Markus, unser kleiner römischer Freund

Markus, unser kleiner römischer Freund – Julia Darrow Cowles

Dieses Buch ist der erste Band einer neuen Reihe, die den Namen “Unser kleiner Freund” tragen wird, mit Erzählungen des Lebens von Kindern vieler heutiger und vergangener Länder. Markus, der junge Held dieses kleinen Buches, soll in den letzten Jahren der Republik gelebt haben, und alle Details basieren auf der Arbeit von Historikern. Ein roter Faden verbindet unterhaltsame Berichte über die römische Erziehung von Jungen und Mädchen, das Leben in der Stadt und auf dem Land, Feste, Hochzeiten und Wagenrennen. Historische Information und Vergnügen könnten nicht fröhlicher miteinander verwoben werden.

Markus, unser kleiner römischer Freund

Markus, unser kleiner römischer Freund.

Format: eBook/Print

Markus, unser kleiner römischer Freund

ISBN eBook: 9783849663476

ISBN Taschenbuch: 9783849664350

 

Auszug aus dem Text:

 

KAPITEL I. DER SCHULWEG

“Komm, Markus; komm, Lucius; raus aus den Federn, sonst krähen die Hähne noch, bevor ihr in der Schule seid.”

Markus drehte sich um, hüpfte ruckzuck aus seinem Bett und stand vor seiner Mutter.

“Ich wünschte, die Hähne würden nicht so früh am Morgen krähen”, gähnte Lucius verschlafen.

“Auf jetzt”, sagte seine Mutter, “ein Junge, der alt genug ist, um zur Schule zu gehen, ist auch alt genug, um früh aufzustehen.”

Auch Lucius setzte sich nun auf. Lucius bedauerte es außerordentlich, dass er nicht am selben Tag wie sein Bruder Markus geboren worden war, sondern sechs Jahre später. Markus konnte so viele schöne Dinge tun, die ihm versagt waren. Aber in diesem Jahr war er endlich in die Schule gekommen, auf die Markus ging, und darauf war er sehr stolz.

Lucius rutschte über die Kante des oben gelegenen Teiles des Etagenbettes, auf dem er geschlafen hatte, und landete mit einem dumpfen Geräusch auf seinen Füßen. Markus hatte den Schemel, der neben jedem hohen römischen Bett stand, noch nie benutzt, und auch Lucius hatte dies nicht vor, jetzt, wo er groß genug war, um zur Schule zu gehen.

Die beiden Jungen waren schnell angezogen, denn sie brauchten nur in ihre Tuniken zu schlüpfen, die wie überlange Pullover ohne Ärmel aussahen.

Kurz darauf befanden sie sich im Atrium, dem Hauptwohnzimmer des Hauses. Dort trafen sie auf Glaukon, den großen griechischen Sklaven, der sie immer auf den Straßen begleitete.

“Haltet unbedingt in der kleinen Bäckerei an und kauft euch ein paar Küchlein für euer Frühstück”, sagte Gaia, ihre Mutter, als sie sich auf den Weg machten.

Da es immer noch dunkel war, trugen die Jungen Laternen bei sich, die ihnen den Weg leuchteten.

Überall in den Straßen Roms sah man andere, hin und her und auf und ab wackelnde, kleine Lichter, die ihnen andeuteten, dass noch viele andere Jungen auf dem Weg zur Schule waren.

“He, da ist ja Tullius! “, rief Markus, als er an einer Ecke seinen liebsten Freund traf.

Hinter Tullius stand Aulus, der Sklave und Hauslehrer, der ihn immer auf den Straßen begleitete, so wie Glaukon Markus und Lucius.

Die drei Jungen gingen gemeinsam weiter, während die beiden Sklaven ihnen folgten. Als sie die Bäckerei erreichten, kauften die Schüler ein leichtes Frühstück, um es in der Schule zu verzehren.

Glaukon und Aulus waren froh, zusammen zu sein. Obwohl sie Sklaven waren, waren beide gebildete Männer, die einst zu den freien Bürgern Griechenlands gezählt hatten. Nach einer Schlacht mit den Griechen waren beide gefangengenommen und nach Rom gebracht worden. Dort hatte man sie auf dem Sklavenmarkt der Stadt verkauft.

Gaius, der Vater von Markus und Lucius, hatte eine große Summe Geld für Glaukon bezahlt, da man ihm sagte, dass der Sklave ein gebildeter Mann und von gutem Charakter war. Quintus, Tullius’ Vater, hatte Aulus aus demselben Grund erworben.

Jeder römische Junge aus gutem Hause hatte einen besonderen Sklaven, der ihn zur Schule und zu allen öffentlichen Plätzen der Stadt begleitete. Wenn er gut ausgebildet war, half ihm dieser Sklave auch beim Unterricht außerhalb der Schule. Aus diesem Grund nannte man ihn auch oft Hauslehrer.

