Der Vater enthält die (Ur-)Gründe des anfangslosen Sohnes und Geistes. Er ist ungezeugte Substanz, unbegrenzte Ewigkeit, unveränderliche Wahrheit, Leben und Lebensspender für alle Lebenden. Er ist Vater des Sohnes und Quelle des Geistes; er ist Gott und Schöpfer der sichtbaren und unsichtbaren Geschöpfe. Grund wird er genannt vermöge der Zeugung des Sohnes und Quelle des Heiligen Geistes. Er selbst ungezeugt, hat gezeugt das anfangslose Wesen; er hat gezeugt des Ewigen, Unbegrenzten unveränderliche Wahrheit. Als Lebensspender hat er gezeugt das Leben für das Leben der Lebenden; er hat gezeugt das lebendige Licht für das Licht der Lebendigen. Für das Gute hat er gezeugt den Guttäter; als Schöpfer hat er gezeugt den Schöpfer aller unsichtbaren und sichtbaren Geschöpfe. Er ist der Schöpfer des Himmels und der himmlischen Kräfte und der Erde und der Geschöpfe, die auf ihr sind. Er ist reich und vollkommen und erfüllt alles in allem, kein Mangel ist an ihm; er wird nicht neu und nicht alt, nicht voll und nicht leer, er ist ewig in seiner Fülle und Unermeßlichkeit. Von keiner Seite ist ein Zuwachs oder eine Vermehrung der unendlichen, unerreichbaren, unbegrenzten und allvollkommenen Natur. Der Verstand begreift das nicht; auch die Engel verstehen es nicht, die doch einen schärferen als den Verstand der Menschen haben; aber wo der Wille des Schöpfers winkt, da tun sie Dienste den himmlischen und den irdischen (Wesen). Denn wie der Himmel und all sein Schmuck gefestigt sind durch das Wort Gottes und durch den Geist alle Kräfte, so auch die Erde mit ihren Bergen und Tälern, Meeren, Flüssen, Quellen und dichtbelaubten Bäumen.

 Es ist kein anderer Schöpfer als die heiligste Dreifaltigkeit allein, die allmächtige Herrschaft, die reine einfache, allmächtige Kraft. Sie sprach und es ward, sie befahl und sie sind entstanden1. Sie wohnt im Himmel der Himmel und sorgt für alle Geschöpfe; sie leitet alles im Himmel und auf Erden durch ihre Vorsehung und ihre unendliche Weisheit; allen ist sie Leben und Lebensspenderin, in allem ist sie unbegrenzt, unbegreiflich, unaussprechlich. Liebe ist sie, voll lebendiger Glückseligkeit; unnahbares Licht, furchtbar und wundersam. Wissen und Weisheit sind von ihr durchschaut; lebendig ist sie und belebend, erbarmungsreich und gütig in ihren Gnadenerweisen; geduldig ist sie und Heilung bringend. Sie ist Heiligkeit für die Heiligen, die sich ihr nahen in Heiligkeit und Gerechtigkeit, allezeit die vernünftigen Wesen erleuchtend. In allem ist sie Wahrheit, wenn sie uns zurechtweist und die Sünder ermahnt, damit sie dem Zorne entrinnen, der über die Gottlosen kommen soll. Aber auch durch Versprechungen von Wohltaten ermuntert sie, damit wir würdig werden der Kronen und des Ruhmes der ewigen Glückseligkeit. Denn sie ist der ruhige Hafen für die Weltfernen in der Sorge ihrer heiligen Liebe; mit unaussprechlicher Seligkeit erfreut sie die Tugendhaften im Geiste. Denn unerforschlich ist ihre Größe, anfangslos ihr Sein, erhaben über das Verständliche ist sie in ihrer Unendlichkeit und Unermeßlichkeit; mit Sorge und Vorsicht erfüllt sie alle Geschöpfe. Sie weiß die Gedanken der Herzen, sie durchforscht die Nieren und führt durch die Gesetze des belebenden Geistes zu unvergeßlichen Freuden der Unsterblichen, unaufhörlicher Lust, zu unaussprechlichem und unbeschreiblichem Glück, indem sie die Herrlichkeit Gottes erben.

