Heilsame Reden und Lehren

Heilsame Reden und Lehren – Gregor der Erleuchter

Gregor der Erleuchter (ca.¿257 – ca. 331) ist der Schutzpatron und das erste offizielle Oberhaupt der Armenischen Apostolischen Kirche. Er war ein religiöser Führer, dem die Bekehrung Armeniens vom Heidentum zum Christentum im Jahr 301 zugeschrieben wird. Seine in diesem Buch zusammengefassten Reden und Lehren sind allerdings, Fachleuten zufolge, nicht authentisch.

Heilsame Reden und Lehren

Heilsame Reden und Lehren.

Format: eBook/Taschenbuch

Heilsame Reden und Lehren

ISBN eBook: 9783849660352

ISBN Taschenbuch: 9783849668235

 

Auszug aus dem Text:

 

Einleitung

1.

 Nach der Himmelfahrt unseres Erlösers sandte der Apostel Thomas, einer von den Zwölfen, den Thaddäus, einen von den Siebenzig, nach Edessa, den Abgar zu heilen und das Evangelium nach dem Worte des Herrn zu verkündigen. So berichtet der armenische Historiker Moses von Chorene.1 Thaddäus heißt darum auch der Apostel der Armenier. Ebenso war auch der heilige Apostel Bartholomäus in Armenien thätig, wo er auch den Martertod erlitt. Aber das durch Thaddäus und Bartholomäus verbreitete Christenthum hielt sich nicht lange in Armenien. Das Götzenthum hatte wieder überhand genommen und den christlichen Glauben gänzlich verdrängt.

 Aber im Anfange des vierten Jahrhundertes n. Chr. leuchtete von Neuem das Licht des christlichen Glaubens über Armenien; denn Gott erweckte in Gregorius einen neuen Apostel der Armenier, welcher, da er diesen das Licht des Evangeliums brachte, mit Recht von ihnen Lusavoritsch, d. h. der Erleuchter, genannt wird. So erscheint Gregorius Lusavoritsch als der Apostel der Armenier, als der Erleuchter Armeniens, als der eigentliche Vater der armenischen Kirche. Darum und wegen seines heiligen Wandels, sowie wegen der Wunder, welche Gott durch ihn wirkte, wird Gregorius in der armenischen wie in der lateinischen Kirche als Heiliger verehrt. Unter dem 1. September 1837 hat Papst Gregor XVI. in einem Breve die Aufnahme des heiligen Gregor Illuminator in den römischen Kalender und die jährliche Begehung seines Festes am 1. Oktober anbefohlen. Die Armenier feiern sein Fest am 30. September.2

 

2.

Die Lebensgeschichte des heiligen Gregorius hat uns der gleichzeitige armenische Schriftsteller Agathangelus3 mitgetheilt, deßgleichen der von Gregorius als erster Abt des Klosters des heiligen Johannes des Täufers in der armenischen Provinz Taron eingesetzte Zenobius Klag und nach diesen  Moses von Chorene. Auch der heilige Johannes Chrysostomus erzählt Manches über den heiligen Gregorius in dem Encomium,4 welches er während seiner Verweisung nach Armenien vorzüglich auf Ansuchen des dem heiligen Gregor verwandten Bischofs Dioskorus in der Stadt Kokisi an seinem Festtage vor einem zahllos versammelten Volke hielt.