Der Hauslehrer nahm in einem römischen Haushalt eine sehr wichtige Stellung ein. Markus und Lucius mochten Glaukon, und auch Tullius mochte Aulus.

Während die Jungen mit ihren Laternen durch die Straßen eilten, sah Markus einen großen Aushang an der Wand eines Hauses.

Er hielt seine Laterne hoch, um zu lesen, was dort geschrieben stand.

” Es ist eine Ankündigung der Wagenrennen, die im Circus Maximus stattfinden sollen”, sagte er. “Sechs Fahrer werden gegeneinander antreten, und jeder wird vier Pferde fahren. Das wird ein tolles Rennen werden.”

Auch Tullius las nun den Aushang. “Einer der Fahrer hat mehr als zweitausend Siege errungen! “, rief er aus. “Meine Güte, was für eine Menge! “

” Ich wünschte, ich könnte auch ein Wagenrennen sehen”, sagte Lucius. ” Du hast schon einige gesehen, nicht wahr, Markus?”

“Ja”, antwortete Markus, “und auch du wirst eines Tages eines sehen.”

” Wir sollten uns lieber beeilen”, rief Tullius plötzlich, ” sonst kommen wir zu spät zur Schule.”

” Und der Schulmeister könnte uns eins auf die Finger geben”, sagte Lucius.

” Aber selbst dann”, sagte Markus lachend, “wären unsere Schulmeister noch nicht so streng wie die der Schuljungen von Falerii.”

“Ist das eine Geschichte, Markus? Oh, erzähl sie uns doch”, bat Lucius, denn Markus war als berühmter Geschichtenerzähler unter den Jungen bekannt.

” Nun”, sagte Markus, als sie weitergingen, ” vor vielen, vielen Jahren gab es eine große Schlacht zwischen den Römern und den Etruskern. Die Römer hatten viele Städte der Etrusker eingenommen, aber die Stadt Falerii lag auf einem hohen Felsen mit großen Schluchten zu beiden Seiten. Camillus war der Befehlshaber der römischen Armee. Seine Soldaten hatten ihr Lager aufgeschlagen und fragten sich Tag für Tag, wie sie jemals eine Stadt erobern sollten, die an einem solchen Ort gebaut worden war. Doch eines Morgens, während die Offiziere noch planten und die Soldaten sich unterhielten, sahen sie eine merkwürdige Truppe, die sich den Abhang hinunter und direkt zur Tür von Camillus’ Zelt bewegte. Es handelte sich um eine Gruppe von Jungen, die offenbar von einem Mann angeführt wurden. Als Camillus herauskam, um sie zu begrüßen, erklärte der Mann, er sei Schulmeister in Falerii und die Jungen seien seine Schüler.

“Sie sind die Söhne der vornehmsten Männer der Stadt”, sagte er, “und ich bin gekommen, um sie in eure Hände auszuliefern. Denn ihr könnt sicher sein”, fügte er hinzu, “dass ihre Väter ihre Stadt euch eher übergeben werden, als dass sie euch ihre Söhne als Sklaven wegführen lassen, wenn sie erfahren, was aus ihnen geworden ist. “

“Oh, was für ein schrecklicher Schulmeister!”, rief Lucius aus.

“Ja”, sagte Markus, “er dachte, dass er für seine Tat eine große Belohnung bekommen würde. Aber Camillus war ein echter römischer Feldherr, und er hätte sich niemals zu so etwas herabgelassen.”

“Hier”, rief er und wandte sich an einen seiner Soldaten, der in der Nähe stand, “binde diesem Verräter die Hände auf den Rücken und gib jedem Jungen eine Rute.” Dann wandte er sich an die verängstigten Jungen und sagte: “Nehmt die Ruten, treibt ihn zurück in eure Stadt, und sagt euren Vätern, dass keine Jungen als Waffen einsetze. Wenn ich nicht durch Mut und Tapferkeit gewinnen kann, will ich lieber überhaupt nicht gewinnen.”

” Die Jungen taten, wie Camillus sie geheißen hatte, und als die Männer von Falerii seine Botschaft hörten, sagten sie: ‘Einem so gerechten Mann werden wir uns ergeben.’ Und so wurden sie Roms Untertanen.”

” Das ist eine schöne Geschichte, Markus”, sagte Tullius. “Ich wünschte, ich hätte ein so gutes Gedächtnis wie du. Aber sieh mal, wir sind in der Schule angekommen, und das gerade noch rechtzeitig.”

Dieser Beitrag wurde unter Kinderbücher veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.