Das alles nun sind freisprossende Wundertaten des Ewigen, Unendlichen zum Heile der Geschöpfe nach der Güte seiner Schöpfung. Denn er, der unendlich unbegreiflich ist, spendet Leben nach seiner Fürsorge. Ihn kann nicht der Verstand der Geister begreifen, weder den Vater noch den Sohn noch den Heiligen Geist;  sondern aus ihren Werken und Wohltaten wird von körperlichen und unkörperlichen Wesen erkannt und erfaßt die eine Gottheit, die allmächtige Herrschaft. Denn wie Strahlen, Licht und Wärme der einen Sonne zugesprochen werden und nicht anderen, und wie Quelle, Wasser und Bach von einer Natur ausgesagt werden, so ist es mit dem Verstand, der Vernunft und dem Geist des Menschen, ebenso auch mit der einen Natur und Gottheit des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes. Denn die Sonne ist nicht ohne Licht und ohne Wärme, die Quelle nicht ohne Wasser und Abfluß, der Verstand nicht ohne Wort und Geist. So war auch der Vater nicht ohne den Sohn und Heiligen Geist.

2. Über die Eigenschaften der heiligen Dreifaltigkeit.

Vollendet ist der Vater in der Person und in der Kraft, im Wissen und in der Weisheit, in der Schöpfung und Güte, und er hat seine ganze ungezeugte Substanz. Vollkommen ist der Sohn in Person und Kraft, in Wissen und Weisheit, Schöpfung und Güte, er hat als anfangsloses All sein Wesen. Vollkommen ist auch der Heilige Geist in Kraft und Person, Wissen und Weisheit, Schöpfung und Güte; auch er ohne Anfang all sein Wesen. Eine ist Natur der Gottheit und unveränderlich die Wesenheit, eine Schöpfung und eine Güte, eine Herrschaft und eine Macht; und von keiner Seite her ist ein Zuwachs oder eine Vermehrung von Herrlichkeit in der anfangslosen Dreifaltigkeit. Denn sie ist die Quelle aller Güte, und von ihr gehen aus alle Wohltaten der Schöpfung auf alle Geschöpfe. Sie ordnet, heilt und pflegt durch ihr Wohltun die Sichtbaren und Unsichtbaren durch den Geist und durch die wahre Lehre; und sie führt in ihr Reich und in ihre Herrlichkeit diejenigen, die an sie glauben und die Heiligkeit vollenden in Gottesfurcht, mit heiligem Sinn und ungeheucheltem Glauben, wie auch geschrieben steht2.

So haben wir das Wort des Glaubens empfangen; und ihr habt so geglaubt an die allerheiligste Dreifaltigkeit: an Gott, den Schöpfer, an den Herrn, der alles  erschaffen, und an die lebendigmachende Gnade. Sie macht uns durch belebendes Licht und durch heilige Liebe zu Erben ihres unaussprechlichen Reiches; sie ist es, die uns mahnt an das Andenken an die versprochenen unbeschreiblichen Gaben, welche aufbewahrt sind für diejenigen, die auf sie hoffen im Glauben und in Liebe. Deshalb drängte die Liebe zur Schöpfung den Schöpfer, alle Geschöpfe zu schaffen, die sichtbaren und unsichtbaren; nicht weil seine Gottheit ihrer bedurfte, sondern damit seine Herrlichkeit offenbar werde, welche an den Geschöpfen erkannt, von Engeln und Menschen gesehen wird. Wie er von den Lebenden nichts nimmt, sondern ihnen Leben gibt, wie das Licht nicht von den Augen, sondern vom Lichte erleuchtet wird und nicht sich selbst sieht, so belebt und erleuchtet der Herr seine denkenden und vernünftigen Geschöpfe; und er teilt ihnen Gnaden aus, wie er will. Zwar gibt es Verteilungen der Gnade, aber er ist derselbe Gott, der alles in allem gelingen läßt. Engeln und Menschen hat er zur Ehre freien Willen gegeben, damit sie den gütigen Gott verherrlichen, der sie aus Nichts zum Leben hervorgerufen hat, und in den heiligen Schriften die Eigenschaften der Frömmigkeit lehrte, damit sie vor dem Bösen fliehen, das Gute tun und dann von Ehre zu Ehre erneuert werden könnten.