Der Vater des heiligen Gregorius war Anak, ein Parther, einer der vornehmsten Fürsten von königlichem Geschlechte unter Artaban, König von Persien, auch verwandt mit dem armenischen König Chosroe I. dem Großen (214-259 n. Chr.). Seine Mutter hieß Ogohe, welche ihn im Jahre 257 in der damaligen Hauptstadt Walarschapat gebar. Nach dem gewaltsamen Tode seiner heidnischen Eltern flüchtete sich seine christliche Amme mit ihm nach Caesarea in Cappadocien, wo er im Alter von zwei Jahren die heilige Taufe empfing. Als Gregorius erwachsen war, nahm er Maria, eine Tochter des armenischen Fürsten David, zur Gemahlin, welche ihm zwei Söhne gebar, den Aristaces und den Werthanes. Im Jahre 286 gelangte Tiridates (Trdat) zur Herrschaft über Armenien und nun kam Gregor in dessen Dienste. Mit dem Eintritte in diesen Dienst beginnt die Martergeschichte des heiligen Gregorius. Trdat suchte ihn zum Götzendienste zu bewegen, jedoch immer ohne Erfolg; deßhalb mußte er verschiedene Martern erdulden; zuletzt wurde er in eine tiefe, mit Schlangen erfüllte Grube geworfen, wo er, durch ein göttliches Wunder erhalten, lange verborgen blieb. Da traf es sich, daß, um den Verfolgungen des römischen Kaisers  Diokletian zu entgehen, die Nonne Ripsime und deren Gefährten nach Armenien geflüchtet kamen, dort aber auf Befehl des Trdat gemartert wurden. Zur Strafe hiefür ward Trdat, wie Agathangelus, Zenobius und der heilige Chrysostomus bezeugen, ähnlich dem Nabuchodonosor5 der menschlichen Gestalt beraubt und in jene eines wilden Schweines verwandelt. In Folge eines Traumgesichtes bewirkte Chosrowiducht, die Schwester des Königs, die Befreiung Gregor’s aus der Grube. Durch dessen Gebet wurde Trdat wieder von seiner Strafe befreit, im christlichen Glauben unterrichtet und zu demselben bekehrt. Darauf wurde Gregor zum geistlichen Hirten der armenischen Nation erwählt und nach Cäsarea geschickt, um dort von dem heiligen Bischof Leontius zum Priester und Bischof geweiht zu werden. Dieses geschah im Jahre 301 n. Chr. Von dort nahm Gregorius mehrere Geistliche mit sich nach Armenien, darunter die heiligen Mönche Anton und Gronides, sowie den Zenobius Klag. Nun begann er das Werk der Zerstörung der Götzentempel und der Erbauung von Kirchen. Trdat wurde nach vorausgegangenem Fasten am Ufer des Euphrat getauft nach dem Zeugnisse des mitanwesenden Agathangelus. Nachdem Gregor noch Schulen und Klöster errichtet hatte, zog er sich in die Einsamkeit zurück in die Höhle Mani, nachdem er seinen Sohn Aristaces zum Bischof geweiht und zu seinem Coadjutor bestimmt hatte (im Jahre 318). Noch in dem nemlichen Jahre begleitete Gregor mit Aristaces den König Trdat auf der Reise nach Rom zum Papste Silvester I. (314-335), welcher ihm die Würde eines Patriarchen über ganz Armenien ertheilte, mit allen  Vorrechten der drei anderen damaligen Patriarchen von Antiochien, Alexandrien und Jerusalem. Fünf Jahre nach seiner Rückkehr begann das erste ökumenische Concil von Nicäa im Jahre 325 gegen die Arianer, welche leugneten, daß Christus wahrhaft Gott oder mit dem Vater gleichen Wesens sei. Als Gregor, welcher zu diesem Concil den Aristaces abgesandt hatte, die Beschlüsse des Concils erhielt, nahm er dieselben feierlich an und fügte seinerseits noch einige Canones für die armenische Kirche bei, deren Aechtheit jedoch nicht festgestellt ist. Von dem Jahre 331 an zog sich Gregorius zurück und starb nach sechs Jahren (337) im Alter von achtzig Jahren in der Einsamkeit; sein Leichnam wurde erst später wunderbarer Weise aufgefunden und in der Burg Thortan begraben. Kaiser Zeno ließ seine Reliquien nach Constantinopel bringen, nur die beiden Arme blieben zurück, von denen der eine in der Hauptkirche Etschmiadsin zu Wagharschapat, der andere in der Kirche der heiligen Sophia zu Sis aufbewahrt wird, während das Haupt in Neapel und andere Reliquien in der italienischen Stadt Nardo sich befinden.