Darin hat sich die Liebe Gottes gegen uns gezeigt, daß er für uns Himmel und Erde gemacht hat und die Geschöpfe, die in ihnen sind; durch eine solche Fürsorge hat er die Güte seiner Liebe geoffenbart. So sollen sich auch die Geschöpfe in wahrer Liebe Gott nahen im Glauben, in der Hoffnung und in der Beobachtung der Gebote; er wird sie (dafür) belohnen. Denn, wenn wir in allem danken für die Wohltat der Fürsorge, werden wir anerkennen und uns bekennen zur Wahrheit, und wir werden in Gehorsam bleiben gegen die Prüfung, die nach dem Willen Gottes ist; in der Bedrängnis und Ruhe unzertrennlich verbunden mit der Liebe, welche bei Gott ist, in aller Heiligkeit, im Geiste und im Fleische, sage ich, immerdar. Und wir werden nicht mit dem Namen des Schöpfers die Geschöpfe benennen und Wahrheit in Falschheit verkehren, sondern im reinen, unbefleckten, untadelhaften Dienste der Liebe werden wir bleiben in  Freundschaft immerdar. Und all diese Anordnungen des Rechtes und der Gerechtigkeit des Schöpfers bleiben immerdar für die Geschöpfe.

Darum werden wir schweigen in der eitlen und nichtigen Forschung und werden den Lehrern der Heiligen Schrift folgen, der alten und der neuen. Es ist kein anderer, der das Recht auseinandersetzt, den „durch ihn leben wir, bewegen wir uns und sind wir3.“ Auf denjenigen werden wir hören und auf ihn hoffen, der uns erlöst hat von allen Gefahren und uns in das Himmelreich versetzt. „Kommet also, meine Kinder, höret auf mich, und ich will euch lehren die Furcht des Herrn4,“ sagt er im Buche der Psalmen, er, der alle ruft zum Gehorsam gegen die geistigen Gesetze. „Wer meine Gebote hält,“ sagt der Herr, „der ist’s, der mich liebt; und wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt und wir werden kommen und bei ihm Wohnung nehmen5.“ Mit welch unaussprechlicher Liebe sind wir ausgezeichnet worden!

Sehen wir also zu, daß wir nicht schlecht erscheinen vor Gott, damit wir nicht vom ewigen Leben abfallen, welches Gott den Heiligen versprochen. Denn die Gerechten werden das Gute erben und die Sünder die Strafen erleiden. „Diejenigen, welche vom Geiste Gottes sich führen lassen,“ sagt (die Heilige Schrift), „die sind Kinder Gottes; die aber nach dem Fleische leben, können Gott nicht gefallen6“. Denn mit geistigen Sitten durch solches Leben werden wir alle himmlischen Güter genießen. Wie unvergleichlich groß, wie erhaben, wie unschätzbar ist dieses unendliche Leben! Es ist unbeschreiblich; vom Heiligen Geiste, von der Liebe des Schöpfers ist bereitet — es kann weder gehört, noch verstanden werden —, was er denen bereitet, die ihn lieben; denn durch seine belebende Liebe werden sie Güter erlangen, die erhaben sind über jeglichen Verstand und jegliche Kräfte des Himmels; er erquickt sie in den unsterblichen  Reihen. Es gibt aber eine Auswahl unter den Wohnungen je nach der Würdigkeit, unerforschliches Glück.

Dieser Beitrag wurde unter Die Schriften der Kirchenväter veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.