 

3.

Außer den obengenannten Canones werden dem heiligen Gregorius mehrere Gebete des armenischen Brevieres, sowie eine armenische Liturgie6 zugeschrieben. Das Hauptwerk des heiligen Gregor aber, bisher nur im armenischen Texte bekannt, ist das vorliegende, welches nun zum ersten Male in deutscher Uebersetzung erscheint. Es führt den Titel:  Hadschachapatum, d.h. (xxx). Gregorius soll dieses Buch im hohen Alter geschrieben haben. Die erste Ausgabe erschien zu Constantinopel 1737; handschriftlich befinden sich diese Reden auf der Bibliothek zu Paris in armenischer und griechischer Sprache. Neumann, welcher das vierte Jahrhundert als den Vorläufer des goldenen Zeitalters der armenischen Literatur bezeichnet, schreibt hierüber:7 „Diese Reden wären, vorausgesetzt, daß ihre Aechtheit gegen alle Einwendungen der historischen Kritik behauptet werden könnte, von großer Wichtigkeit zur Erkenntniß sowohl der Lehrsätze als der Liturgie der ältesten armenischen Kirche. Die letzte dieser Reden enthält eine Instruktion für Mönche, deren Erwähnung in so früher Zeit die Aechtheit des ganzen Werkes sehr bezweifeln läßt.“ Was nun diese Instruktion betrifft, so wäre diese an sich gerade nicht nothwendig ein Beweis für die Unächtheit des ganzen Werkes. Denn Neumann berichtet selbst,8 daß Gregor Schulen und Klöster gegründet und daß er den vormaligen Bischof Zenobius Klag zum ersten Abt des Klosters des heiligen Johannes des Täufers in der Provinz Taron eingesetzt habe.9 Aus inneren Gründen ließe sich für die Aechtheit des  Werkes anführen, daß in einer Rede (S. 243) des Fürstengeschlechtes der Arsaciden rühmend gedacht wird, welches zu des Gregorius Zeit und bis zum Jahre 428 n. Ch. die Herrschaft über Armenien hatte. Die oftmalige Bezugnahme auf das Geheimniß der allerheiligsten Dreifaltigkeit mag ein weiterer Beweis sein, da ja gerade zur Zeit Gregor’s das Concil von Nicäa nähere Bestimmung besonders über das Verhältniß des Sohnes zum Vater gegeben hat. Auch findet sich in den Reden eine Stelle, in welcher Gregorius schreibt: „Ich will euch schreiben und belehren, meine Brüder und Kinder! die ich durch das Evangelium Christi erzeugt habe“ (S. 200), Worte, welche, an die Armenier gerichtet, nur von Gregorius gesprochen sein können; denn gleichwie Paulus sich den Corinthern gegenüber, die er zum Glauben bekehrt hatte, als ihren geistigen Vater bekennt,10 so auch Gregorius, der Erleuchter der Armenier. Ferner heißt es in den Reden S. 236: „Auch Manche von den Unsrigen sind abgefallen vom Worte der Wahrheit, zu dessen Schülern wir sie gemacht haben.“

 

4.

Die Aechtheit der Reden des heiligen Gregorius also vorausgesetzt, sind sie jedenfalls sehr wichtig für die Kenntniß christkatholischer Glaubens und Sittenlehre aus sehr alter Zeit, und auch in ihnen findet sich schon Dasjenige bestätigt, was ich von den Reden eines anderen geistlichen Redners der Armenier, des Katholikos Johannes Mandakuni,11 geschrieben habe, daß nämlich der Glaube der katholischen Kirche zu allen  Zeiten und bei allen Völkern, immer und überall, derselbe bleibt, daß die jetzige Lehre der Kirche keine andere ist, als die Lehre der Kirchenväter vor vielen Jahrhunderten; denn das, was die Kirche lehrt, hat sie ja von Christus, von den Aposteln und von den Kirchenvätern durch die Schrift und die Tradition überkommen.

Der Inhalt der Reden ist theils dogmatischer, theils moralischascetischer Art. Besonders erörtert Gregorius das Geheimniß der Trinität in Uebereinstimmung mit den griechischen Kirchenvätern jener Zeit. Namentlich ausgesprochen und betont ist die Lehre vom Dasein Gottes, von dem Wesen und Sein Gottes, von den Eigenschaften desselben, von dem Verhältniß der drei göttlichen Personen nach Innen und nach Außen (Schöpfung, Erlösung, Heiligung). Gegenüber dem heidnischen Fatalism wird die Erschaffung der Welt und der Geschöpfe, sowie die Vorsehung Gottes für seine Geschöpfe durch alle Reden hindurch wiederkehrend hervorgehoben; ebenso wird die Nichtigkeit des Pantheismus gezeigt. Die Lehre von den Sakramenten findet sich deutlich ausgesprochen, besonders die Lehre von der Nothwendigkeit des Sündenbekenntnisses (Beichte) zur Erlangung der Sündenverzeihung, vom Empfange des heiligen Altarssakramentes, von der Salbung der Kranken u. s. w. Gregorius redet auch von der künftigen Auferstehung, von der Belohnung und Strafe, von der Fürbitte der Heiligen, von den Wundern durch die Reliquien der Heiligen, kurz von allen wichtigen Lehren des katholischen Glaubens.

 

5.

Den Grund jeglicher Tugend bilden Glaube, Hoffnung, Liebe. Der Glaube, gestützt auf Christus, auf die Schrift und die Tradition, in Verbindung mit den guten Werken,  bewirkt die Seligkeit, die christliche Hoffnung ist das Unterpfand und die Liebe die Krone derselben. Die Güte und Wohlthätigkeit Gottes gegen seine Geschöpfe soll diese zum Guten antreiben. Die Tugend erwirbt die Seligkeit, das Laster die Verdammniß. Das Böse in der Welt ist Ursache der Strafen Gottes; Gott hat alle Geschöpfe gut erschaffen, zum Nutzen der Menschen; aber das Böse verkehrt das Gute in Schlechtes. Die Bestimmung der körperlichen Sinne findet sich in herrlicher Auffassung dargestellt. Die Märtyrer und überhaupt die Heiligen sind durch ihren Muth ein Beispiel der Tugend. Vor Gott hat nur die wahre Weisheit einen Werth, nicht die falsche menschliche, sondern die untrügliche göttliche Wissenschaft. Wichtig für die Liturgie ist die Erwähnung des Gedächtnisses der Verstorbenen beim heiligen Opfer.

Die Uebersetzung ist nach der Mechitaristenausgabe vom Jahre 1838 geliefert. Der Text ist ganz sicher an vielen Stellen corrupt und defect; darum war es auch nicht immer möglich, das Armenische an manchen Stellen genau wörtlich wiederzugeben. In der kurzen Vorrede, welche die Mechitaristen dem Buche vorausgeschickt haben, berichten sie, daß ihre Ausgabe nach einem im Jahre 1122 geschriebenen Codex gefertigt worden ist, welcher von einem in der armenischen Stadt Sis aufbewahrten Codex aus dem Jahre 378 copirt war; auch lag ihnen ein anderes aus dem Jahre 1074 stammendes Manuscript vor. Zur Zeit, als diese Reden geschrieben wurden, hatte das Armenische noch nicht die eigenen Schriftzeichen, sondern man bediente sich der persischen, syrischen oder griechischen Buchstaben.12

 Indem ich diese Reden in’s Deutsche übertragen der Oeffentlichkeit übergebe, bin ich hiebei von dem Streben ausgegangen, die noch unbekannten Schätze der armenischen Literatur an’s Licht zu ziehen und dem deutschen Volke, Laien wie Geistlichen, zugänglich zu machen.

Kunzing, den 2. Juni 1872. Joh. Michael Schmid, Cooperator und k. Lokalschulinspektor.

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